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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Schwäne waren große schwarzhaarige Frauen. Die dunkle Haut und das lange schwarze Haar schimmerten im grauen Licht des Morgens, als sie geräuschlos in das eiskalte Wasser glitten. Sie tauchten auf und wieder unter, blickten nach Osten, wo die aufgehende Sonne, die Wolken blutrot färbte. Hagen legte vorsichtig Mantel und Kettenhemd in den Schnee und streifte die Schuhe ab. Dann sammelte er seine Kraft.
    Mit wenigen Sätzen war er draußen auf dem Felsen und hob alle drei Federkleider auf. Die Schwanenfrauen starrten ihn fassungslos an und stießen einen lauten Klageruf aus. Die dunklen Hälse und Brüste hoben sich deutlich von dem grauen Wasser ab. Hagen wartete, bis sie verstummten.
    »Ich werde euren Federkleidern nichts tun«, sagte er, »beantwortet mir nur meine Fragen, dann gebe ich sie euch zurück.«
    »Was willst du wissen?« fragte eine der Schwanenfrauen und schwamm näher. Sie legte die Arme auf den Felsen und sah ihn an, »wir sagen dir, was du wissen möchtest.«
    »Aber es gibt Dinge, die wir nicht verraten dürfen«, erklärte eine ihrer Schwestern mit bebender Stimme. Die dritte schwieg, sah aber Hagen zornig an. Ihre dunklen Augen funkelten wie schwarz glänzender Stein.
    »Ich weiß, was du fragen möchtest«, erwiderte die Schwanenfrau am Felsen. »Wenn du mir mein Federkleid zurückgibst, werde ich dir sagen, was euch im Land der Hunnen erwartet.«
    »Das würde ich gerne wissen.«
    Hagen nahm ein Federkleid vom Arm. Es war so leicht, daß er nur die Wärme, nicht aber das Gewicht spürte.
    »Ihr werdet Attilas Land erreichen«, sagte die Schwanenfrau, als er ihr das Federkleid gegeben hatte. »Ich schwöre dir, du wirst dort große Ehre und Ruhm erringen. Du mußt keine Angst um dich und die Männer haben, die dich begleiten.«
    Bei den letzten Worten zog sie die Federn über sich. Die Schwanenflügel bespritzten Hagen mit eiskalten Tropfen, als sie sich in die Luft erhob und über ihren Schwestern kreiste.
    »Muß ich noch etwas wissen?« fragte er die beiden anderen, die vor ihm im Wasser schwammen. Die Frauen sahen sich kurz an, dann preßte die eine fest die Lippen zusammen und schüttelte energisch den Kopf. »Offenbar doch. Sagt es mir oder schwört, daß auf dieser Reise meinem Bruder Gunter und mir keine Gefahr droht, und ich werde euch die Federn zurückgeben.«
    Die beiden Köpfe verschwanden geräuschlos im Wasser. Es wurde hell. Als Hagen zu dem schwarzen Schwan blickte, der über ihm kreiste, sah er schon den blauen Himmel hinter den Wolken. So lautlos wie sie untergetaucht waren, glitten die Köpfe und Schultern wieder aus dem Wasser. »Ich möchte dich warnen, Hagen, Sohn der Krimhild«, rief die eine, »unsere Schwester hat dich belogen, um ihr Federkleid wiederzubekommen. Wenn ihr das Land der Hunnen erreicht, wird euch dort großes Unheil widerfahren. Bleibt hier... noch ist es Zeit. Denn Attila hat euch aufgefordert zu kommen, damit ihr dort den Tod findet. Alle, die seiner Einladung folgen, werden sterben.«
    »Der König wird mir nicht glauben, wenn ich ihm sage, daß wir im Land der Hunnen sterben müssen. Aber ich glaube dir, und du mußt mir nicht mehr sagen.«
    Er gab der zweiten das Federkleid. Sie warf es sich über und flog sofort zu ihrer Schwester. Hagen sagte zu der dritten: »Wenn du mir nichts mehr zu sagen hast, dann möchte ich dich nicht länger quälen. Nimm deine Federn und lebe wohl.«
    Die Schwanenfrau stieg aus dem Wasser. Die Kälte, die seine Füße wie taub machte, schien ihr nichts anzuhaben. Sie trat ohne Scheu vor ihn hin und sah ihn furchtlos an, als er ihr das Federkleid gab. Sie fragte ihn: »Warum möchtest du nichts von mir wissen?«
    »Weil ich alles erfahren habe, was ich wissen muß. Es sei denn, du kannst mir sagen, wie sich das unheilvolle Schicksal abwenden läßt.«
    »Bleib hier.«
    »Gunter hat seine Entscheidung getroffen. Was ich auch sagen werde, stößt bei ihm auf Ablehnung. Er wird behaupten, ich sei feige. Wenn du mir nicht raten kannst, wie wir uns schützen sollen, dann muß ich nichts mehr wissen.«
    »Wer von euch die Donau überquert, muß sterben. Daran kann weder ich noch du etwas ändern. Du hast dein Schicksal selbst bestimmt, als du Andvaris Ring an den Finger gesteckt hast.«
    »Dann muß sich das Schicksal erfüllen.« Er drehte sich um und wollte gehen.
    »Warte, Hagen!« rief die Schwanenfrau. »Ich möchte dir noch etwas sagen.«
    Hagen drehte sich um. »Was muß ich noch wissen?«
    »Hagen, das Schicksal

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