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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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will, daß Gunter fällt, aber für dich gibt es noch einen Ausweg.« Sie hob die Hand und deutete auf sein Herz. »Du bist ebensowenig an die Erde gebunden wie ich, wenn du nicht gebunden sein möchtest. Das weißt du auch. Dein Platz ist nicht bei den Menschen, und du hast das letzte Band bereits zerschnitten, das dich an sie bindet. Da du Sigfrid getötet hast, wird kein Mann dein Freund sein, keine Frau dich mehr lieben.«
    Hagen dachte bitter an die Worte seines Bruders und schüttelte unwillig den Kopf.
    »Die Raben sollen dein Herz nicht in einem fremden Land fressen. Du gehörst zum Rhein, und du mußt hierbleiben. Deshalb rate ich dir:
    Wirf Andvaris Ring in den Fluß. Dann wird sich dein Schicksal nicht erfüllen, und du kannst mir folgen.«
    Ihre schwarzen Augen und ihre Worte erfüllten ihn gleichzeitig mit Schmerz und mit Freude. Er spürte die Kälte nicht mehr, denn die Sehnsucht nach der anderen Welt erfaßte ihn wie ein warmer Sommerwind. Die dunklen Augen der Schwanenfrau versprachen ihm alles, wonach er sich in den vielen langen Nächten am Fluß gesehnt hatte.
    Aber Gudrun hatte ihn vor ihrer Hochzeit umarmt, und Gunter hatte ihm nicht nur sein Leben, sondern auch seine Ehre anvertraut. Hagen schüttelte gequält den Kopf. »Mein Platz ist an der Seite meines Bruders. Wenn er auf diesem Weg sterben muß, dann muß ich bei ihm sein.«
    »Du bist dumm«, sagte die Schwanenfrau traurig, »der Tag bricht an, und ich muß gehen. Meine Schwestern werden ungeduldig, und ich kann nicht länger auf dich warten. Solange du lebst, wirst du mich nicht wiedersehen.«
    Hagen stand stumm auf dem Felsen, sah, wie sie die schwarzen Federn überstreifte und sich in die Luft erhob. Der eiskalte Wind ihrer Schwingen blies ihm ins Gesicht. Sie kreiste einmal über seinem Kopf, stieß einen heiseren Schrei aus und folgte ihren Schwestern nach Osten.

    *

    Der Mittag war bereits vorüber, als sich die burgundischen Krieger am Südtor von Worms versammelten, um über den Rhein zu setzen. Hagen hatte in Gunters Halle dafür gesorgt, daß sie mit Waffen und Rüstungen, mit Proviant und allem, was sie auf dem Zug in Attilas Land brauchen würden, gut ausgerüstet waren. Sein Bruder sprach wenig, vermutlich hatte er nicht nur unter den Nachwirkungen des Weins zu leiden.
    Erst als Hagen und Gunter zu den Stallungen gingen, um ihre Pferde zu holen, fragte Gunter: »Wo sind deine Söhne? Nibel und Alfarik sind doch alt genug, um mit uns zu reiten.«
    »Alfarik ist noch vom Fieber geschwächt und würde uns nur behindern. Nibel lasse ich zurück.«
    »Warum?«
    »Weil ich ihm vertraue.«
    Hagen zog das Kettenhemd vom Hals und zeigte Gunter, daß die Schlüsselkette nicht mehr dort hing. »Hagen... du glaubst, wir werden nicht lebend zurückkommen?«
    Hagen schwieg.
    »Gladis hatte einen merkwürdigen Traum. Sie sah eine Meute blutgieriger Hunde, die einen Keiler bei lebendigem Leibe zerfleischten. Dann erschienen Frauen mit gesenkten Köpfen und sagten zu ihr, sie seien gekommen, um mich abzuholen. Gladis wußte, es sind meine Idisen, und ich bin unsicher, was dieser Traum wohl zu bedeuten hat.«
    Gunter blickte nachdenklich auf das Stroh im Stall. »Hagen... du mußt mich nicht begleiten. Ich habe dich gestern durch mein Verhalten dazu gezwungen, aber jetzt meine ich, es sei besser, wenn du hierbleibst und dich um alles kümmerst. Bestimmt werde ich lange wegbleiben, und das Reich darf nicht sich selbst überlassen sein.«
    »Ich habe bereits erklärt, daß ich mitkommen werde. Wer soll dich in der Nacht schützen, wenn nicht ich? Wer soll dir sagen, wie die Hunnen ihre Feinde angreifen? Wer soll dich vor ihnen warnen? Du bist der König. Du hast die Entscheidung getroffen, und wir haben darauf getrunken, und ich muß Gudrun den Ring zurückgeben.« Er hob die Hand, und Gunter sah den Drachenring an seinem Finger. »Ich kann noch immer kaum glauben, daß sie ihn uns geschickt hat. Was meinst du, lebt sie noch?«
    »Sie hat die Botschaft unterzeichnet. Wir werden mehr erfahren, wenn wir dort sind.« Gladis, Costbera, Hagens Söhne und die Burgunder, die nicht mitkommen würden, warteten im Hof, als Gunter und Hagen mit ihren Pferden aus dem Stall kamen. Der grauhaarige Rumold, in dessen Händen die Verantwortung für Worms lag, trat vor. »Wir alle sind mit Kummer und Sorge erfüllt, daß du in Attilas Land ziehst. Womit können wir erreichen, daß du von diesem Vorhaben abläßt? Du weißt sehr wohl, daß man Attila nicht

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