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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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dann Regins ärgerlicher Baß. Sigfrid schüttelte den Kopf. »Vielleicht später«, sagte er lachend.
    Nach dem Mittagsessen stieg Sigfrid auf den Wagen, nahm die Zügel in die Hand und trieb die beiden Rotbraunen in eine schnellere Gangart. Der Schnee wurde tiefer, als die Gruppe langsam dem gewundenen Weg durch die Tannen nach oben folgte. Sigfrid hörte die hellen Rufe kleiner Vögel im Unterholz. Der Wind wurde stärker und schneidender. Es würde bestimmt bald schneien. Mit einem Blick auf die grauen Wolken sagte er spöttisch zu Regin, der in einen dicken Wolfspelz gehüllt hinter ihm saß: »Ich dachte, es wird nicht vor Einbruch der Dunkelheit anfangen zu stürmen...«
    Der Zwerg hustete und spuckte zielsicher zwischen die beiden Pferde. »Es wird nicht vor Einbruch der Nacht schneien!« krächzte er. »Wir werden Chilpirichs Halle erreichen, noch ehe es dunkel ist. Hast du Angst, heute nacht im Wald zu sein?« Als Sigfrid schwieg, sagte er spöttisch: »Aha, du fürchtest dich vor der Wilden Jagd und vor den Toten, die durch die Welten reiten.«
    Sigfrid lachte. »Warum sollte ich Angst haben? Ich würde die Wilde Jagd gern einmal sehen.«
    »Wünsche dir das nicht!« rief Hilde. Frida, die ältere Magd, zog den dicken roten Wollumhang enger um die Schultern und sagte zitternd: »Hört auf damit, ihr macht mir Angst.«
    »Es bringt Unglück, am Jultag von solchen Dingen zu reden«, flüsterte Mathilde, die jüngere Magd. »Nicht für Gold und gute Worte würde ich heute nacht die Halle verlassen. Sind wir nicht bald da?« Sigfrid sah sie erstaunt an. »Wovor fürchtet ihr euch denn, ihr Angsthasen? Es ist noch nicht einmal dunkel...«
    Hilde, Frida und Mathilde rückten enger zusammen. »Wer würde es wagen, heute nacht allein im Wald zu sein?« fragte Hilde. Und Regin murmelte: »Man sagt, wer die Wilde Jagd sieht, verliert den Verstand oder muß auf alle Zeiten mit den Toten reiten, für die es keine Rast und keine Hoffnung auf Wiedergeburt gibt. Sie jagen in ihrem endlosen Kampf durch die Welten, bis Muspilli gekommen ist und mit ihm der Untergang der Götter. Macht dir das keine Angst, Sigfrid?«
    »Nein, warum? In Walhall geht es ja auch nicht gerade friedlich zu, und alle, die dort kämpfen, können es mit jedem Geist aufnehmen«, erwiderte Sigfrid.
    Sigfrid glaubte zu sehen, daß der Zwerg den Mund verzog, aber er war nicht sicher, ob Regin lächelte. Das Wolfsfell verhüllte den größten Teil seines Gesichts.

    *

    Als Alprecht mit seinem Gefolge Chilpirichs Halle erreichte, wurde es gerade dunkel. Der Schein des Feuers in der Halle fiel nach draußen, als der alte König durch das Tor schritt und die Gäste begrüßte. Er umarmte seinen Sohn und Herwodis, ehe er zu Sigfrid trat. Chilpirichs Haare und Bart waren inzwischen weiß; er bewegte sich langsamer als früher, aber er umfaßte den Arm des jungen Mannes immer noch mit festem Griff. Dann trat er zurück und musterte ihn. »Ich glaube, der Junge wird meine Erwartungen erfüllen«, sagte er leise zu Alprecht. Die Frauen stiegen schnell vom Wagen und verschwanden in der warmen Halle, während Alprecht mit seinen Männern die Geschenke entlud.
    »He, Sigfrid!« rief Hildkar, der sich über eine lange Holzkiste bückte. Sigfrid wußte, daß sich darin kostbare Gläser befanden, »die Kiste ist für einen allein zu schwer.«
    »Für dich vielleicht«, erwiderte Sigfrid und lud sie sich auf die Schulter.
    »Wenn du sie fallen läßt, kannst du dich begraben lassen«, sagte Hildkar und folgte Sigfrid in die Halle. »Deine Mutter wird dir nie verzeihen, wenn etwas zerbricht.«
    Sigfrid stellte die Kiste behutsam auf einen Tisch und lachte. »Jeder muß sich irgendwann begraben lassen. Aber noch ist es bei mir nicht soweit. Und außerdem, wenn ich mich nicht auf meine Kraft verlassen kann, worauf soll ich mich dann verlassen?« Er hob den Kopf und
    sog den Duft des gebratenen Fleischs ein, der durch die Halle zog.
    »Du kannst dich auch darauf verlassen, daß Glas zerbricht, wenn du es fallen läßt«, erwiderte Hildkar, »du kannst dich darauf verlassen, daß du nichts zu essen bekommst, wenn du mir nicht hilfst, die Pferde zu versorgen, und, mein lieber Sigfrid, du kannst dich darauf verlassen, daß es hier draußen kälter und kälter wird. Also los! Je schneller wir es hinter uns haben, desto schneller können wir zurück in die Wärme.«
    Die beiden gingen hinaus und halfen, die Pferde in die Ställe zu führen. Trotz der Kälte verbreiteten die

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