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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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nannte mich Hikar, als Hugin lebte«, erwiderte der Fremde und richtete den Blick auf Regin. Der Schmied drehte den Kopf zur Seite und spuckte das Salzwasser aus. Der einäugige Fremde auf dem Felsen musterte Sigfrid und rief dann: »Junger Wälsung, du kannst mich, den Freigeborenen dieser Insel, Fjölnir nennen. Höre, ich möchte mit dir fahren.«
    Sigfrid steuerte das Schiff wieder in die Strömung, die es dem hoch aufragenden Felsenturm schnell entgegentrug. Nur Sigfrids Kraft verhinderte, daß das Schiff gegen den Felsen prallte, aber eine Woge hob es plötzlich bis zur Felsspitze empor. Der Fremde sprang an Bord. Als Sigfrid von der Klippe wegsteuerte, wurden die Wellen flacher; der Regen ging in Nebel über, den der nachlassende Wind schnell davontrug, während sich die Wolken im Westen teilten und das rote Licht der Abendsonne den Himmel färbte. Nach kurzer Zeit schaukelte Sigfrids Flotte auf dem ruhigen Meer. Die Männer drängten sich alle am Bug der Schiffe und blickten voll Ehrfurcht auf Sigfrid und den Fremden.
    Fjölnir wies in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Um die Insel herum nach Osten«, sagte er im Befehlston. »Wir werden morgen um die Mittagszeit das Land der Söhne Hundings erreichen.« Unter seinem braunen, von grauen Haaren durchzogenen Bart sah man den Anflug eines grimmigen Lächelns.
    »Dank, Fjölnir, und sei willkommen.« Sigfrid löste den geschnitzten Becher vom Gürtel und füllte ihn aus dem Faß mit Met. Das Segel blähte sich zwar wieder im Wind, aber das Schiff schien nach der wilden Fahrt so sicher wie festes Land zu sein, und Sigfrid verschüttete keinen Tropfen, als er zu seinem Gast zurückging.
    Fjölnir nahm den Becher entgegen, leerte ihn zur Hälfte und gab ihn Sigfrid zurück. »Trink mit mir, mein Freund. Trinken wir auf die kommende Nacht, in der du mein Gast sein sollst«, sagte er leise. Sigfrid hob den Becher an die Lippen und trank den honigsüßen Met bis zum letzten Tropfen. Das plötzliche Hochgefühl, das ihn erfaßte, war ihm so vertraut wie der Pulsschlag seines Herzens oder die Kraft, die ihn erfüllte, wenn er den Griff von Gram umfaßte. Voll Stolz stellte er fest, daß er genauso groß wie Fjölnir war. »Auf die kommende Nacht«, erwiderte Sigfrid feierlich. Er wandte sich an seine Gefolgsleute. »Das habt ihr gut gemacht. Ich bin stolz auf euch alle. Trinkt, ich glaube, das Schlimmste ist überstanden.« Es schien eine Weile zu dauern, bis die Männer, erschöpft und betäubt von allem, was sie an diesem Tag gesehen und durchgemacht hatten, Sigfrids Worte verstanden. Der schlaksige Klodmar wurde als erster lebendig und rannte über das Schiff zu den Fässern. »Heil den Göttern!« rief er. »Wir leben noch! Kommt, ihr lahmen Schnecken, wacht auf. He!« rief er zu den anderen Schiffen hinüber. »Der Drichten sagt, wir dürfen trinken!«
    »Etwas früh für ein Siegesmahl oder?« fragte Fjölnir und verzog spöttisch den Mund.
    »Sagen wir... eine Ruhepause zwischen zwei Schlachten«, erwiderte Sigfrid. »Mehr Wein? Fisch? Brot? Es ist nichts Besonderes, aber etwas anderes haben wir nicht.«
    Fjölnir holte ein großes Trinkhorn unter dem Umhang hervor. Es war am Rand mit Silber gefaßt; die Spitze endete in einem silbernen Adlerkopf. Über das Horn zog sich ein Netz eingeritzter, dunkler Runen. Fjölnir trank mit tiefen Zügen, dann reichte er das Horn Sigfrid. Als er getrunken hatte, fühlte sich Sigfrid so leicht und unbeschwert, als habe er den Sturm nur geträumt. Die beiden gingen zum Bug. Sie setzten sich auf die vorderste Bank und blickten auf den dunklen Himmel im Osten. Ein paar Sterne schimmerten hell zwischen den Wolken.
    »Sag mir, Fjölnir«, begann Sigfrid, nachdem sie eine Weile stumm zusammensaßen, »was du über die Zeichen weißt, die am günstigsten für die Krieger sind, die in eine Schlacht ziehen.«
    »Es gibt viele Zeichen, die gut sind. Wenn die Menschen sie erkennen würden, bevor sie die Schwerter schwingen, könnte viel Unheil vermieden werden. Die dunklen Raben sind dem tapferen Krieger ein gutes Gefolge. Aber ich will dir noch weitere Zeichen nennen. Du wirst siegen, wenn du zum Aufbruch bereit bist, und du siehst zwei Gefolgsleute auf deinem Weg stehen. Und: Wenn du Wölfe im Wald heulen hörst, wirst du die Helmträger bezwingen, wie viele es auch sein mögen. Du mußt sie sehen, bevor sie dich sehen. Kämpfe niemals, wenn die Strahlen der Sonne, der Schwester des Mondes sich auf dich richten. Der Sieg

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