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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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verabschiedet.«
    Ohne die anderen zu beachten, lief Hagen an Gudruns Seite voraus zu Gunters Halle. Er half ihr nicht beim Absitzen und versuchte auch nicht, die Zügel zu halten. Ein Knecht stand bereit, um ihr Pferd zu versorgen.
    »Geh zu ihr. Ich muß Costbera holen.«
    »Warum das? Sie war doch nie Krimhilds Freundin.«
    Gudrun war erschöpft, nur mit eisernem Willen zwang sie sich, der Schwäche nicht nachzugeben.
    »Krimhild will es so. Sie möchte, daß wir drei heute nacht bei ihr wachen, während Gunter in der Halle seine königlichen Pflichten erfüllt.« Hagen drehte sich um und lief durch den Garten hinunter zum Fluß, während Gudrun die Halle betrat. Es war noch nicht dunkel, aber die Halle erstrahlte in ungewohnter Helligkeit. Die Knechte entzündeten Fackeln und Kerzen, bis jeder Raum und jeder Gang im künstlichen Licht strahlte. Die meisten Männer und Frauen trugen das Kreuz der Christen um den Hals; und während Gudrun zu den Gemächern ihrer Mutter eilte, hörte sie
    das leise Gemurmel lateinischer Gebete wie das ängstliche Rascheln von Mäusen im trockenen Laub. In Krimhilds Kammer waren die Läden geschlossen. Nur eine Kerze flackerte in der Dunkelheit. Gudrun glaubte im ersten Moment, das Bett sei leer. Dann bewegte sich etwas, und sie sah, daß die Augen ihrer Mutter auf sie gerichtet waren. Krimhilds Haut spannte sich straff über den spitzen Wangen. Der Arm, den sie zur Begrüßung ihrer Tochter hob, war bleich und knochig wie bei einem Skelett. Die Hand, die schlaff auf das Bett zurücksank, war wie die Kralle eines winzigen Vogels.
    »Komm näher, Gudrun«, flüsterte Krimhild, »warum kommst du erst jetzt?«
    »Attila bestand auf einem Gefolge und Wagen für meine Mägde. Deshalb hat die Reise so lange gedauert. Ich bin froh, daß ich nicht zu spät komme. Sag mir, was ich für dich tun kann, und ich werde es tun.«
    »Ich werde noch heute nacht sterben. Daran kannst auch du nichts ändern«, erwiderte Krimhild und lächelte kalt, »ich kenne den Preis für mein Wirken, und ich bin bereit, ihn zu bezahlen. Ich habe meine letzte Kraft erschöpft mit dem Trank, den ich dir in Dänemark gegeben habe. Jetzt darf ich nicht länger im Ring von Mittelerde weilen.« Sie schwieg und atmete so unmerklich, daß Gudrun fürchtete, sie werde sofort sterben. Sie griff nach den Händen ihrer Mutter, Krimhild zuckte zurück. »Du kannst mir helfen, den
    Weg meiner langen Reise leichter zu finden. Öffne die Truhe neben meinem Bett. Nimm die schwarze Flasche heraus. Sie ist fast leer. Gieße den Rest in einen Krug mit rotem gallischen Wein. Achte darauf, daß kein Fremder davon trinkt, und versenke den Krug später im Rhein.«
    »Soll ich dir Gift geben, Mutter?«
    »Was ist Gift, mein Kind? Es tötet den einen und verhilft dem anderen zum Leben.«
    Gudrun erstarrte, denn was sie zuerst für Keuchen hielt, war das heisere Lachen ihrer Mutter. Aber dann mußte Krimhild husten und flüsterte: »Keine Angst, ich bin an diesen Trank gewöhnt. Er macht mich stark für das Ende und nimmt mir die Schmerzen.«
    Krimhild schloß die Augen und schwieg. Gudrun wußte, ihr blieb keine andere Wahl. Sie mußte sich dem Willen ihrer Mutter beugen.

    *

    Die Glocken läuteten zur Abendmesse. Costbera legte das goldene Kreuz, den Rosenkranz und das seidene Tuch für den Gottesdienst in den Gürtelbeutel, hüllte sich in ihren Umhang und wollte gehen. Plötzlich stand Minne mit gesträubtem Fell vor ihr. Sie hatte Gudruns Katze gegen den Willen von Hagen zu sich genommen, als Gudrun nach Sigfrids Tod spurlos verschwunden war und die Katze jämmerlich miauend in der Kammer saß, in der Gudrun und Sigfrid geschlafen hatten. Bald war die Katze für sie wie ein Schutz vor Hagen geworden, denn er verabscheute Minnes Nähe. Costbera bückte sich und streichelte sie, aber die Katze versperrte ihr hartnäckig den Weg.
    Lächelnd nahm sie Minne auf den Arm. In diesem Augenblick ging die Haustür auf, Minne fauchte, und Hagen kam herein. Costbera wollte an ihm vorbeigehen, aber er hielt sie auf. »Komm mit mir. Gudrun ist angekommen, und unsere Mutter will, daß wir, Gudrun, du und ich, in ihrer letzten Stunde bei ihr sind.«
    Costbera versuchte, die Katze zu beruhigen, und streichelte sie sanft. »Warum ich? Wir haben uns nie nahegestanden...«
    »Ich weiß nicht, warum sie dich rufen läßt. Aber sie liegt im Sterben. Komm mit!«
    Costbera nickte und setzte Minne auf den Boden. Als Hagen die Tür öffnete, sprang sie an ihm

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