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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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neben Sigmund Platz. Sigmund stellte im Laufe des Mahls belustigt fest, daß der fränkische König ihm fast dieselben Fragen stellte wie seine Tochter am Nachmittag. Auch in seiner Art glich er Herwodis. Er beugte sich vor, um Sigmund im allgemeinen Lärm besser verstehen zu können, und musterte seinen Gast mit scharfen Augen, aber das breite Gesicht blieb so unbeweglich wie die Steine seiner Halle. Sigmund machte keinen Hehl aus seiner Bereitschaft, sich in einem Land im Süden anzusiedeln. »Die Nordsee überflutet uns«, sagte er und biß das letzte Fleisch von einem Hirschknochen, »und mir scheint, daß ein Menschenstrom auf der Flucht vor dem Wasser nach Süden ziehen wird. Es wäre bestimmt nicht das schlechteste für dich, den Stärksten als Sohn und Verbündeten an deiner Nord grenze zu haben.«
    »Und ich denke, du erwartest soviel Hilfe wie möglich, um dein Volk nach Süden zu bringen«, erwiderte Awilimo und lächelte trocken. Die Knechte trugen die Tische hinaus. Sigmund hatte gehört, das sei bei den Franken nach einem Festmahl Sitte. »Aber sag, weshalb hast du Borghild verstoßen? Ich habe von vielen Leuten vieles darüber gehört.«
    »Mein Sohn Sinfjotli ging auf Brautschau. Er sagte uns nicht, wohin er zog und um wen er werben wollte. Schließlich kehrte er mit Sigrid, der Tochter Frodriks, zurück. Er hatte Borghilds Bruder im Kampf getötet, der auch um Sigrid warb. Borghild war untröstlich. Ich habe ihr eine Totenfeier erlaubt und auch ein Wergeld bezahlt, obwohl mein Sohn ihren Bruder im Kampf ehrlich besiegt hatte. Sie reichte Sinfjotli ein Trinkhorn mit Gift, und er starb daran. Ich habe Borghild in allen Ehren nach Hause geschickt, mit zwei Schiffen und dem vollen Preis, der bei unserer Hochzeit vereinbart worden war. Ich konnte es nicht ertragen, sie noch länger bei mir zu haben.« Awilimo nickte. »Du warst großzügiger, als die meisten anderen es gewesen wären«, erklärte er. »Ja, du bist unter deinen Freunden für deine Großzügigkeit und deine Gerechtigkeit bekannt.«
    »Ich kann es mir leisten«, erwiderte Sigmund schlicht. »Ich habe genug, um leichten Herzens zu geben. Und ich muß meine Schätze nicht hüten, denn wenn ich heute alles verschenke, kann ich morgen ebensoviel und mehr gewinnen. Ich glaube, du kennst die Geschichte, wie ich Wals' Königreich zurückerobert habe. Ich muß dich also damit nicht langweilen.«
    »Ja, ich kenne sie«, erwiderte Awilimo. Er zog die Augenbrauen zusammen. »Es gibt über meine Vorfahren eine bemerkenswerte Geschichte. Sie geht auf meine Urgroßmutter Lingheid und ihre Brüder Fafnir und Regin zurück. Es ist eine ungewöhnliche Geschichte, und ich glaube, gerade du solltest sie hören, denn du hast schon viel Ungewöhnliches erlebt.« Awilimo richtete sich auf und ließ seine Stimme über den Lärm in der Halle ertönen. »He! Arnhelm! Wo ist mein Skop? Ruhe jetzt und hört ihm zu!«
    Ein rundlicher Mann mit rötlichem Haar erhob sich von einer der Bänke. Er wischte sich die fettigen Finger an der blauen Tunika ab, griff nach einer kleinen dreieckigen Harfe, die neben ihm lag, und trat vor die Estrade mit der Tafel der Ehrengäste. »Was möchtest du hören, mein König?« fragte Arnhelm. »Lieder über deine edlen Gäste? Es gibt viele, die ich kenne.«
    »Singe ihnen die Geschichte vom Rheingold«, befahl Awilimo. Der Skop fuhr sich über den kurzen Bart und dachte nach. Dann schlug er einen Akkord auf seiner Harfe und begann mit lauter, hoher Stimme zu singen:
    Wotan und Hörnir / erschienen mit Loki
    in Midgard und / wanderten als Menschen am Rhein
    Da sahen sie einen Otter / er fraß mit großem Behagen
    am Ufer einen köstlichen Fisch ...
    Sigmund trank nachdenklich seinen Wein und hörte aufmerksam zu. Der Skop erzählte, wie das Wergeld für den Otter mit dem verwunschenen Gold bezahlt wurde, wie Fafnir und Regin ihren Vater töteten, und wie Fafnir das Gold stahl.
    ... gierig auf das Gold wurde er zum Drachen die Tarnkappe setzte er auf den Kopf
    aber Regin floh / kroch in den Felsen
    blieb bei den Zwergen / bei Durins Geschlecht.
    »Man sagt, Fafnir wacht noch immer über den Schatz. Er lebt in einer Höhle über der Gnita-Heide in einem Berg, der jetzt Drachenfels heißt«, erzählte Awilimo, als das Lied zu Ende war. Der Skop hatte eine blitzende römische Münze erhalten und war zu seiner Bank zurückgekehrt. »Lingheid heiratete den Krieger Ebur, und sie behielten Hraithmars Land. Zu Lebzeiten des Sohnes ihrer Tochter,

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