Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)
hervorzog.
»Ach ja, eine wichtige Nachricht habe ich noch. Die Gärtnerei, in deren Gewächshaus wir Karstensen gefunden haben, hat uns versichert, niemals eine Rafflesia angepflanzt zu haben. Die kannte diese Pflanze gar nicht.«
»Na bitte«, meinte Kohler. »Damit steht wohl fest, dass der Mörder sie mitgebracht und vor Ort hinterlassen hat.«
»Nicht nur das, Reinhard. Der Mörder hat sich sogar die Mühe gemacht und hat sie dort eingepflanzt. Zumindest hat er so getan. Denn wie wir gerade gehört haben, hat sie ja noch nicht einmal eine Wurzel. Er dachte wohl, dass es uns dann weniger auffallen würde und die Pflanze ja nach ein paar Tagen sowieso verwelkt sei.«
»Was ihm ja auch beinahe gelungen wäre«, bestätigte Freitag.
Seeberg nickte. »Stimmt. Und was haben Sie im Hotel herausgefunden?«
»Genau wie Sie vermutet hatten. Auch dort konnte sich niemand an diese Pflanze erinnern. Aber solch einen stinkenden Blumenschmuck würden sie ganz sicher nicht ihren Gästen zumuten.«
Kohler seufzte. »Wie gehen wir jetzt weiter vor, Klaus?«
»Wir müssen herausfinden, was die beiden Opfer in Verbindung zu der Blume bringt. Vielleicht waren es Hobbygärtner oder Blumenliebhaber. Freitag, Sie kontrollieren, ob einer der Namen auf der Liste von Frau Karstensen vielleicht ein Florist oder Hobbygärtner ist.«
»Okay.«
»Und Sie, Ammer, Sie rufen Karstensens Frau an. Finden Sie heraus, ob ihr Ehemann mal in Asien war oder sie sonst was mit dieser Blume anfangen kann. Finden Sie heraus, welche Gärtnereien diese Pflanzen verkaufen. Vielleicht gibt es Listen von Händlern. Irgendwoher muss sie unser Täter ja bezogen haben.«
Ammer nickte.
»Und ich kümmere mich morgen um Frau Pogatetz und statte ihr einen Besuch ab.«
»Morgen ist schlecht, Klaus.«
»Warum?«, wunderte sich Seeberg und wand sich zu seinem Kollegen Kohler. »Was ist morgen?«
»Wir haben die Leiche von Ferdinand Karstensen freigegeben. Morgen ist dessen Beerdigung.«
»Noch besser. Dann können wir direkt Frau Karstensen fragen und uns ein wenig umschauen, wer alles vor Ort sein wird.«
Kohler schien wenig begeistert und legte Seeberg eine Hand auf die Schulter, so dass die anderen nicht mithören konnten, was er ihm sagte.
»Ich halte das für keine gute Idee, Klaus.«
»Was spricht denn dagegen?«
»Na ja, erstens ist es die Beerdigung ihres Mannes.«
»Ach, sie trauert ja anscheinend nicht um ihren Mann. Ich denke nicht, dass es ihr etwas ausmachen wird.«
»Und zweitens, weiß ich nicht, ob es für dich gut ist.«
»Für mich?«
»Willst du … ich meine, denkst du, dass du es schaffen wirst?«
»Was meinst du?«
»Na, die Beerdigung. Der Friedhof. Die Erinnerungen.«
Erst jetzt verstand der Kommissar die Einwände seines Kollegen. Es ging um Lauras Beerdigung.
»Reinhard, also wirklich.« Seeberg rang sich ein Lächeln ab und befreite sich von Kohlers Arm. »Ich war schon auf etlichen Beerdigungen.«
»Ich meine ja nur. Lauras Beerdigung ist noch nicht so lange her. Denkst du wirklich, dass du das tun solltest?«
Seeberg lächelte noch immer, doch tief in seinem Inneren wusste er, dass er sich selbst keine ehrliche Antwort auf diese Frage geben konnte.
16.
Die Regentropfen prasselten unaufhörlich herab und perlten über das polierte Holz des Sargs. Es hatte die ganze Nacht und den ganzen Morgen durch geregnet. Nun stand die Trauergesellschaft bis zu den Knöcheln im Matsch und hoffte, dass sich die Trauerrede nicht zu sehr in die Länge zog. Der Pfarrer tat ihnen den Gefallen. Keine zehn Minuten später ließen die vier schwarz gewandeten Männer den Sarg an Tauen langsam hinunter in das dunkle Loch gleiten. Viele Trauergäste hatten Kränze für Karstensen niedergelegt, auf denen sie ihr Beileid bekundeten. Die ganze Zeremonie flog an Seeberg vorbei. Er hatte kaum Augen für die Personen, die sich nach und nach um das offene Grab sammelten und der Witwe ihr Beileid bekundeten. Zu sehr schoben sich die Bilder von Lauras Beerdigung vor sein inneres Auge.
Genau, wie es Kohler vermutet hatte.
Der Kommissar versuchte sich nichts anmerken zu lassen, doch die Erinnerungen waren zu stark und die Bilder zu ähnlich. Das schwarze Loch, in das seine Tochter hinabgelassen wurde, um nie wiederzukehren. Der Pfarrer, der irgendetwas zu ihm sagte, ohne dass er auch nur ein Wort davon wahrnahm. Helena hatte noch am gleichen Abend die Stadt verlassen und war nach Göteborg zu ihrer Cousine geflogen. Erhatte sie sogar noch zum
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