Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
Vom Netzwerk:
Gunter spöttisch. »Es gab bereits Gerede darüber, ob du sie überhaupt noch zur Frau haben möchtest.«
    »Na ja... weißt du, ich habe kaum an sie gedacht. Ich weiß nicht warum. Aber nachdem ich sie jetzt wiedergesehen habe, kann ich mir nicht mehr vorstellen, ohne sie zu leben. Sie ist für mich wie...
    mein Schildarm. Ich würde alles tun, um sie bei mir zu haben.«
    »Und auch nach der Hochzeit in Worms bleiben?«
    »Auch das«, sagte Sigfrid und fügte dann hinzu: »Warum eigentlich nicht? In Alprechts Land herrscht Frieden. Er braucht keinen jungen Mann, der ihm über die Schulter blickt.
    Ich fürchte. .. ich habe ihm mehr geschadet als geholfen, als ich mit seinen Kriegern loszog und mit dem halben Volk der Sachsen aus dem Norden zurückkam.«
    »Bei uns warten viele Aufgaben auf dich«, sagte Gunter, »du wirst dich nicht über Langeweile beklagen müssen.«
    Sie gingen durch das Tor zu Gunters Halle. »So, jetzt trennen sich unsere Wege für eine kurze Zeit«, sagte der König, »ich muß mich um einige Dinge kümmern. Geh du hinein und laß dir von einer der Mägde deine Kammer zeigen.« »Ich möchte noch mit Krimhild reden.«
    »Gut, ich komme anschließend zu dir, vermutlich mit Hagen.«

    *

    Krimhild saß bereits auf ihrem kleinen dreibeinigen Hocker neben dem Feuer und wartete auf Sigfrid. Mit ihren dünnen Fingern bestickte sie ein großes Tuch. Auf dem Tisch vor ihr standen eine Karaffe mit dunkelrotem Wein und zwei Gläser. Als er eintrat, hob sie den Kopf. In dem spitzen Gesicht wirkten die schmalen Augen wie tiefe schwarze Löcher.
    »Setz dich, Sigfrid«, sagte sie und deutete auf den großen Sessel neben ihrem Hocker. »Habt ihr mit Hagen gesprochen?«
    »Seine Magd hat gesagt, er sei ausgegangen«, erwiderte Sigfrid. Krimhild goß Wein ein und reichte Sigfrid ein Glas. Der dunkle Wein roch eigenartig, aber Sigfrid sagte nichts, denn die
    Weine aus dem Süden konnten ein eigentümliches Aroma haben. Er trank einen Schluck, aber der volle fruchtige Geschmack wurde ihm erst bewußt, als er das Glas geleert hatte und Krimhild ihm nachfüllte. Diesmal trank er langsamer.
    »Er ist von unseren besten Reben und kommt aus den gallischen Ländern«, sagte sie, »die wirklich dunkelroten Trauben wachsen leider hier oben am Rhein nicht so gut. Vermutlich ist das der Preis dafür, daß sie dort unten acht Monate im Jahr unter der heißen Sonne leiden müssen. Schmeckt er dir?«
    »Ja, er ist sehr gut.«
    Krimhild setzte sich wieder auf den Hocker, hob ihr Glas und trank einen kleinen Schluck. »Womit kann ich dir helfen? Du hast gesagt, daß du etwas von mir wissen möchtest...«
    Sigfrid zog die Tarnkappe aus seinem Gürtelbeutel und legte sie auf die schwarzweißen Elfenbeinintarsien der Tischplatte. Krimhild hob den Kopf wie eine Natter, die eine Beute sieht. Als sie die funkelnden Schuppen des goldenen Helms sah, stieß sie zischend den Atem aus.
    »Die Lieder haben also nicht gelogen«, murmelte sie, »ich dachte...« Sie legte wie geblendet die Hand über die Augen. »Weißt du, wie man sie benutzt?«
    »Nein, ich wollte sie Hagen schenken, aber er hat gesagt, ich soll sie behalten und dich fragen, was man damit macht.«
    »Ach«, sagte sie und streckte die Hand vorsichtig aus. Ihre Fingerspitzen näherten sich der Tarnkappe wie glühenden Kohlen, aber ihre Hand hielt inne, als die Fingerspitzen fast das Gold berührten. »Jemand muß sehr mutig sein, sich in deine Nähe zu wagen, wenn du sie trägst«, murmelte Krimhild, »ich glaube, du möchtest wissen, wie Fafnir sich der Tarnkappe bedient und seine Gestalt gewechselt hat.«
    »Ja.« Sigfrid nahm die Tarnkappe wieder in die Hand. Die feinen Kettenglieder stießen klirrend aneinander. Ihr durchdringender Ton wurde als Echo von der Karaffe und den Gläsern wie das Klingeln von Glöckchen zurückgeworfen. Krimhild hob die Hände und sah ihn stirnrunzelnd an.
    »Mit einem Gegenstand von solcher Macht ist es sehr viel einfacher zu zaubern«, sagte Krimhild, »aber es liegt an dir, das Maß zu bestimmen. Am einfachsten kannst du die Gestalt wechseln, wenn du deine Seele veränderst und deinen Körper verläßt. Wenn du das möchtest, mußt du nur die Tarnkappe aufsetzen und dir vorstellen, daß du dich verwandelst... spüre die Veränderung in jedem Knochen und in jedem Muskel. Dann fällt es dir leicht, zu fliegen, zu schwimmen oder deinen irdischen Körper zu verlassen. Die Gefahr besteht darin, daß du zu lange in der neuen Gestalt verweilst.

Weitere Kostenlose Bücher