Rhosmari - Retterin der Feen
allein. Neben ihr wurden die anderen Ältesten sichtbar und dann auch Lord Gwylan und Lady Arianllys und in Gruppen von zehn, zwanzig und hundert die Kinder des Rhys. Sie bildeten eine geschlossene Reihe vom einen Ende des Strands zum anderen, zahlenmäßig den beiden Armeen um das Doppelte überlegen.
Die Kinder des Rhys waren gekommen, um zu kämpfen.
»Nein«, flüsterte Rhosmari. Bevor Linde und Timothy sie daran hindern konnten, schrumpfte sie auf die Größe einer Eichenfee, sprang über den Rand der Klippe und breitete die Flügel aus, um nicht in die Tiefe zu stürzen. Sie landete auf dem Kies, fing sich, nahm wieder ihre eigentliche Größe an und rannte in die Richtung ihrer Mutter.
»Majestät!«, rief Lady Celyn. »Wie Ihr seht, sind wir Euch und Euren Gefolgsleuten zahlenmäßig weit überlegen. Ich biete Euch ein letztes Mal an, Euch zu ergeben.«
Jasmin blickte ihr unbewegt entgegen. Der Wind zerrte an ihren blonden Locken und ließ sie aussehen wie die tragische Heldin einer alten Sage. Dann spuckte sie hasserfüllt vor Lady Celyns Füßen in den Sand.
»Bleib zurück«, warnte Rob und trat Rhosmari in den Weg, die sich zwischen den Rebellen hindurchgedrängt hatte. »Du hilfst deinem Volk nicht, wenn du dich jetzt in Gefahr bringst.«
»Aber das ist meine Mutter«, erwiderte Rhosmari. »Ich muss mit ihr sprechen und ihr erklären …«
»Ich habe den Eindruck, sie versteht alles recht gut«, erwiderte Dorna. »Ich an deiner Stelle würde ihr das Feld überlassen.«
»Ihr werdet nicht kämpfen«, sagte die Kaiserin verächtlich zu Lady Celyn. »Um mich oder meine Soldaten anzugreifen, müsstet ihr euren heiligsten Eid brechen. Oder glaubst du, ihr könnt mir nur durch eure Anwesenheit eine solche Angst machen, dass ich mich ergebe? Das Gerede von letzter Gelegenheit und Friedensverhandlungen ist ja schön und gut, aber ich werde mich niemals ergeben.«
»Ihr unterschätzt uns«, sagte Lady Celyn. »Es stimmt, wir haben geschworen, kein Blut zu vergießen. Aber wir sind deshalb nicht hilflos.« Sie nickte den anderen Ältesten zu und alle hoben die Hände.
Magische Blitze schossen von ihren Handflächen auf die Kaiserin zu. Jasmin sprang zurück, bevor sie getroffen werden konnte, und umgab sich mit einem magischen Schutzschild. Die mächtigen Blitze der Ältesten umzüngelten sie, konnten aber den Schild nicht durchdringen. Doch dann, als das Kräftemessen immer heftiger wurde, begannen die Soldaten der Kaiserin zu wanken.
Die Ältesten bemerkten es nicht, so sehr waren sie damit beschäftigt, die Kaiserin mit ihren Blitzen zu treffen. Auch die anderen Feen auf dem Strand schienen es nicht zu bemerken oder nahmen es nicht weiter ernst. Rhosmari dagegen erinnerte sich, wie ihr zumute gewesen war, als die Kaiserin ihr die Kraft entzogen hatte, und sie spürte, dass das, was hier geschah, noch viel schlimmer war. Jasmin hatte gesagt, ihre Untertanen sollten lieber sterben als von jemand anders beherrscht werden – offenbar hatte sie es ernst gemeint.
Aufgeregt sah Rhosmari sich um. Was konnte sie tun? Soeben war Martin auf die Knie gesunken und sogar Veronica schwankte inzwischen. Bald war ihre Kraft aufgebraucht und ihre Herzen würden aufhören zu schlagen.
Andererseits … war das so schlimm? Martin hatte vielleicht Timothy das Leben gerettet, aber Rhosmari würde ihm nie vergessen, wie er sie verraten hatte. Und sie wusste, wie grausam Veronica sein konnte. Veronica hatte sich auf die Seite der Kaiserin gestellt, obwohl sie wusste, wie durch und durch böse diese war – da schien es nur gerecht, dass sie jetzt dafür bezahlen sollte.
Aber wenn Rhosmari zuließ, dass Martin und Veronica starben, würden mindestens zweihundert weitere Feen, von denen viele der Kaiserin genauso wenig hatten dienen wollen wie Rhosmari, ebenfalls sterben …
»Halt!«, rief sie den Ältesten zu. »Jasmin tötet ihre Untertanen! Halt!«
Aber die Ältesten hörten sie nicht. Gleißend hell zuckten die Blitze aus ihren Händen und schlugen knisternd auf Jasmins Schild und die anderen Feen verfolgten das Schauspiel gebannt. Am Rand des Strands fielen die letzten Soldaten der Kaiserin um und blieben bewegungslos liegen. Wenn Rhosmari jetzt nicht handelte, war es zu spät – doch fiel ihr nur eine Möglichkeit ein, wie sie Jasmin aufhalten konnte, und die würde sie teuer zu stehen kommen.
Hilflose Wut stieg in ihr auf, dieselbe Wut wie nach Garans Tod. Die Kaiserin war an allem schuld, sie betrog,
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