Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)
Flughafen gefahren und ihr das Ticket gekauft. Es war das letzte Mal, dass er sie gesehen hatte.
»Schau mal, wer auch da ist.«
Kohler stieß ihn leicht mit dem Ellenbogen an und deutete mit einem Nicken zu einem Mann, der unter einem Baum Schutz vor dem Regen gesucht hatte.
»Kollege Pfeifer.«
Seeberg sah seinen alten Partner an. »Ich war gestern bei ihm. Sein Name steht auf der Liste, die uns Michelle Karstensen ausgehändigt hat.«
»Das hättest du mir sagen müssen.«
»Wollte ich ja, aber dann waren Bornemann und Pinnow im Büro, und danach hatten wir keine Zeit mehr.«
Kohler schüttelte den Kopf. »Keine Zeit mehr. Blödsinn.«
»Tut mir leid.«
»Denkst du, er steckt da irgendwie mit drin?«
»Das werden wir herausfinden. Aber so wie ich Pfeifer kenne, hat er sich gut abgesichert.«
»Du trägst ihm immer noch diese alte Geschichte nach?«
»Reinhard, dieser Kerl hat definitiv Dreck am Stecken. Du müsstest mal die teuren Möbel in seiner Wohnung sehen.«
Kohler deutete zu einer weiteren Person, die soeben der Witwe ihr Mitleid aussprach.
»Na, sieh einmal an, Herr Staatsanwalt gibt sich auch die Ehre. Was hat der denn hier verloren?«
»Der wittert bestimmt wieder nur die Presse. Wenn irgendwo eine Kamera klickt, steht er doch immer parat.«
Zum Regen setzte nun noch ein heftiger Wind ein. Der Friedhof leerte sich schnell. Schließlich standen nur noch die Witwe und der Pfarrer beieinander und redeten unter einem großen Regenschirm. Die beiden Polizisten gingen die wenigen Meter zu der jungen Witwe hinüber. Der Pfarrer verabschiedete sich, und sie waren allein mit Michelle Karstensen. Trotz der Trauerkleidung wirkte sie attraktiv.
»Frau Karstensen, mein Name ist Klaus Seeberg von der Kripo Fulda, und das ist mein Kollege Reinhard Kohler. Wir möchten ihnen ebenfalls unser Beileid aussprechen.«
»Danke.«
»Wir hätten noch ein paar Fragen an Sie.«
»Aber ich habe Ihren Kollegen doch schon alles gesagt, was ich weiß.«
»Richtig. Aber wir stecken mitten in den Ermittlungen, und da tauchen immer wieder neue Fragen auf.«
»Bin ich verdächtig, weil ich nun das Haus und eine Menge Geld erbe?«
»Momentan ist jeder verdächtig, der ein Motiv hat.«
»Na, wenigstens sind Sie ehrlich. Aber ich muss Sie enttäuschen. Ich habe Ferdi wirklich nicht sonderlich gemocht. Aber umbringen? Nein, dazu wäre ich nicht fähig.«
»Es geht uns zunächst auch nur um einige Spuren, die uns vielleicht zum Täter führen könnten. Und dafür benötigen wir Ihre Hilfe.«
Michelle Karstensen zögerte, dann nickte sie. »Also gut, wenn es unbedingt sein muss. Meinetwegen.«
»Danke«, antwortete Seeberg. »Hatte Ihr Mann eine besondere Beziehung zu Blumen, oder war er vielleicht Hobbygärtner?«
»Hobbygärtner?« Michelle Karstensen musste unweigerlich lachen.
»Nein. Mein Mann hat mir während unserer Ehe nicht eine einzige Blume mitgebracht. Er konnte wahrscheinlich nicht mal eine Rose von einer Butterblume unterscheiden.«
»Ist Ihr Mann jemals in Asien gewesen? Sumatra, Thailand?«
»Thailand, ja. Dort war er mal beruflich. Ferdi war nach dem Tsunami 2004 mit einigen anderen Kollegen vor Ort. Danach ist er noch zwei-, dreimal dort gewesen.«
»Was genau war sein Aufgabengebiet dort?«
»Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ferdi hat nie viel über seine Arbeit geredet. Er hat mir immer nur gesagt, dass er wegmüsse und er in ein paar Tagen wieder zurück sei. Es hat mich ehrlich gesagt auch nie sonderlich interessiert. Ich war froh, wenn er weg war.«
»Danke, Frau Karstensen, das genügt uns schon. Haben Sie herzlichen Dank.«
Die Witwe wand sich ab und ging schnellen Schrittes mit ihrem Regenschirm in Richtung des Ausgangs des Friedhofs. Die beiden Beamten standen nun alleine neben dem Grab. Sie schwiegen. Während Kohler versuchte, die Aussagen Michelle Karstensens zu sortieren und einzuordnen, starrte Seeberg in das Erdloch zu seinen Füßen. Viele der Trauergäste hatten einzelne Blumen hineingeworfen. Nelken. Tulpen. Rosen.
Er spürte einen Kloß in seinem Hals.
Laura hatte Rosen sehr gerne gemocht. Sie hatte sie getrocknet und in ihrem Zimmer aufgehängt.
Er schloss die Augen und bemerkte, wie er zitterte. Schnell öffnete er seine Augen und sah Kohler an. Sein Kollege sagte nichts, sondern legte ihm stattdessen seinen Arm um die Schulter.
17.
»Danke, Frau Pogatetz. Sie haben uns sehr geholfen.«
Seeberg legte den Hörer auf und schaute in die gespannten Gesichter
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