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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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schienen ein böses Ende zu nehmen, und deshalb habe ich Angst«, flüsterte sie so leise, daß Krimhild den Kopf vorbeugen mußte, um sie zu verstehen.
    »Hab keine Angst, mein Kind«, sagte ihre Mutter, »ich bringe dir warme Milch und Honig, dann wirst du ruhig schlafen und morgen am Ostarafest glücklich und fröhlich sein. Du mußt hübsch aussehen, um der Göttin die gebührende Ehre zu erweisen, denn die strahlende Ostara soll dir deinen Gemahl bringen. Zeige dich ihr in deiner ganzen Schönheit, dann wird Sigfrid dich ebenso sehen und dich nie wieder verlassen.«
    »Hast du wirklich etwas von ihm gehört?« fragte Gudrun eifrig, und die dunklen Träume begannen bereits zu verblassen. »Wird er zu unserem Fest kommen?«
    »Nicht zum Ostarafest, glaube ich. Er kommt mit einer schweren Last, aber es wird nicht mehr lange dauern, bis du ihn hier begrüßen kannst.«
    Gudrun griff nach den Händen ihrer Mutter und fragte: »Glaubst du... er kann sich noch an mich erinnern? Ist er... ?« Sie konnte nicht weitersprechen, aber Krimhild nickte zustimmend.
    »Im Ring von Mittelerde hat er keiner anderen Frau seine Gunst gewährt«, antwortete Krimhild, »wenn du die Leidenschaft in seinen Augen siehst, nachdem er deinen Willkommenstrank getrunken hat, dann mußt du keine Rivalin mehr fürchten. Glaub mir, dann gehört Sigfrids ganze Liebe dir.«
    Die Königin deckte ihre Tochter zu. »Du mußt jetzt schlafen, mein Kind«, sagte sie, »ich bringe dir die Milch.«
    »Danke, Mutter«, flüsterte Gudrun und schloß gehorsam die Augen, als Krimhild mit der Kerze den Raum verließ.

    *

    Gudrun saß neben Helga und Fridlind auf einer der roten Steinbänke im Garten vor der großen Halle. Sie gab sich Mühe, dem Gespräch der beiden anderen jungen Frauen zu folgen, während sie an dem Wandbehang stickten, der auf ihren Knien lag. Immer wieder hob Gudrun den Kopf und blickte auf die Straße, die in das Land der Alemannen führte. Sie rechnete damit, unterhalb der blauen Hügel in der Ferne bald die Staubwolken von Reitern zu sehen. Helga stieß ihr den Ellbogen in die Seite und kicherte. »Auf wen wartest du denn?« fragte sie. »Soll ich raten?«
    »Du mußt nicht raten«, antwortete Fridlind kühl lächelnd. Sie zog den Wandbehang etwas höher und umstichelte mit ihren langen Fingern geschickt ein Blatt aus hellgrünem Garn. »Aber, Gudrun, glaubst du nicht, er wird einen Boten schicken, der seine Ankunft meldet, bevor er hier erscheint? Sollte er im Norden bei den wilden Sachsen gelernt haben, sich wie ein Barbar zu benehmen?«
    Gudrun stieß die Nadel heftig in die blaue Tunika eines Jägers und zog den Faden so fest, daß er fast zerriß.
    »Ich wäre beleidigt, wenn er nicht in Begleitung seiner Gefolgsleute kommen würde, wie es sich gehört«, erklärte Helga. »Also, welche Farbe soll ich für die Hufe nehmen, hm?«
    »Wie wäre es mit diesem Braun da«, sagte Fridlind, »aber wer kann sagen, was Sigfrid wirklich tut? Ich habe gehört, daß er mit Regin, dem Schmied, oft monatelang in die Wälder geht. Niemand weiß, wo sie sind und was sie dort tun.« Sie stützte das kleine Kinn auf die Fingerspitzen und betrachtete Gudrun nachdenklich. In ihren dunkelbraunen Augen leuchteten boshaft gelbe Sonnenpunkte, als sie leise sagte: »In den Liedern heißt es, daß Sigmund und sein Sohn - der mit dem fremdländischen Namen, den er mit seiner Schwester Siglind gezeugt hat - in den Wäldern im hohen Norden Werwölfe waren. Sag mal, Gudrun, fürchtest du dich nicht, einen Mann zu heiraten, in dessen Adern solches Blut fließt?«
    »Nein, ich fürchte mich nicht!« fauchte Gudrun, und der Faden riß. »Halt den Mund! Du bist ja nur eifersüchtig, weil kein Mann sich mit Sigfrid messen kann, außer vielleicht mein Bruder, und er will dich nicht zur Frau.«
    Fridlind lachte und schob sich eine dunkelrote Haarsträhne aus der sommersprossigen Stirn. »Dein Bruder?« fragte sie. »Selbst wenn Hagen nicht schon verheiratet wäre, könnte ich es nicht ertragen, von ihm berührt zu werden. Seine arme Frau ist wirklich nicht zu beneiden! Aber du hast recht. Es ist kein großer Unterschied zwischen einem Berserker im Wolfsfell und dem Sohn eines Schwarzalben.« Sie schauderte und legte die Finger zitternd in gespielter Angst auf das kleine in Elfenbein gefaßte Goldkreuz an ihrem Hals. Gudrun sprang auf. Der Wandbehang und die Garne fielen ins Gras. Sie holte aus und schlug Fridlind, so fest sie konnte, ins Gesicht. Helga schrie entsetzt

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