Rheingold
Wollt ihr eintreten und auf ihn warten? Oder kann ich ihm eine Nachricht überbringen?«
»Sag ihm, wir reiten morgen nach Toulouse und müssen uns noch heute treffen, um alles für den Ritt vorzubereiten.«
»Das wird geschehen«, erwiderte sie und machte noch einen Knicks.
»Geht es der Frowe Costbera wieder besser?« fragte Sigfrid. Ada senkte den Kopf und schlug die Augen nieder. »Sie schläft jetzt. König Gunter, dein Bruder hat mir aufgetragen, dich zu bitten, eurer Mutter für die Medizin zu danken, die sie Costbera gegeben hat. Als heute ihre Schmerzen zu groß wurden und die Schwangerschaft gefährdet schien, hat sie die Medizin genommen, und es geht ihr jetzt viel besser.«
»Hat sie das freiwillig getan?«
»Sie hat die Medizin genommen, König Gunter.«
»Kann Hagen sie allein lassen?« fragte Sigfrid. »Wenn es ihr so schlecht geht, sollte er vielleicht bei ihr bleiben?«
»Natürlich wird die Frowe traurig sein, wenn ihr Mann sie verläßt«, erwiderte die Magd freundlich, »aber sie wird hier gut versorgt. Ich glaube, Fro Sigfrid, du mußt dir während der Abwesenheit ihres Mannes keine Gedanken um die Frowe Costbera machen.«
»Ah.«
»Wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigt. Ich habe noch viel zu tun. Alles Gute, Fro Sigfrid und König Gunter.«
Gunter entließ sie mit einer Geste, und Ada schloß die Tür. »Ich habe Hagen schon oft gesagt, daß seine Frau mehr als eine Magd braucht, aber er hört nicht auf mich«, sagte Gunter, als sie weitergingen, »er denkt wohl... nun ja, machen wir uns keine Gedanken darüber, was er denkt. Er denkt ohnehin viel zu viel.« Sigfrid und Gunter liefen am Rhein entlang. Nur ihre Fackeln und der blasse abnehmende Mond warfen etwas Licht in die Dunkelheit. Der Fluß schien in der Nacht lauter zu fließen als am Tag. Die Wellen der Fluten klatschten heftig gegen das Ufer. Hin und wieder leuchteten die hellen Schaumkronen auf, ehe sie wieder in der Schwärze der Nacht verschwanden. Sigfrid empfand das Rauschen des Wassers als wohltuend. Der Rhythmus der Wellen dämpfte die Erregung und die ungewohnten Gefühle, die ihn noch immer bewegten. »Was willst du mit dem Gold machen, während wir unterwegs sind?« fragte Gunter.
»Können wir es hier irgendwo an einen sicheren Ort bringen?« erwiderte Sigfrid.
»Ich werde mit Hagen darüber reden«, sagte Gunter und fragte dann: »Wirst du nach der Hochzeit bei uns bleiben? Du weißt, es ist immer ein Platz für dich bei uns.«
»Ich weiß nicht. König Alprecht wird älter, und ich möchte ihn eigentlich nicht allzu lange allein lassen. Eines Tages werde ich seine Krieger führen müssen und die Alemannen regieren.«
»Unsere Länder liegen nicht weit auseinander. Du könntest die Alemannen sehr gut von Worms aus regieren. Gudrun würde natürlich viel lieber bei ihrem Volk bleiben«, fügte Gunter hinzu. »Wie könnte ich die Alemannen von Worms aus regieren? Ihr König hat immer bei ihnen gelebt. Warum sollte sich daran etwas ändern?«
»Ich glaube, die Zeit der einzelnen Stämme neigt sich dem Ende zu. Die Sieger werden das am schnellsten begreifen. Schließlich sind die Alemannen auch nur ein Stamm, der mit Rom einen Vertrag geschlossen hat...« Er lachte und sagte langsam: »›Alle Mannen‹ - ja, das waren sie vor sechs oder sieben Generationen. Ein Römer hat mir aus einem Buch über Germanien vorgelesen, als Hermann der Cherusker hier regierte. Er hatte die vielen Namen der kleinen Stämme im Norden aufgezeichnet, wo jetzt die Sachsen sind, und auch der anderen Ländern, wo Stämme wie die Alemannen und die Franken jetzt herrschen. Stell dir vor, was wir beide zusammen erobern könnten - du und ich -, während die Hunnen und die anderen Stämme aus dem Osten damit beschäftigt sind, gegen Rom zu kämpfen! Unser Ruhm wäre ohnegleichen...«
Sie verließen das nasse Rheinufer und liefen durch den schlammigen Lehm der Straße. Die Mondsichel verschwand hinter den Häusern, und die Fackeln in ihren Händen brannten langsam aus. »Vielleicht können wir darüber reden ... zumindest solange Alprecht lebt«, erwiderte Sigfrid nachdenklich, »schließlich ist er gesund, und sein Vater Chilpirich ist sehr alt geworden.«
»Denk darüber nach. Weißt du übrigens, nicht weit von hier ist ein Haus mit den schönsten Frauen von Worms. Möchtest du vielleicht ... ?«
»Ich möchte keine andere Frau als Gudrun«, erklärte Sigfrid.
»Warum hast du dann so lange gewartet, bis du hierher gekommen bist?« fragte
Weitere Kostenlose Bücher