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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Gudrun, »seine Frau zu sein, wie es die Sitten meines Volkes fordern und bestimmen. Dieser Schwur soll Frieden zwischen unseren Völkern stiften.«
    Dietrich und Hildebrand hoben den Hammer und schwangen ihn über Kuh und Stier. Attila schnitt den Tieren mit dem Schwert die Kehle durch, und Krimhild tauchte den Zweig einer Eiche in das Blut und besprengte damit ihre Tochter und den Hunnenkönig. »Jetzt seid ihr verheiratet«, ihre Stimme klang heiser und brüchig, »mögen die Götter euch und unsere Völker segnen. Möge diese Ehe euch Freude bringen.«
    Eine schwarze Wolke verdunkelte die Sonne, und Gudrun wußte, sie würde Attila nie lieben.

7
DIE HEXE
    Gudrun saß auf einer Bank an der Rückseite von Attilas Halle. Sie schloß müde die Augen, als die warmen Sonnenstrahlen des Spätsommers auf sie fielen. Langsam streckte sie die Beine aus und legte ihre Hände auf den Bauch. Sie hatte das Kind noch nicht gespürt, aber Gudrun wußte, daß es heranwuchs und mit jedem Tag mehr Kraft kosten würde. Deshalb war sie ständig müde und fror.
    »Attilas Kind...«, murmelte sie, und die Worte hinterließen einen bitteren Geschmack. Wie anders waren die Schwangerschaften mit Sigfrids Kindern gewesen. Eine frische Quelle schien damals in ihr zu fließen, trotz aller Beschwernisse, den geschwollenen Knöcheln und ihrer Unförmigkeit. Jetzt hatte Gudrun den Eindruck, in ihrem Leib einen Stein zu tragen, der sie in die Tiefe zog. Wie glücklich und froh waren Sigfrid und sie gewesen, als sie damals Tag um Tag verfolgten, wie Sigmund und Schwanhild heranwuchsen... Gudrun öffnete energisch die Augen und richtete sich auf. Sie durfte sich nicht gehenlassen und von der Vergangenheit träumen. Die Gegenwart zählte. Die Getreidesäcke mußten registriert und in die Vorratshäuser gebracht werden, ebenso Käse und Bier. Es war der jährliche Tribut, den die Drichten aus Attilas Reich
    geschickt hatten. Die Hunnen waren keine Bauern, sondern Krieger. Sie lebten von den landwirtschaftlichen Erträgen der unterworfenen Nachbarn. So gab es vor dem Winter immer viel zu tun. Gudrun war an diese Aufgaben gewöhnt, aber in Sigfrids Halle hatten alle Frauen geholfen und nicht nur die aus ihrem Haushalt. Die Frauen der Hunnen durften die Besitztümer der Halle und die Vorräte in den Lagerhäusern nicht verwalten. Hildebrand half ihr, wenn sie ihn darum bat, aber Gudrun wollte ihn nicht zu oft von seinen Pflichten abhalten, Dietrichs Krieger auszubilden. Ordnung und Verwaltung der Halle, das waren die Aufgaben der Frowe.
    Als Gudrun aufstand und sich das lange Gewand glattstrich, hörte sie zornige Rufe und erregte Stimmen. Zunächst achtete sie nicht darauf, denn bei Attila herrschte ein rauher Ton, aber dann glaubte sie deutlich, burgundische Worte zu hören, und eilte zum vorderen Tor.
    Die schrägen Sonnenstrahlen fielen durch die rot und gelb gefärbten Blätter auf Folkers helle Haare. Er saß auf seinem Apfelschimmel und blickte auf drei hunnische Wachen, die ihm den Weg versperrten. »Ich wiederhole: Laßt mich im Namen von König Gunter ein!« rief der Skop gereizt. »Wenn ihr gotisch nicht versteht, dann holt jemanden, der nicht so dumm ist wie ihr! Attila wird wohl kaum erfreut darüber sein, wenn ihr einen Boten seines Schwagers festhaltet, und Gudrun wird euch nicht loben, wenn meine Botschaft sie zu spät erreicht.« »Laßt ihn durch!« rief Gudrun den Wachen zu. Die Hunnen drehten sich um und schoben bei ihrem Anblick die gezogenen Schwerter in die Scheide. Gudrun lächelte Folker an. Eine Welle des Heimwehs überkam sie. Schnell wischte sie die Tränen aus den Augen und rief: »Sei willkommen, Folker. Ich hoffe, du bringst gute Nachrichten.« Aber sie rechnete mit dem Schlimmsten, denn Folker kam in schwärzer Trauerkleidung, ohne Gold an Armen und Händen. Nur eine einfache Silbernadel verschloß seinen Umhang. »Ich würde dir gerne eine bessere Nachricht bringen«, erwiderte er und ritt auf sie zu. »Gudrun, deine Mutter liegt im Sterben. Sie schickt mich zu dir, damit du vor ihrem Ende noch zu ihr kommst.«
    Die Nachricht traf sie wie ein Faustschlag, und für einen Augenblick blieb ihr die Luft weg. Folker sprang vom Pferd, einer der Hunnen nahm es ihm ab, und Gudrun lehnte sich schutzsuchend an ihn.
    »Komm in die Halle«, sagte sie leise, »damit du auch Attila die Nachricht überbringen kannst.« Gudrun hatte schon bei ihrer Hochzeit gespürt, daß ihre Mutter nach der Fahrt in den Norden sehr gebrechlich

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