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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Rivalen kalt. »Ich weiß sehr wohl, daß du das nicht könntest«, erwiderte er. »Eine Seherin hat mir gesagt, du wirst Grund haben, deine Werbung zu bereuen, wenn du darauf bestehst«, zischte Lingwe. »Wie ich höre, gibst du etwas auf solche Prophezeiungen. Wenn es so ist, dann folge ihrem Rat und verlasse diesen Ort, bevor Herwodis dich durch ihre Wahl beschämt oder dir den Tod bringt.« Er zwirbelte ein Ende seines Schnurrbarts wie einen Ring aus hellem Gold. »Ich vertraue mehr auf mein Schwert und meine Kraft als auf Seherinnen und derartige Leute«, erwiderte Sigmund wegwerfend. »Ich weiß aus Erfahrung, wie irreführend solche Prophezeiungen sein können, selbst wenn sie die Wahrheit sprechen. Glaubst du wirklich, daß ich mich vor abergläubischem Gerede fürchte oder vor deinem Schwert? Räche zuerst deinen Vater, Sohn des Hunding, dann kannst du vielleicht daran denken, gegen Stärkere zu kämpfen.« Lingwe kniff die Augen zusammen. Seine Hand ließ den Schnurrbart los und fuhr über den Bernstein an seinem Schwertgriff. »Wenn wir uns nicht verpflichtet hätten, Frieden zu halten, würde ich erwidern, daß deine Taten schmachvoller sind als der Tod meines Vaters. Hast du Herwodis erzählt, wie du mit deiner Schwester einen Sohn gezeugt und im Wald Menschen gefressen hast?«
    »Ich denke, du hast ihr nicht nur das, sondern noch mehr berichtet«, erwiderte Sigmund.
    »Und wenn wir nicht zum Frieden verpflichtet wären, würde ich sagen, es sind die Waffen einer Frau, einen Gegner mit Gerüchten statt mit Taten zu bekämpfen. Ich würde sogar sagen, daß ich keinen Becher leeren möchte, den du mir gefüllt hast, denn ein weibischer Feigling braut das Bier wahrscheinlich mit Gift und Galle.«
    Lingwe griff nach seinem Schwert und sprang auf. Sigmund packte sein Armgelenk und zwang ihn, sich wieder zu setzen. Er lächelte breit: »Aber wir haben uns zu Frieden verpflichtet, und es wäre nicht angemessen, daß wir uns in der Halle unseres Gastgebers beschimpfen oder bekämpfen. Ich werde dieses Gespräch gern zu Ende führen, wenn die Angelegenheit, die uns hierher führt, erledigt ist.«
    »Ich werde darauf warten«, erwiderte Lingwe. »Mögen die Götter mich davor bewahren, mit dir jemals wieder an einem Tisch zu sitzen!« Sigmund löste seinen Griff, damit Lingwe aufstehen und weggehen konnte. Dann mußte er leise lachen. Sigmund wußte, er war etwas zu weit gegangen, aber warum auch nicht? Der Sohn Hundings war so oder so sein Feind. Jetzt wußten sie beide, woran sie waren. Er hatte zwar wenig von dem fränkischen Wein getrunken, aber auch er spürte die Wirkung. Als er sich erhob, war er benommen und lachte noch immer. Dann sah er sich nach jemandem um, der ihm zeigte, wo er die Nacht schlafen sollte.

    *

    Sigmund erwachte früh am Morgen. Er blieb noch eine Weile in dem weichen Bett liegen und träumte vor sich hin. Als er aufstand, spürte er den eisigen Steinboden unter seinen Fußsohlen. Sigmund reckte sich und preßte die Handflächen gegen die Decke. Dunstiges graues Licht fiel durch ein Fensterglas voller Blasen und Rillen. Sigmund fand es schön, obwohl er sich fragte, wie eine solche dünne Scheibe dem Sturm und Hagel der Nordsee standhalten sollte. Aber wenn wir eine Halle hier im Süden bauen, dachte er, können mir die römischen Handwerker auch so ein Fenster machen... Die Tür ging auf, und Sigmund drehte sich sittsam um, als Hilde den Raum betrat. Sie brachte einen großen Tontopf mit dampfendem Wasser. Als sie den nackten Sigmund sah, stieß sie einen schrillen Schrei aus, sprang rückwärts und verschüttete dabei das heiße Wasser auf dem Boden. Sigmund legte sich wieder unter die Laken. »Schon gut«, rief er, »du kannst wieder hereinkommen.«
    Kichernd und mit hochrotem Kopf stellte Hilde den Topf neben sein Bett. Sie entfaltete die Handtücher, die sie über dem Arm hatte, legte sie auf das Bett und darauf einen schönen Hornkamm mit eingelegtem Silber im Griff. Dann sah sie ihn erwartungsvoll an. Sigmund lächelte nur und wartete darauf, daß sie die Kammer verließ. »Soll ich dir etwas zu essen bringen? Ich richte dir auch etwas in der Halle, aber dort schlafen überall Männer, und sie schnarchen wie Schweine, die sich im Dreck suhlen ... wirklich.«
    »Schon gut«, erwiderte Sigmund, »sind Herwodis oder König Awilimo schon aufgestanden... oder Lingwe?«
    »Der König und seine Tochter sind bereits auf. Herwodis steht meist sehr früh auf. Sie hat immer etwas zu tun.

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