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Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)

Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rhönblut: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeno Diegelmann
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weiß, du bist noch vom Dienst freigestellt, aber ich dachte, ich melde mich direkt bei dir und warte nicht erst bis morgen. Auch der Chef meinte, wir sollen dich sofort anrufen.«
    »Mich? Warum?«
    »Wir haben hier eine Leiche. Männlich, Ende sechzig, vielleicht siebzig. Das Opfer wurde in einem Gewächshaus in einem Blumenhandel in Künzell gefunden, das momentan wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist.«
    Es entstand eine kurze Pause, in der niemand etwas sagte, erst dann fragte Seeberg nach: »Und weiter? Ich bin nicht mehr im Dienst, Reinhard. Also, was soll das? Du hättest mich doch nicht angerufen, wenn das alles gewesen wäre.«
    Kohler lachte. »Du hast recht. Also, pass auf, das Opfer war nackt und wurde mit mehreren Messerstichen geradezu entstellt.«
    »Ja und? Ich verstehe immer noch nicht, was ihr von mir wollt.«
    »Das will ich dir sagen. Vieles deutet darauf hin, dass der Täter sein Opfer vorab mit einem Pharmazeutikum bewegungsunfähig gemacht hat, bevor er es sexuell genötigt hat. Der Tote wurde anal traktiert.«
    Wieder folgte eine Redepause. Doch diesmal verstand Seeberg, warum man ihn noch vor Ablauf seiner Beurlaubung angerufen hatte.
    »Wie damals bei Joachim Pogatetz.«
    »Genau.«
    Seeberg ging in Gedanken den einstigen Tatortdurch. Er sah, wie das Opfer vor ihm lag, er konnte sogar noch den abscheulichen Verwesungsgestank wahrnehmen.
    »War wirklich alles so wie damals bei Pogatetz?«
    »Ja, alles«, pflichtete Kohler ihm bei. »Von der exakt zusammengelegten Kleidung neben dem Toten bis zu den typischen Verletzungen. Also, wie sieht’s aus?«
    »Wie sieht was aus?«, fragte Seeberg.
    »Hör mal, Klaus. Niemand hier kann sich auch nur im Geringsten vorstellen, was du in den letzten Monaten durchgemacht hast. Und ich hätte vollstes Verständnis dafür, wenn du sagen würdest, dass dir das am Arsch vorbeigeht und du nichts mehr von der Polizeiarbeit wissen möchtest. Aber wenn du wieder mitmachen willst, dann wäre jetzt der richtige Zeitpunkt. Sogar Bornemann und Pinnow wollen dich für diesen Fall zurück in den Dienst holen.«
    »Der Polizei-Vize und der Staatsanwalt? Ausgerechnet die beiden. Ich kann sie genauso wenig ausstehen wie sie mich.«
    »Stimmt. Aber wenn du den Fall knackst, können sie dich nicht mehr länger auf Eis legen.«
    »Sie suchen doch nur ein Bauernopfer, dem sie alles in die Schuhe schieben können, wenn die Sache schiefgeht.«
    Kohler atmete laut in den Hörer, bevor er antwortete.
    »Du weißt, wie dieses Spiel läuft, Klaus. Du bist lange genug dabei. Löst du den Fall, sind sie die großen Helden, weil sie dich zurückgeholt haben. Scheiterst du, haben sie ihren Sündenbock schon in der Hinterhand.«
    »Klingt für mich so, als gäbe es zu viele Haken an der Sache.«
    »Absolut. Und das war noch nicht alles. Du würdest offiziell zunächst nur als Berater des Teams und unter Vorbehalt arbeiten.«
    »Was? Du kennst mich, Reinhard. So was mache ich nicht.«
    »Ich weiß, es wäre ja auch nur offiziell. Inoffiziell leitest du das Team. Und wenn dein psychologisches Gutachten bestätigt, dass du wieder fit genug für den Dienst bist, bist du wieder an Bord.«
    »Welches psychologische Gutachten?«
    »Das, was du umgehend machen wirst. Das ist Vorschrift. Du kennst die Regeln.«
    Seeberg zögerte. Er wunderte sich selbst darüber, dass er nicht sofort ablehnte. Irgendwas in ihm ließ ihn aufhorchen und Gefallen an dem Gedanken finden.
    Entschuldige dich und sag ihnen, dass du das nicht kannst und dass dir das alles sonst wo vorbeigeht. Sie werden es verstehen, dachte Seeberg, dann stieg er zurück über die Brüstung.
    »Pogatetz … hm.« Er strich sich über seinen Dreitagebart.
    »Also, können wir auf dich zählen?«
    »Gut, ich mache mich direkt auf den Weg.«
    »Ich wusste es«, entgegnete der Polizist zufrieden. »Schön, dich wieder an Bord zu haben.«
    Seeberg brummte irgendetwas in den Hörer, was weder als Dank noch als Zustimmung zu deuten war. Dann schlug er den Kragen seines Mantels auf und lief im Schnellschritt über die Straße hinüber zurück zu seinem Wagen, den er dort abgestellt hatte. Dort angekommen, nahm er das Kuvert mit dem Abschiedsbrief von der Ablage und legte ihn auf den Beifahrersitz neben sich. Es stand nur ein Name darauf.
    Helena.
    Fast gleichzeitig schnitt der vorbeirasende Zug mit einem pfeifenden Geräusch die Luft entzwei und donnerte unter der Brücke hindurch in die Dunkelheit. Dann verließ Seebergs Wagen mit

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