Rheingold
süß nach dem Honig und Malz des Mets, den sie zusammen getrunken hatten. Die Walküre schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich. Ihre
weichen Brüste berührten ihn, und er glaubte, von dem Feuer verschlungen zu werden. Die große Freude, die ihn erfaßte, tat fast weh, denn all das Verlangen, das in ihm geruht hatte, während er nach Sigidrifa gesucht hatte, flammte in ihm auf und brauste wie ein Sturm durch sein Herz, während er Sigidrifas blonde Haare streichelte.
»Ich mußte so lange auf dich warten«, flüsterte sie, »Sigfrid, jetzt gehöre ich dir.«
Sie zog ihn auf den Felsen, während seine Hände und Lippen sie liebkosten. Unter ihrer Berührung löste sich der Kummer der vielen Jahre des Alleinseins. Eiserne Ketten fielen von seinen Gliedern, Fesseln der Einsamkeit schmolzen wie Eis am Ende des Winters und befreiten die Fluten, die durch ihn hindurchströmten und ihn auf ihren warmen schimmernden Wellen davontrugen.
*
»Höre meinen Rat, wenn du mich jetzt wieder verläßt«, sagte Sigidrifa, als sie zur Sonne hinaufblickten, die in den Zenit stieg. »Du hast die Prüfungen bestanden, aber du solltest deine Vernunft und deine Kraft jetzt nutzen, um dein Schicksal zu deinen Gunsten zu wenden.«
»Ich höre deinen Rat, denn niemand ist klüger als du«, antwortete Sigfrid und küßte ihr seidiges Haar.
»Ich werde versuchen, zu dir so klar wie möglich zu sprechen. Präge dir meine Worte gut ein.« Sie sah ihn lächelnd an und erhob sich. Dann legte sie ihm die Hand auf die Stirn und sagte: »Sei gut zu allen in deiner Sippe und räche dich nicht, wenn sie dir schaden. Ertrage ihr Tun, und man wird dich über die Zeiten hinweg preisen und loben. Hüte dich vor unguten Dingen, besonders wenn es um die Liebe einer Jungfrau geht, aber auch um die Liebe der Frau eines anderen Mannes, denn oft entsteht Unheil daraus.« Sie küßte ihn sanft, als er sie verwirrt ansah und strich ihm über die Haare. »Befreie dich von zornigen Gedanken über unkluge Worte, wenn viele zusammenkommen. Männer reden oft gegen ihren Willen unsinnige Dinge.«
Sie lächelte, nahm seine Hand, betrachtete sie lange und sprach dann weiter. »Wenn du auf deinem Weg dunklen Wesen begegnest, sei auf der Hut. Suche keinen Schutz in ihrer Nähe, auch wenn die Nacht hereinbricht.«
Sigidrifa nahm seine linke Hand und drückte sie auf ihre Brust. Dann sagte sie sehr ernst: »Laß dich nicht von schönen Frauen verführen, auch wenn sie auf Festen in prächtige Gewänder gehüllt erscheinen, damit sie deinen Schlaf nicht stören und deiner Seele nicht schaden können. Locke sie nicht mit Küssen oder anderen Schmeicheleien.«
Sigfrid reichte ihr das Horn, sie trank langsam und schien auf eine ferne Musik zu lauschen. Schließlich hob sie die Hand und sah ihn strahlend an. »Kämpfe gegen deine Feinde, damit du nicht auf dem Scheiterhaufen brennst. Schwöre keinen falschen Eid, denn bittere Strafe trifft den, der seinen Schwur bricht. Lasse den Toten Gerechtigkeit widerfahren, wie immer sie auch sterben - an einer Krankheit, im Meer oder durch eine Waffe -, und erweise auch ihren Leibern die letzte Ehre. Traue niemandem aus der Sippe eines Mannes, den du getötet hast, sei es der Vater, der Bruder oder ein anderer naher Verwandter, auch wenn der Betreffende noch sehr jung ist. In einem Kind steckt nicht selten ein Wolf. Sei vorsichtig und höre nicht immer auf den Rat deiner Freunde.«
Sie schwieg, und Tränen standen in ihren Augen. »Aber ich sehe wenig von deinem Leben in der Zukunft, wenn der Haß der Frauen deiner Sippe dich trifft.«
Sie seufzte und dachte nach. Dann sagte sie leise: »Du mußt noch viel von mir lernen, wenn du dort unten allen Gefahren widerstehen sollst. Höre mir gut zu.« Sigidrifa griff nach seinem Schwert, berührte mit der Spitze der Klinge aus Sternenstahl seine Stirn, und es klang wie ein Befehl, als sie rief: »Lerne die Weisheit der Runen!« Sigfrid trank den starken Met, während sie beschwörend sang: »Das ist die Sig-Rune durch sie wirst du klug...« Als sie mit der Klinge die Sonnen-Rune Sowilo zeichnete und dann den spitzen roten Pfeil von Ziws Rune Tiwaz, stieg ihm der Met berauschend in den Kopf, und er sah die Runen in seinem Inneren aufglühen. »Hebe den Mittelfinger der Schwerthand, zeichne sie auf den Schwertgriff, auf die Klinge und rufe zweimal Ziw an.«
Sie gab ihm Gram zurück und legte die Hände auf seine, die das Trinkhorn umfaßten. »Du mußt die Met-Runen kennen,
Weitere Kostenlose Bücher