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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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alter Mann, denn es ist gut, daß du mich gerufen hast. Dieser Junge wird dein Wissen niemals lernen. Wo ist der, der an deiner Seite sitzen sollte, um nach dir Sinwist zu sein? Ich glaube, du hast die Hoffnung für die Burgunder bereits begraben. Habe ich recht?«
    »Ich kenne dich, listiger Loki. Ich habe deinen Spott schon oft gehört«, erwiderte der Sinwist, und seine Stimme klang ruhig und tief wie das stille Wasser eines Teichs. »Nie hörst du auf, das zu verbrennen, was du nur wärmen sollst, oder Schaden anzurichten, wo deine Hilfe gebraucht würde. Trotzdem ist es gut, daß ich dich gerufen habe, und daß du gekommen bist. Du weißt, was ich ebensosehr möchte wie alle Geister. Also sprich und sage mir, was diese
    Verlobung bedeutet. Was sagen die Götter und Geister zur Verlobung von Sigfrid und Gudrun?«
    Die Flammen züngelten wie glühende Schlangen. Sigfrid roch die verkohlenden Vogelknochen. Aber die Stimme im Feuer schwieg so lange, daß er befürchtete, sie nie mehr zu hören. »Vieles muß noch Gestalt annehmen«, zischte der feurige Fuchs schließlich. »Das Schicksal ist noch nicht bekannt, denn der Held wird es vielleicht im Augenblick seiner Macht wieder ändern, das will die Pertho Rune dir sagen, die hier gefallen ist mit Nauthiz daneben, die das Notfeuer zündet. Ich kann dir nur sagen, was vielleicht geschehen mag, wenn dein Wirken zum Ziel führt. Binde Sigfrid an Gebikas Sippe, denn nur dann kommt das Rheingold nach Worms, und nur so können die Burgunder Einfluß auf den Schatz des Drachen gewinnen. Die Bande, die du heute schmiedest, können nur schwer wieder gelöst werden. Betreibe die Hochzeit und setze all deine Kraft ein, daß sie zustande kommt. Das ist mein Rat für dich. Höre mir gut zu! Wenn du die Hochzeit ablehnst und die Verlobung verbietest, dann werden die Burgunder ihre Macht verlieren und als Volk bald vergessen sein. Auf der Mittelerde wird kein Ort ihren Name tragen, denn dann werden die Gebikungen untergehen.«
    »Welches Zeichen gibst du mir, listiger Loki, damit ich dir trauen kann? Du hast keinen guten Ruf, wenn es um die Wahrheit geht.«
    »Der graue Wolf, den ich gezeugt habe, hebt mit gefletschten Zähnen den Kopf zu den Göttern. Aber seine Fesseln, die ihn binden, reißen nicht. Solange die Welten stehen, werden sie sich nicht lockern. Die Schlange, die ich gezeugt habe, liegt im Meer und windet sich um die Mittelerde. Thors Hammer hat ihr den Kopf verletzt, und das Wasser fließt immer noch schwarz um das giftige Blut der Wunde. Die Midgardschlange wird leben, solange die Welten bestehen. Beim Fenriswolf und der Midgardschlange schwöre ich, daß ich dir einen guten Rat gegeben habe. Auf einen besseren kannst du nicht hoffen. Wenn du mir nicht traust, dann traue den Fesseln, die den Wolf binden, traue dem Hammer, der die Schlange getroffen hat. Ich schwöre bei den Fesseln und dem Hammer, daß ich dir einen guten Rat gegeben habe. Auf einen besseren kannst du nicht hoffen. Für Gudrun wirst du keinen anderen Ehemann finden. Wenn Sigfrid sie geheiratet hat, wird er dafür sorgen, daß Gunter die edelste aller Frowen der nordischen Völker gewinnt.«
    Der Sinwist schwieg. Die Flammen erloschen, und zurück blieben nur die verkohlten Überreste des Vogels. Doch die Stimme aus dem Feuer sprach noch einmal. »Du weißt, daß Wotan seit Urzeiten mein Blutsbruder ist. Warum also sollte ich mich seinem Willen widersetzen?« Die Worte erstarben mit den letzten Flammen. Gleichzeitig empfand Sigfrid eine große Erleichterung, als habe er eine schwere Last abgesetzt. Der Rauch reizte nicht länger seine Kehle. Der Schweiß im Gesicht und auf seinem Rücken war angenehm warm wie ein sanfter Sommerregen. Was dort im Feuer auch gewesen sein mochte, es war verschwunden. Der alte und der junge Mann befanden sich wieder allein im Zelt.
    Ein heftiger Windstoß riß die Zeltklappe auf. Die Felle erzitterten unter dem Luftstoß, der den Rauch vertrieb. Der Wind fuhr kalt über Sigfrids schweißnassen Körper. Als er tief Luft holte, schmerzte die Lunge. Vorsichtig bewegte er die Schultern, gähnte, als sei er aus tiefem Schlaf erwacht und kroch hinaus. Dort richtete er sich auf, schüttelte Blätter und Erde aus dem Umhang und legte ihn über den nassen Rücken. Sigfrid sah die bleiche Hand des Sinwist nach der Zeltklappe greifen. Er verschloß stumm das Zelt.
    Nach dem Festmahl wurden die Tische aus der Halle getragen und die Bänke enger zusammengeschoben. Damit begann der

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