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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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segeln. Das Schiff bäumte sich, und der Mast knarrte beängstigend. Perchtwin hockte zusammengekauert unter einer Bank. Klodmars Sommersprossen wirkten grünlich, und selbst Hildkar preßte beim Anblick der hohen Wellen die Hand auf den Mund. Ludowig, Agilo, Notker und Hermann schienen keine Schwierigkeiten zu haben; sie rutschten und glitten über die Planken und lachten über ihre seekranken Kameraden. Ansbrand, Otho und Gernot, die Älteren, standen am Segel, um es jederzeit auf Sigfrids Kommando einzuholen. »Was macht dein Frühstück, Sigfrid?« fragte Harprecht lachend. »Um die Männer mußt du dir keine Sorgen machen. Alle, die sich nicht an den Seegang gewöhnen, werden doppelt so mutig kämpfen, wenn wir gelandet sind, denn sie wollen eher sterben, als auf dem Schiff zu bleiben. Sie . . .!« Eine plötzliche Bö fuhr in das Segel, riß das Schiff herum, bevor Sigfrid gegensteuern konnte, und trieb es in ein Wellental. Das eisige Wasser schwappte über die Bordwand und drückte das Schiff durch sein Gewicht gefährlich nach unten. Sigfrid richtete mit Mühe das Ruder gerade, während Notker und Hildgar ihren Freunden auf die Beine halfen und die anderen hastig nach den Eimern griffen.
    Das Flaggschiff war abgetrieben, während die anderen sich immer noch bemühten, den Kurs quer zum Wind zu halten. Sigfrid zögerte kurz, ehe er seine Entscheidung traf. »Mir nach!« rief er, »wir müssen zusammenbleiben!« Er signalisierte den anderen Kapitänen die Kursänderung. Zuerst glaubte er, sie hätten ihn nicht bemerkt, aber dann drehte eines der Schiffe nach dem anderen bei, und der Wind trieb auch sie aufs offene Meer hinaus.

    *

    Dunkle Wolken jagten über den Himmel. Sie brodelten und wirbelten wie Dampf über dem Kochkessel einer Riesin. Sigfrids Schiff stürzte in ein Wellental, eine riesige Wasserwand ragte einen Augenblick drohend auf, ehe der Bug in der Gischt emporgehoben wurde und sofort wieder in das dunkle Wasser tauchte. Der Sturm zerrte am Segel; starke Böen kamen von allen Seiten. Dann brachte ein heulender Windstoß einen Hagelschauer, blies von rückwärts in das Segel und trieb das Schiff geradewegs durch die Wogen. Hildkar wurde bleich. Er biß die Zähne zusammen und schöpfte Wasser, ohne noch einmal den Kopf zu heben.
    Sigfrid umklammerte das Ruder und starrte geradeaus. Die Wellen schienen sich über seinem Kopf zu teilen. Aber er lachte, auch wenn ihm das Salzwasser ins Gesicht schlug. Das Schiff segelte vor dem Sturm. Die See wogte und tobte unter den immer tiefer dahinjagenden schwarzen Gewitterwolken; Sigfrid glaubte manchmal, im Tosen des Wassers spöttisches Gelächter zu hören. Ja, es waren riesige Frauen, die die Schaumköpfe hoben und mit großen Wasserklauen nach den Schiffen griffen, um sie in Rans kalte Halle hinunterzuziehen. Nein, er träumte die tiefroten Streifen im schäumenden grünlichen Schwarz nicht, denn die wirren Haare von Rans Töchtern färbte kaltes Blut. Sigfrid hörte sie heulen, als sie mit seinen Schiffen ihr grausames Spiel trieben. Ihr höhnisches Lachen klang wie die Schreie von Möwen. Der Sturm zerrte an Sigfrids Banner, um es vom Mast zu reißen, und die Gischt hüllte sie alle in einen weißen, eiskalten Schleier, unter dem sie früher oder später ersticken würden. »He, ihr wilden Frauen!« schrie Sigfrid, und seine Stimme ging im tosenden Sturm unter. »Ich bin nicht gekommen, damit ihr euren Spaß mit mir habt. Sagt Ran, sie soll sich einen anderen aussuchen. Hier gibt es für sie keine Beute.« Das Gelächter der Wellen wurde lauter, und die See brach donnernd über Sigfrids Schiff herein. Aus den salzverkrusteten Augenwinkeln sah er, wie seine Gefolgsleute sich an den Mast oder die Spieren klammerten und unverdrossen Wasser schöpften.
    »Komm! Komm!« hörte Sigfrid Rans Töchter durch den Wind rufen. »Komm zu uns, kleiner Mensch! Fürchtest du dich? Vielleicht willst du nicht, weil du noch nie eine Frau gehabt hast? Schuld daran ist der alte Zwerg! Sein Zauber schützt dich, aber so wirst du nie ein richtiger Mann. Sei klug und wirf dich in unsere Arme!« Ein riesiger Brecher traf ihn frontal und nahm ihm den Atem. Sigfrid rang keuchend nach Luft und lachte. »Ist das alles, was ihr könnt? Dann taugt ihr nicht für mich. Sucht euch einen Mann, der besser zu euch paßt! Wenn ihr von den schuppigen Nöcks genug habt, dann gibt es im Norden genug haarige Trolle, um euch zu wärmen.«
    Große Finger aus brodelnder Gischt griffen nach seinem

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