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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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undurchdringlicher Dunkelheit umgeben. Gripir schien in seiner Nähe zu sein, denn er hörte ihn deutlich mit tiefer Grabesstimme singen:
    Sigfrids Ruhm soll / ungetrübt sein
    Denn du sollst sehen / du sollst hören 
    Du wirst verehrt / von allen Völkern
    Ein Held sollst du / für die Menschen sein.
    Sigfrid, der Wälsunge, soll / alles erfahren 
    Du hast dich zu / uns den Toten gewagt
    Höre denn dein Schicksal / ich werde nicht lügen
    der Tag deines Todes / er ist bestimmt.
    Als Gripir verstummte, wurde es wieder hell. Gripir hob den Stab und deutete nach oben. Sigfrid glaubte über sich riesige, gedrehte Säulen zu sehen, aber dann wurde ihm bewußt, daß sie sich unter den Wurzeln eines Baums befanden, der größer sein mußte als alles, was man sich vorstellen konnte. Um die Wurzeln wanden sich Schlangen, die an den Wurzeln fraßen. Grünschwarzes Gift tropfte ihnen aus dem Mäulern. Als Sigfrid erschrocken Luft holte, meinte er, Wasser zu atmen. Er blickte zu Gripir, der nickte, die Arme hob, und da sah Sigfrid, daß sie auf dem Boden eines großen, kalten Brunnens standen. Nur Granis Wärme gab ihm die Gewißheit, daß er noch lebte.
    Wasser umfloß Gripirs Stab und schlug Wellen, in denen sich die Strahlen der untergehenden Sonne brachen. Ein Schatten schob sich vor das Licht: ein hoher Felsen, auf dem zwei Gestalten standen. Das eine war eine Frau, die einen Kettenpanzer über ihrem weißen Gewand trug. Lange blonde Haare quollen unter ihrem Helm hervor. Sie hielt einen zerbrochenen Schild in der Hand. Sigfrid verschlug es den Atem, als das Gesicht deutlicher und immer deutlicher wurde. In den himmelblauen Augen der Frau schimmerten Tränen wie Kristalle. Er streckte sehnsüchtig die Hände nach ihr aus, aber er konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Neben der Frau stand ein großer alter Mann in einem dunkelblauen Umhang. Ein breitkrempiger Hut verdeckte ein Auge. Die Sonnenstrahlen brachen sich rot auf der Speerspitze, als er den Speer hob und auf die Frau richtete. Die Runen auf dem dunklen Stab leuchteten rot, als die Speerspitze an den Kettenpanzer stieß. Der Mann fing die Frau auf, als sie fiel. Er legte sie auf den Felsen und deckte den geborstenen Schild über sie. Dann richtete er sich zu seiner ganzen Größe auf und hob den Speer hoch über den Kopf. Die Sonnenstrahlen schienen Feuer zu fangen, als er sich langsam drehte, und bald lag um den Gipfel des Felsens ein hoher, lodernder Feuerring.
    Sigfrid blickte wie gebannt auf die Vision. Erschrecken, aber auch Hoffnung erfüllten ihn, als Gripirs Stimme wieder ertönte:
    Hoch auf dem Felsen / schläft das Königskind 
    Schutz ist der Schild / Schutz das Kettenhemd
    Wotans Fluch gilt / für alle Wälsungen.
    Du wirst mit deinem Schwert / den Schlaf beenden.
    Doch erst muß Fafnir / der Drache bezwungen sein.
    Runen werden helfen / guter Rat wird dir zuteil
    Zauberkraft wirkt wie / das Wissen der Könige 
    Wenn dein Herz sich bewährt / frei von Tadel ist.
    »Was muß ich tun, um die Frowe aus dem Schlaf zu erwecken?« fragte Sigfrid.
    Gripir gab keine Antwort. Er hob den Stab, und es wurde wieder Nacht. Sigfrid streckte die Hände aus und stieß gegen Stein. Rotes Licht fiel durch die Öffnung einer Höhle. Er sprang vom Pferd und ging langsam auf die Öffnung zu. Ein langer Gang führte in die Tiefe. Am Ende des Gangs sah Sigfrid rote Flammen über glitzerndem Gold - das Gold erleuchtete mit seinem Glanz das dunkle Gestein. Aber das Gold schien sich zu bewegen, schien geschmolzen zu sein und lag wie eine riesige Schlange auf unschätzbaren Reichtümern, Schätzen, wie man sie Toten in die Gräber stellt -, Truhen mit Trinkgefäßen und Waffen, Speisen auf kostbaren Platten, goldene Pferde und Knechte als Begleiter für den Gestorbenen auf seiner letzten Reise. Sigfrid sah plötzlich den Drachen: Er war wie flüssiges Gold und glühte im feurigen, giftigen Dampf des Metalls.
    Das Ungeheuer lag über dem Skelett eines großen Kriegers. Auf dem Totenkopf lag ein goldener Helm. Zwischen den leeren Augenhöhlen funkelte das Gold so hell, daß Sigfrid sich geblendet abwenden mußte. Plötzlich stand Gripir wieder neben ihm.
    Was gegeben wird / muß den Toten bleiben 
    Auch die Zwerge / dürfen nicht Diebe sein, 
    Gold muß unter / den Menschen ein Geschenk für
    Die Bande der Sippe sein / wehe wer sie bricht!
    Dem Untergang geweiht / ist der Wächter
     Noch schrecklicher / wütet der goldene Ring 
    Sigfrid wird treffen / der Speer des

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