Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
Vom Netzwerk:
der Schlachtruf auf dieser Fahrt war. Leicht verlegen hob er den Arm, um sich zu bedanken. »Ich hoffe, du weißt von nun an genau, was du tust«, sagte Hildkar.
    Er bestaunte den Drachenkopf am Bug. »Ich glaube, die Männer vertrauen dir wirklich.« »Und was ist mit dir?«
    Hildkar schob sich die dichten Haare aus der Stirn und blickte auf das prächtige Segel. »Ich bin doch mit dabei oder etwa nicht? He! Sieh mal, ich glaube, Perchtwin wird es jetzt schon übel. Mögen die Götter ihm beistehen, wenn wir auf dem Meer sind.«
    Perchtwin richtete sich auf und preßte die Lippen zusammen. »Mir ist nicht übel.«
    Trotz seiner Behauptung wurde seine sommersprossige Haut bläulich weiß, und er mußte mehrmals schlucken. »Trink einen Schluck Starkbier oder Wein, um deinen Magen zu beruhigen«, sagte Sigfrid. »Das haben wir immer getan, als . . .« Er brach verwirrt ab. Er glaubte sich unbestimmt daran zu erinnern, daß Neulinge auf einem Schiff kleine Mengen Starkbier oder Met erhielten. Aber er wußte nicht, wo oder wann er das erlebt hatte. »Kann ich auch Wein haben, wenn ich den Seekranken spiele?« fragte Hildkar. Sigfrid stieß ihn in die Seite.
    »Bei dir sind Hopfen und Malz verloren«, rief er. Als Sigfrid sah, daß sich eine Ecke des Segels löste, fügte er hinzu: »Knote das Tau ordentlich fest, bevor uns das Segel davonfliegt.«
    Hildkar salutierte mit einem spöttischen Lächeln, ging aber hinüber und vertäute das Segel, wie Sigfrid es befohlen hatte. »Vielleicht solltest du es ein wenig ablassen«, sagte Harprecht. Der alte Krieger wies mit seinem gekrümmten Zeigefinger auf die anderen Schiffe, die sichtlich Mühe hatten, dem schnellen Flaggschiff in geordneter Formation zu folgen. »Gib ihnen die Möglichkeit, dich einzuholen. Es wird vielleicht noch einige Zeit dauern, bis jeder genau weiß, was er zu tun hat. Du solltest sie jetzt nicht überfordern.«
    »Hmm«, brummte Sigfrid und half Harprecht und Hildkar, das Segel etwas abzulassen. »Was muß ich eigentlich tun, wenn ich auf dem Meer die anderen Schiffe aus dem Blick verliere?«
    »Du kannst dich darauf verlassen, daß es so kommt, wenn die Götter unsere Flotte nicht zusammenhalten. Deshalb hast du auf den anderen Schiffen erfahrene Kapitäne, die wissen, was sie tun müssen, und ich stehe hier an deiner Seite. Schließlich wollen wir alle am Ziel ankommen.«
    Harprecht lachte und fuhr mit der Hand über seinen kahlen Kopf. »Siehst du, meine Erfahrung und mein Wissen haben mir eine Glatze beschert.« Sigfrid lachte, wenn auch etwas unsicher. Harprecht schlug ihm freundschaftlich auf den Rücken. »Mach dir nicht zu viele Sorgen. Du hältst die Augen offen und kümmerst dich um deine Pflichten, und alle anderen werden es auch tun... He, wach auf, Ludowig!« brüllte er plötzlich den Steuermann an. »Hast du die Felsen im Rhein vergessen? Steuerbord, verflucht noch mal! Steuerbord!« Das Schiff schwankte bedenklich, bis Sigfrid hinter Ludowig trat und sich mit seinem Gewicht und seiner Kraft gegen das Ruder stemmte. Der junge Steuermann hatte einen hochroten Kopf bekommen. »Tut mir leid«, stieß er hervor. »Ich habe nicht gesehen... Willst du, daß ein anderer das Steuer übernimmt?«
    »Nein, du bleibst, wo du bist. Du bist mein Steuermann, und du wirst das Steuern lernen. Harprecht, bleib bei ihm, bis er weiß, was er zu tun hat.«
    Harprecht nickte.
    Sigfrid ging zum Heck und blickte auf die anderen Schiffe. Zum ersten Mal fragte er sich, ob Alprecht nicht doch vielleicht recht hatte. War es überhaupt möglich, daß ein unerfahrener junger Mann in der stürmischsten Jahreszeit mit einer Mannschaft aus Neulingen das wildeste Meer überqueren und das Land der Sachsen nicht nur erreichen, sondern sogar erobern konnte? Bis wir auf hoher See sind, haben wir gelernt, richtig mit den Schiffen umzugehen, und dann wird es schon nicht so schlimm werden, beruhigte er sich. Wenn ich Wotan vertraue ... Sigfrid mußte lachen. Von Wotan habe ich schon genug bekommen. Ich muß mich langsam auf mich selbst verlassen - auf meine Kraft, meinen Verstand und auf die Seele meines Vaters. »Was findest du denn so lustig, daß du lachen mußt?« fragte jemand hinter ihm mißmutig. Sigfrid drehte sich verblüfft um. »Ich dachte, du kommst nicht mit«, rief er erfreut. »Regin, was hat dich dazu gebracht, deine Meinung zu ändern?«
    »Was blieb mir anderes übrig? Du brauchst jemanden, der sich um dich kümmert«, erwiderte der alte Schmied und starrte

Weitere Kostenlose Bücher