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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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und rückte ans Ende der Bank. Fridlind schob den Wandbehang und die Garne vorsichtig beiseite und erhob sich langsam. Auf ihrer weißen Wange leuchtete rot der Abdruck von Gudruns Hand.
    »Tut mir leid, Gudrun«, murmelte sie, »ich wollte dich nicht beleidigen. Ich habe doch nur Spaß gemacht.«
    »Gut zu wissen.« Die drei Frauen fuhren erschrocken herum und starrten Hagen an. Fridlind wich so schnell zurück, daß sie sich in dem Wandbehang und den Garnen verfing und auf dem Boden landete. Helga schlug die Hand vor den Mund und kicherte schrill.
    »Gudrun, du hast nicht viel Zeit«, fuhr Hagen fort, »Sigfrid wird bald hier sein.«
    Gudrun blickte auf die Straße. Aber soweit man sehen konnte, war kein Reiter in Sicht. »Woher weißt du das?« fragte sie.
    »Ich habe ihn auf dem Rhein gesehen. Er muß noch eine ganze Strecke flußaufwärts rudern, denn er ist noch bei den fränkischen Sümpfen, aber allzu lange wird es nicht dauern, bis er hier ist.«
    Gudrun blickte auf den Rhein, in dessen schäumenden Fluten noch das braune Wasser der Schneeschmelze der Flüsse und Bäche aus den Bergen floß. »Wie kannst du so weit sehen? Und woher weißt du, daß es Sigfrid ist?«
    »Weil er mit seinem Floß flußaufwärts so schnell vorankommt wie ein anderer flußabwärts. Wer sonst als Sigfrid könnte das sein? Also beeile dich.«
    Gudrun lief zu ihrem Bruder, legte ihm die Arme um die gepanzerte Brust, stellte sich auf die Fußspitzen und küßte ihn auf die Wange. Hagen ließ die Umarmung geduldig über sich ergehen, dann sagte er freundlich:
    »Nun komm, Krimhild bereitet schon das Trinkhorn für den Willkommensgruß vor, das du Sigfrid überreichen sollst.«
    Hagen bückte sich, schob den Wandbehang, die Garne und Nadeln mit einer schnellen Bewegung zusammen und drückte das Bündel Helga in die Hände, bevor sie vor ihm zurückweichen konnte. »Ihr zwei sagt den anderen Frauen Bescheid. Sie sollen die Halle für ein Festmahl vorbereiten.«

    *

    Sigfrid legte den Kopf zurück und ruderte mühelos den Fluß hinauf. Die Sonne schien ihm warm ins Gesicht. Vor sich sah er die roten Steine von Worms. Wenn Gudrun und die Burgunder sich mit Fafnirs Gold zufriedengaben und die Verlobung lösten, dann würde er frei sein, um Sigidrifa -Brünhild - zu finden. Er würde Brünhild heiraten und damit ihre Vereinigung zwischen den Welten endgültig besiegeln ...
    »Regin würde ...«, murmelte er. Ein stechender Schmerz zuckte ihm bei diesem Gedanken durch die Brust. Er senkte traurig den Kopf und ruderte weiter.
    Als er Worms fast erreicht hatte, hörte er den hellen Klang der römischen Hörner von den roten Wällen der Stadt schallen. Viele Mensehen hatten sich auf dem Felsvorsprung versammelt, der vor der Stadt in den Fluß ragte. Er sah von weitem in der hellen Sonne einen Mann, der über einer dunklen Tunika ein dunkles Kettenhemd trug. Neben ihm stand ein Mann in einer hellblauen Tunika. Das waren bestimmt Hagen und Gunter. In ihrer Mitte stand eine kleine, hagere Gestalt. Sigfrid flüsterte die Runen, die ihn Sigidrifa gelehrt hatte. Sie sollten Gunters und Gudruns Enttäuschung und Hagens verwundeten Stolz besänftigen. Mit den Fingern zeichnete er die Runen in die Luft und beschwor ihre Kraft, damit ihm die richtigen Worte einfielen. »He, Wanderer!« rief Hagen, und seine Stimme hallte weit über das Wasser. »Wohin willst du?«
    »Zu Gunter, Gebikas Sohn!« antwortete Sigfrid. »Komm als Gast in seine Halle! Sei willkommen, Sigfrid, Sigmunds Sohn!«
    Hagen ging über die Steine bis an die Spitze des Vorsprungs. Sigfrid ruderte darauf zu, und Hagen half ihm, das Floß am Ufer zu vertäuen. Sigfrid hatte den Eindruck, als sei halb Worms zu seiner Begrüßung gekommen. Erstaunt sah er Hagens Augenklappe und die hellrote Narbe darunter. Er beschloß, Hagen später danach zu fragen.
    Ehe Sigfrid ihn daran hindern konnte, griff Hagen nach Granis Zügel und wollte ihn vom Floß führen, doch der sturmgraue Hengst wich schnaubend zur Seite. Wasser schwappte über die Planken. »Geh schon«, sagte Sigfrid und legte Grani beruhigend die Hand auf das Fell.
    Das Pferd ging gehorsam vorwärts, aber sobald Sigfrid die Hand zurückzog, bewegte Grani sich nicht weiter.
    Hagen gab Sigfrid achselzuckend die Zügel und wartete, bis er mit dem Hengst an Land war.
    Gunter kam Sigfrid entgegen und umfaßte zur Begrüßung seinen Arm. Ihre goldenen Armringe schlugen dumpf aufeinander. »Willkommen, Bruder!« sagte Gunter. »Wir haben dich

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