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Rheinmaerchen

Rheinmaerchen

Titel: Rheinmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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die Stunden schleichen,
Und ich sehne mich zur Flut,
Wo dein liebes Ameleychen
Mit den andern Kindern ruht.
    Sieh, ihm fehlen dort Bekannte,
Und es wird gar blöde sein;
Aber ich hab viel Verwandte
In dem alten grünen Rhein.
    Ameleychen will ich lehren,
Wie es sich verhalten muß;
Lasse drum mich wiederkehren
Zu dem Kinde in den Fluß.
    Wenn ich Ameleychen finde
Und es ist gesund und rot,
Komm ich wieder her geschwinde,
Bringe Trost dir in der Not.
    Wenn ich es gestorben finde,
Leg ichs in ein Marmorgrab;
Halt von deinem blonden Kinde
Alle bösen Hechte ab.
    Sonntag früh komm du gegangen
Auf die Stelle an den Rhein,
Wo das Kind mich hat gefangen,
Rufe nur dem Goldfischlein.
    Und sogleich ich zu dir schwimme
Durch die grüne Flut geschwind,
Und dir saget meine Stimme
Von dem blonden lieben Kind.
    »Ach Goldfischchen! Goldfischchen!« sagte Marzibille, »du bist doch gar zu treu und gut; gleich will ich dich in den Rhein tragen; ach! wenn es möglich wäre, daß Ameleychen noch lebte, daß ich es jemals wiedersähe, – aber ich möchte ihm doch etwas mitschicken: ein weiß Hemdchen, Halstuch und Strümpfe und sein Sonntagsröckchen; kannst du ihm das wohl bringen?« – »O ja,« sagte der Goldfisch:
    Leg nur einen Stein hinein,
Wirf es nach mir in den Rhein.
    Und nun packte die gute Marzibille ein schön Hemd, Strümpfe und das Sonntagsröckchen und ein Paar schöne neue rote Schuhe zusammen und legte ein Zettelchen dazu, darauf stand:
    Lebst du noch,
So bete fromm;
Bist du tot,
In Himmel komm;
Bitt die lieben Engelein,
Daß auch ich bald komm hinein;
Dieses ist der einzge Wille
Deiner treuen Marzibille.
    Und nun trug sie schnell das Fischlein mit dem Glas an den Rhein, warf es mit einem Lebewohl hinein und dann das Bündelchen, und rief ihm noch tausend Grüße hintennach an das blonde Ameleychen und ging hoffnungsvoll nach Haus.
Von der Gesandtschaft Weißmäuschens zum Rattenkönig und Prinz Mausohr nach Trier und deren Kriegszug.
    Nun aber müssen wir uns auf den Weg machen und dem Weißmäuschen nachlaufen, damit wir erfahren, ob es Wort hält und was für Mittel es ergreift, die armen, verhungerten Leute in der Stadt zu erretten. Zuerst lief es bis nach Bingen, wo die Insel im Rhein liegt, und ließ sich von einer Wasserratze über den Fluß nach der Insel bringen. Da war nun eine große Freude unter den vielen Freunden und Anverwandten, die es da hatte, und jeder wollte ihm eine Ehre antun; denn Weißmäuschen war von hohem Adel, wie die weißen Mäuse alle sind.
    Da Weißmäuschen hörte, daß der Rattenkönig sich nicht mehr auf der Insel aufhalte, sondern in Trier sei, nahm es bald von seinen Freunden Abschied und begab sich schleunigst nach Trier, mit dem Rattenkönig zu sprechen.
    Es war mitten in der Nacht, als es in dieser wundervollen alten Stadt ankam. Es hatte auf der Insel erfahren, daß die Königin in einem prächtigen Tempel begraben liege, der drei Kirchen übereinander enthielt, und in der untersten sei das Grab, und darauf das Haus des Rattenkönigs. Es lief also so lange in der Stadt herum, bis es die hohe schöne Kirche erblickte. Bald hatte es ein Loch gefunden, wodurch es in die Kirche konnte, und sogleich lief es die schönen marmornen Treppen hinab, die so weiß waren wie es selbst, und befand sich in einer schönen Kapelle, in deren Mitte das silberne Grabmal des Prinzen Rattenkahl und seiner Mutter bei dem Schein von vier großen alabasternen Lampen herrlich glänzte.
    Als Weißmäuschen rings um das Grabmal herumlief, fand es eine silberne Wendeltreppe, durch welche es auf die Höhe des Grabmals kam; hier lag der Prinz Rattenkahl und seine Frau Mutter der Länge nach aus Gold gegossen, ganz natürlich, als wenn sie schliefen; über ihnen war eine silberne Laube mit goldenen Blättern, voller Blumen und Früchte von allerlei bunten Edelsteinen, daß es heller flimmerte als der volle Sternenhimmel; und dieses war die Wohnung des Rattenkönigs, der auf einem schwarzen Samtkissen, das in dem Schoße der goldnen Königin lag, eben sanft schlummerte. Aus der einen Hand der Königin pflegte er zu fressen, und in ihrer andern Hand hatte sie einen Becher, aus dem er trank.
    Als Weißmäuschen mitten in dieser Herrlichkeit stand, dergleichen es niemals gesehen, ward es von dem Glanze ganz berauscht und wußte nicht, auf welche Art es den schlafenden Rattenkönig wecken sollte. Aber eine goldene Harfe lag zu Füßen der Königin, weil sie sehr dies Saitenspiel zu ihrer Lebzeit geliebt, und da

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