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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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der Himmel verhangen und die ersten Regentropfen fielen. Die Beule an seinem Kopf schmerzte noch immer. Auf die Steine gestützt, richtete er sich langsam auf, und als er schließlich stand, versagten ihm die Beine den Dienst nicht mehr, und er konnte wieder klar sehen. Regin hatte schrecklichen Hunger und fror, aber er wußte, wenn er den Pfad durch den Wald fand, würde er vielleicht bei Einbruch der Nacht oder auch etwas später die Halle seines Vaters erreichen. Er hörte die Männer, bevor er sie sah. Ihre lauten Stimmen drangen deutlich durch die hohen Bäume. »Diese Hunde werden es uns bezahlen, wenn wir sie finden!« brüllte Wulgeir.
    Regin hörte einen dumpfen Schlag. »Hält's Maul!« schrie Heriman, »es war ein Spuk, ein Zauber! Das hat Frowe Lingheid uns doch gesagt. Wir sollen die seltsamen Wanderer suchen, nicht Fafnir und Regin. Sie hätten so etwas nie getan, wären sie nicht verzaubert worden. Und wir...« Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: »Du warst nicht dabei. Wir haben nichts gesehen und nichts gehört - nichts! Kein Waffenklirren und keine Fremden. Wir haben nicht einmal gesehen, wie Fafnir und Regin die Halle verließen und davongeritten sind. Wir waren alle wie versteinert und mit Ketten gefesselt. Vielleicht ist es den beiden ähnlich ergangen.« Während Heriman redete, kroch Regin zwischen den dichten Blaubeerbüschen zu einer großen Eiche und versteckte sich hinter ihrem dicken Stamm. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals, und seine Hände zitterten in ängstlicher Erwartung der Worte, die alle seine schrecklichen Träume Wirklichkeit werden ließen.
    »Aber sie haben es getan! Er war unser Herr und ihr Vater. Die beiden haben ihn umgebracht. Selbst wenn sie verzaubert waren, sollten sie zurückkommen, sich unserem Urteil stellen und berichten, was geschehen ist. Und das würden sie tun, wenn sie wirklich unschuldig wären«, rief Wulgeir.
    Heriman richtete den Blick nachdenklich auf den Wegrand. »Schon möglich«, murmelte er, »aber wir wissen nicht, was diese unheimlichen Wanderer mit ihnen getan haben. Vielleicht haben sie den Verstand verloren und irren durch den Wald... bis sie tot umfallen. Wir müssen sie finden und sehen, was wir für sie tun können.«
    »Hast du das gehört?« fragte Klodwig und zuckte zusammen, als es im Unterholz knackte. Er rieb sich mit einer Hand sein entzündetes Auge, während er mit der anderen in das Heidelbeergestrüpp deutete. Er mußte niesen und wischte sich die Nase am Ärmel ab. »Ich höre nur dein ständiges Niesen«, brummte Wulgeir, »du bist heute völlig durcheinander. Wenn ein Kaninchen aus dem Busch hüpfen würde, würdest du davonrennen und schwören, ein wilder Eber habe dich angegriffen.« Sie gingen weiter und verschwanden bald zwischen den Bäumen.
    Wulgeir sagte noch etwas, aber er war bereits zu weit entfernt, und Regin konnte ihn nicht mehr verstehen. Er legte zitternd die Arme um sich und weinte leise um alles, was er verloren hatte. So blieb er bis zum Einbruch der Dunkelheit sitzen.
    Als es Nacht geworden war, verließ Regin sein Versteck und ging stumm den Weg entlang. Wachsam lauschte er auf jedes menschliche Geräusch, um rechtzeitig davonlaufen zu können. Kleine Tiere raschelten im abgefallenen Laub. In der Ferne hörte er den Ruf einer Eule. Regin unterdrückte einen Aufschrei, als vor ihm etwas Dunkles aus den Büschen auftauchte und über den Weg huschte, aber es war nur ein Fuchs mit einer zappelnden Beute im Maul. In der Nähe der Halle mußte er langsamer gehen. Er duckte sich schutzsuchend zwischen Bäumen und Gestrüpp. Die Strahlen der Mondsichel ließen die Speerspitzen und ledernen Brustpanzer der Wachen vor dem Tor silbern glänzen. Mehr Bewaffnete als üblich standen vor dem Tor und sprachen leise miteinander. Regin konnte die Worte nicht verstehen, aber das Entsetzen und die Empörung der Männer spürte er deutlich. Er wartete geduldig und beobachtete, wie der Mond seine Bahn am Himmel zog. Er wußte nicht, worauf er wartete, bis er Lofanheid aus der Halle kommen sah. Einer der Wachleute sprach mit ihr. Regin vermutete, daß er ihr seine Begleitung anbot. Lofanheids Erwiderung ließ den Mann laut auflachen. Sie deutete in einer Weise auf den Dolch an ihrem Gürtel, daß Regin ein kalter Schauer über den Rücken lief. Dann ging sie mit stolz erhobenem Kopf im silbernen Mondlicht um die Halle herum und in Richtung der Bäume, wo ihr Bruder wartete. Die dunklen Schatten auf ihrem Gesicht machten

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