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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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ist das Fest der Winternächte, und wir müssen jagen, damit wir genug Fleisch haben.«
    »Und was sollen wir tun ...«
    »Du wirst nichts tun. Du bist sein Blutsbruder. Es wäre nicht richtig für den König, einen solchen Eid zu brechen, denn dann würden dich alle Folgen treffen. Wenn es sein muß, dann soll die Schande, Sigfrids Mörder zu sein, auf mich fallen.«
    »Hagen... aber was ist mit Gudrun? Was soll mit ihr geschehen?«
    »Wenn sie sich beherrscht und geschwiegen hätte, müßten wir Sigfrid nicht töten. Wir werden sie wieder verheiraten. Außerdem bleiben ihr Sigfrids Sohn und seine Tochter als Trost.«
    »Müssen wir es wirklich tun?«
    »Wir müssen es tun. Ich werde nicht an meinen Eid und an meine Freundschaft zu Sigfrid denken, denn ich habe gesehen, was geschehen muß, als die Männer und Frauen in unserer Halle anfingen, miteinander zu reden...
    Folker ist zu mir gekommen und hat mir berichtet, was sie sagen.«
    »Wissen es schon alle?« fragte Gunter leise. Hagen nickte.
    »Dann bleibt uns keine andere Wahl.«
    »Mir bleibt keine andere Wahl. Du mußt und darfst nichts tun.«
    »Wie kann ich zulassen, daß du ihn tötest... für mich? Ich bin entehrt. Diese Tat muß ich vollbringen. Ein Mann muß seine Feinde selbst töten.«
    »Mord ist eine Tat, die kein Mann vollbringen soll. Aber ich habe in dieser Sache mehr getan, als dir bekannt ist. Jetzt muß ich den Preis dafür zahlen.«
    Gunter trat auf seinen Bruder zu und umarmte ihn. Zu seiner Überraschung spürte er das Kettenhemd nicht. »Wo ist dein Kettenhemd?«
    »Ich habe es Sigfrid geliehen.«
    »Er hat es zerrissen.«
    »Ich habe ihm gesagt, daß es zu klein ist. Ich habe noch eins.«
    »Sei vorsichtig.«
    »Das bin ich... immer.«
    Gunter wartete, bis er seinen Bruder in der Dunkelheit nicht mehr sehen konnte, dann kehrte er zu Brünhild zurück. »Willst du nicht das Fenster schließen?« fragte er leise. Sie gab keine Antwort. Er hatte den Eindruck, daß sie ihn nicht hörte, sondern in eine Welt blickte, die er nicht sah. Unglücklich und traurig ging Gunter in seine Halle zurück.

5
DER MORD
    Am nächsten Morgen stand Sigfrid im Morgengrauen auf, während Gudrun noch schlief. Das Licht der aufgehenden Sonne fiel durch die Fensterläden wie lange Lanzen. Gudruns Gesicht wirkte im Schlaf gelöst und weich. Sigfrid streckte sich und atmete die kühle Morgenluft ein. Er wußte nicht warum, aber er fühlte sich wohl und munter, als hätten ihn die Götter in ihrer Güte von der schweren Last seines Kummers befreit wie von dicken Eisenketten, die plötzlich von Händen und Füßen fallen. Er freute sich auf die Jagd. Sigfrid beugte sich über Gudrun und küßte sie sanft auf die Wange. Er deckte sie behutsam zu, damit sie nicht fror. Dann zog er seine einfache rote Tunika an und eine dunkle Hose. Auf die Schuhe verzichtete er, denn er wollte heute Hirsch und Keiler zu Fuß jagen und ungehindert laufen können. Aber er gürtete Gram um die Hüfte. Die Männer versammelten sich in der großen Halle. Noch warmes Brot und große runde Käse standen auf den Tischen, dazu Krüge mit frisch gemolkener Milch. Sigfrid brach sich einen halben Laib von dem knusprigen Brot ab und ein Stück von dem festen weißen Käse und fing bereits an zu essen, während er ans Ende der Tafel ging, wo Gunter und Hagen den beiden Jungen zu erklären versuchten, weshalb sie nicht mit auf die Jagd konnten, worüber sich Giselher und Gernot lustig machten.
    »Ihr seid noch zu klein«, sagte Hagen. Sigfrid sah unter Hagens schwarzer Tunika das metallische Glänzen eines Kettenhemds und überlegte, ob er sich bei Hagen dafür entschuldigen sollte, daß er sein Kettenhemd zerrissen hatte.
    »Ich bin nicht zu klein!« widersprach Sigmund. »Ich kann mit Pfeil und Bogen schießen... einem kleinen Bogen«, lenkte er ein, als er den Blick seines Vaters auf sich gerichtet sah. »Aber ich könnte bei jemandem mit im Sattel sitzen.«
    »Ich bin beinahe einen Winter älter als er«, erklärte Nibel, »ich könnte einen Wurfspeer tragen.« Er legte die kleine Hand um den Griff des Speers seines Vaters und führte vor, daß seine Finger bereits lang genug waren, um den Griff zu umfassen. Dann lächelte er Sigfrid hilfesuchend an und hoffte offensichtlich, ihn überreden zu können. Die Bienenstiche waren fast völlig von Gesicht und Armen verschwunden, aber die Dornen von Brombeeren hatten auf der weißen Haut deutliche Spuren hinterlassen. »Ich fürchte mich nicht vor den

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