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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Lingwe hoch, legte ihn über seine Schulter und fügte hinzu: »Ich habe noch etwas zu erledigen. Danach komme ich auch.«
    »Erledige es hier!« Sigfrid blieb vor Staunen der Mund offen stehen, als er sich umsah. Regin bahnte sich einen Weg durch die Gefallenen. Bart und Haare waren verklebt, und das Schwert in seiner Hand war dunkel von getrocknetem Blut.
    »Regin! Du hier? Du bist doch kein. ..«, entfuhr es Sigfrid, aber er schwieg verlegen und konnte nur einfältig grinsen. Als Regin vor ihm stand, fragte er spöttisch: »Was ist das? Ein Hammer oder eine Feile?«
    »Es ist das Schwert Ridill. Vergiß nicht, ich war nicht immer ein Schmied«, erwiderte Regin und blickte dann ernst auf Lingwe. »Tu das, was du tun mußt, hier an dieser Stelle, wo ihn der Speer durchbohrt hat. Alle sollen Zeuge deiner Rache sein.« Sigfrid legte Lingwe auf die Erde. Der Hunding begann sich zu bewegen. Er stöhnte und schlug die Augen auf. Mit zuckenden Lidern richtete sich sein Blick auf Sigfrid.
    »Du ...«, keuchte er, und Blut floß ihm aus dem Mund, »Sigmunds Sohn...«
    »Du hast meinen Vater ermordet.«
    »Er ist im Kampf gefallen... vielleicht nicht im ehrlichen Kampf... aber es war ein Kampf...« Seine Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln. »Die Seherin hatte mich gewarnt... Sie hat gesagt ... eines Tages würde ich es bereuen,... um Herwodis zu werben ... selbst wenn ich siege.« Erschöpft fiel ihm der Kopf zur Seite.
    »Jetzt bist du Wotan geweiht.«
    »Tu, was du tun mußt, Wälsung«, flüsterte Lingwe. Er schloß die Augen, als könne er sie vor Müdigkeit nicht länger offenhalten. Auf eine Geste von Regin packten zwei Krieger Lingwe. »Für Wotans Rache und den Sieg!« rief Sigfrid. Er blickte zum Himmel hinauf. Hoch über der Rabenschar sah er die großen Schwingen eines Adlers. Der Schrei des edlen Tieres drang wie ein fernes Echo an seine Ohren. Da zog er das Schwert und schlug Lingwe den Kopf ab.
    »Nun ist mein Auftrag erfüllt«, sagte Sigfrid, drehte sich schweigend um und hatte das Bedürfnis, sich zu waschen.

    *

    Am Abend saß Sigfrid auf dem erhöhten Platz des Drichten in der Halle. Er trug eine frische weiße Tunika, und die Haare fielen ihm gekämmt über die Schultern. Der ehemals gestampfte Lehmboden war durch flache, mit Mörtel gefügte Steinplatten ersetzt. An den Wänden hingen kostbare Behänge. Auf den Bänken vor den Feuern, die in Gruben auf der ganzen Länge der Halle brannten, saßen seine alemannischen Gefolgsleute. Wie es sich für einen guten Drichten gehörte, hatte Sigfrid das im Kampf gewonnene Gold und Silber verteilt. An den Armen der Verwundeten glänzten die goldenen Spiralen der Armreifen über den Verbänden. Die Gesunden hoben stolz die Arme, während sie aßen und tranken, um das Glitzern ihres kostbaren Schmucks im Flammenschein zu bewundern. Das Tor der Halle stand offen. Der Bratenduft von den Rindern und Schweinen über den Kochfeuern ließ die Lebenden die Toten vergessen, die auf dem großen Scheiterhaufen mit ihren Waffen verbrannten. Es waren nur Sigfrids Gefallene, denn er hatte wie üblich angeordnet, daß die toten Feinde den Wölfen und den Raben -Wotans Geschöpfen - als Nahrung zurückgelassen wurden. Sigfrid sah die ängstlichen Blicke der Frauen, die seinen Männern Fleisch und Bier brachten. Es waren Lingwes Leibeigene, wie die Eisenringe, die sie um den Hals trugen, verrieten. Ein junges Mädchen mit hochgesteckten blonden Locken und Sommersprossen auf der hellen Haut über den breiten Wangenknochen kam ihm irgendwie vertraut vor. Eine besonders hübsche rothaarige Frau drehte mit niedergeschlagenen Augen einen Bratenspieß. Ihr weißes Gesicht erinnerte ihn an einen Gefolgsmann seines Vaters, obwohl unter seinen Männern niemand war, der so aussah. Er konnte das Rätsel nicht lösen, deshalb stand er schließlich auf und ging zu ihr hinüber.
    »Hieß dein Vater Odger?« fragte er aufs' Geratewohl. Die junge Frau nickte zu seinem Erstaunen, starrte jedoch nach wie vor auf das brutzelnde Schwein, das sie über dem Feuer drehte. Sie war rot geworden und murmelte etwas.
    »Kannst du das noch einmal etwas lauter wiederholen«, forderte Sigfrid sie freundlich auf, »ich habe nichts verstanden.«
    »Meine Mutter hat gesagt, daß mein Vater mit Sigmund in der Schlacht gefallen ist.«
    »Seine Kinder haben ein besseres Schicksal verdient«, sagte Sigfrid. Er winkte eine andere Frau herbei, faßte Odgers Tochter am Arm und führte sie zu dem freien

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