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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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sie ehrt und nicht befleckt dem dienen sie zum Segen
    zum Guten können sie sein
    bis zur Götterdämmerung / am Ende der Zeit!

Drittes Buch
GUDRUN

    »Von den Fesseln befreit
    Kämpft der Fenriswolf
    Gegen die ganze Welt
    Bis in den Spuren seiner Zerstörung
    Könige von ebenbürtigem Rang
    Gefunden werden«.
    Eyvindr Skäldaspillr, Häkonarmäl

Bragi: Warum hast du ihm den Sieg genommen, obwohl er in deinen Augen, der Tapferste zu sein schien.
Odin: Aus Gründen, in die der Verstand keine Einsicht hat: Der graue Wolf bedroht das Reich der Götter immer und ewig.
Anon, Eiriksmal

1
DIE INTRIGE
    Krimhild hörte nicht, daß sich die Tür zu ihrer geheimen Kammer öffnete, und der Mann trug keine Fackel, deren Licht ihr verraten hätte, daß sie nicht länger allein war. Erst als die Tür leise ins Schloß fiel, sprang die Königin erschrocken von ihrem dreibeinigen Hocker auf. Ihr Rock streifte gefährlich das kleine Zauberfeuer auf dem Boden. Sie hob den Kopf und blickte zornig auf den, der sich hierher gewagt hatte. Die Zauberflammen spiegelten sich in dem dunklen Auge.
    »Was willst du hier?« fragte Krimhild gereizt. »Du beobachtest Sigfrid«, erwiderte er ungerührt und kniff das Auge zusammen, als er an ihr vorbei in das Feuer blickte. Krimhild drehte sich um, griff nach einem Eimer Sand und leerte ihn auf die Flammen, die sofort erloschen. Eine gelbe Rauchwolke stieg auf. Der Rauch roch süßlich nach verbranntem Honig und starken bitteren Kräutern. Sie wartete, bis sich der Rauch in der Kammer verteilt hatte, dann verließ sie stumm den Raum. Er folgte ihr zu den Gemächern, die sie früher mit Gebika geteilt hatte. Es waren große Räume mit römischen Glasfenstern über dem Rhein. Brennende Fackeln hingen an den Wänden. Das große Feuer an der Nordseite verbreitete ein angenehmes Licht. Krimhild setzte sich auf ihren Sessel, in dem ein weiches, weißes Fuchsfellkissen lag, und klopfte ungeduldig mit den Fingernägeln auf die Falkenköpfe der Lehnen. Der Mann setzte sich auf das Bett. Er hielt sich kerzengerade wie in Bereitschaft einer Inspektion durch ranghöhere Krieger. Aber das tat er immer. Sein Gesicht lag zwar im Schatten, Krimhild sah jedoch deutlich die hellrote Narbe. Sie lief unter der schwarzen Augenklappe bis zum Bart, durch den sich nicht wenige silberne Haare zogen. Als sich sein dunkler Blick auf Krimhild richtete, lief ihr wie immer ein Schauer über den Rücken. Doch Unheimliches schreckte sie nicht. Es war ihre Welt.
    »Hagen«, sagte sie, »du weißt doch, ich möchte nicht, daß man mir nachspioniert. Warum nur bist du der Ansicht, daß du alles wissen willst, was ich tue?«
    »Weil es meine Pflicht ist, alles zu wissen, was für meine Familie von Bedeutung sein könnte«, erwiderte ihr Sohn mit seiner hohlen Stimme. »Sag mir, was hast du gesehen?«
    Krimhild stand auf und holte aus einer ihrer Truhen eine Weinflasche aus Ton und zwei Gläser aus grünem römischen Glas, die sie mit Wein füllte.
    Hagen roch vorsichtig an dem Wein, hielt ihn ins Licht der Fackeln und blickte lange in die helle Flüssigkeit, bevor er einen Tropfen mit der Zungenspitze kostete. Krimhild trank und wartete geduldig. Sie war an die Eigenarten ihres Sohnes ebenso gewöhnt wie er an ihre.
    »Sigfrid kommt zurück«, erklärte sie schließlich. »Mit Fafnirs Hort?«
    »Er hat ihn noch nicht an sich genommen, sondern als Grabbeilage in der Drachenhöhle zurückgelassen. Das war sehr klug von ihm.« »Ja.«
    Krimhild lachte böse. »Aber bei dem guten Vorsatz wird es nicht bleiben. Er wird zurückkehren und das Rheingold holen.«
    »Und Regin?«
    »Er ist tot.«
    »Ein großer Verlust«, sagte Hagen, »hat Sigfrid ihn getötet?«
    »Ja.«
    »Das konnte man voraussehen.«
    Hagen blickte wieder in den Wein, drehte das Glas und trank schließlich einen kleinen Schluck. »Dein Ostarawein ist in diesem Jahr sehr gut.«
    Krimhild lächelte, und auch ihre weißen Zähne blitzten kalt. »Danke.«
    »Wenn Sigfrid mit dem Rheingold kommt, warum freust du dich dann nicht?« fragte Hagen plötzlich. »Sag mir, was deine Pläne durchkreuzt hat?«
    Die Königin seufzte und stellte das Weinglas auf den kleinen Birkenholztisch. »Bist du damit zufrieden, wenn ich dir sage, es gibt nichts, worüber du dir Gedanken machen mußt?«
    »Nein.«
    Krimhild stand auf, ging zornig zu ihrem Sohn und schlug ihm die dünnen Finger wie Krallen in die Schultern. Ihre spitzen Nägel bohrten sich in seine Muskeln. Sie wollte ihn

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