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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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mit Gebikas Geschenken diese Ehe segnen, damit unsere Völker gemeinsam bei allen Kämpfen den Sieg erringen. So soll es sein!«
    »So soll es sein!« riefen alle in der Halle. Das Funkeln der Gläser blendete Sigfrid, als die Männer um ihn herum tranken. Er drückte fest Gudruns kleine Hand, schien ihr aber weh zu tun, denn er sah, wie sie die Lippen zusammenpreßte und ihn vorwurfsvoll ansah. Schuldbewußt lockerte er seinen Griff.
    Krimhild reichte ihrer Tochter einen Krug, und Gudrun füllte das Glas ihres Verlobten. Alle Augen richteten sich erwartungsvoll auf Sigfrid. Er legte Gudrun den Arm um die Schulter und zog sie näher an sich. »Trinkt auf meine Verlobte, auf Gudrun, Gebikas Tochter!« rief er. »Und ich verspreche, mich vor unserer Hochzeit mit großen Taten der edelsten aller Jungfrauen würdig zu erweisen!« Unter den zustimmenden Rufen der Burgunder und Franken leerte er das Glas. Der Lärm stieg ihm wie schwerer Wein in den Kopf. Aber trotz seines Hochgefühls empfand Sigfrid eine gewisse Beklemmung, denn er dachte an die seltsamen Worte, die er im Zelt des Sinwist gehört und nicht richtig verstanden hatte. Er sah, daß seine Mutter ihn mit leichter Wehmut beobachtete. Krimhilds Lächeln war so kalt und höflich wie immer. Gudrun sah Sigfrid an, und in ihrem Blick lag plötzlich etwas Zartes und Verletzliches. Sigfrid umarmte sie sanft und ging von einer seltsamen Unruhe erfaßt zu seinem Platz zurück. Die Männer in der Halle, Alemannen und Burgunder, tranken gemeinsam. Sie feierten das Fest des Friedens und hofften auf den Zuspruch der Götter.

3
DAS PFERD
    Ein paar vereinzelte Schneeflocken fielen am frühen Morgen des Julfestes weiß vom schwarzen Himmel und verdampften zischend über der Fackel in Sigfrids Hand, während seine Mutter ihre dunkle Stute bestieg. Harifax hob wiehernd den Kopf, scharrte ungeduldig mit den Hufen im dünnen Schnee und trabte munter von der Koppel. Sie reagierte gehorsam auf den Schenkeldruck ihrer Reiterin und jeden leichten Zug der Zügel. Auch die schwere Herwodis war für die große Stute keine Last. Sie schüttelte die goldrote Mähne und schien sich auf den Ausritt zu freuen. Alprechts hellbrauner Hengst wirkte neben Harifax so fahl wie ein Gespenst, als der König aus der Dunkelheit auftauchte. Er hielt vor Sigfrid an, der die Fackel vorsichtig seitwärts hielt und hinter ihm aufsprang. Schneeflocken glitzerten auf Alprechts dunkelbraunem Umhang aus Bärenfell. »Regin sagt, vor Einbruch der Nacht wird sich das Wetter nicht verschlechtern!« rief Alprecht seiner Frau zu. Seine Stimme drang laut und klar durch die frostklare Luft, »also werden wir die Halle meines Vaters ohne Schwierigkeiten erreichen.«
    »Gut«, erwiderte Herwodis, »soweit ich weiß, irrt sich Regin nie, wenn es um das Wetter geht. Kommt er mit?«
    »Er sitzt im Wagen.«
    Sigfrid sah, wie sich Alprechts Gefolge mit Fackeln in den Händen um den großen dunklen Wagen versammelte. Herwodis und Alprecht ritten im Trab der kleinen Schar entgegen, die auserwählt war, sie zu begleiten. Sie überzeugten sich persönlich davon, daß alles so vorbereitet war, wie es sein sollte. Die Geschenke für Chilpirich und Perchte hatte man sorgfältig in dem Wagen verstaut, auf dem Regin, Hilde und zwei Mägde saßen. Dann setzten sie sich an die Spitze des Zugs, und Sigfrids Fackel leuchtete der kleinen Gruppe. Der Rhein floß schnell dahin. Im schäumenden Wasser trieben Äste und hin und wieder kleine Eisschollen. Als die Umrisse ihrer Fähre im grauen Morgenlicht auftauchten, hörte Sigfrid hinter sich das Seufzen der Männer. Sie würden alle mithelfen müssen, den Wagen und ihre Pferde sicher ans andere Ufer zu bringen, wo Chilpirichs Land lag. Sigfrid ging mit den anderen an die Ruder und wartete, bis Alprecht den Befehl zum Ablegen gab. Unter dem ängstlichen Stampfen und Wiehern der Pferde glitt der Kahn mit der schweren Last langsam über den Strom, bis er am anderen Ufer gegen den flachen Felsen stieß.
    »Wenn du möchtest, kannst du dich zu Regin auf den Wagen setzen«, sagte Alprecht zu seinem Sohn, als der Trupp das Schiff verließ und die Männer wieder aufsaßen. »Es ist ihm sicher lieber, du bist bei ihm. Dann kannst du ihm beim Kutschieren helfen.« Sigfrid hob den Kopf und atmete tief die kalte klare Morgenluft ein. Hoch oben am Himmel rissen die Wolken auf. Im Osten färbte sich das helle Blau mit den goldrosa Streifen des frühen Morgens. Aus dem Wagen drangen Hildes Kichern und

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