Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rhosmari - Retterin der Feen

Rhosmari - Retterin der Feen

Titel: Rhosmari - Retterin der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
entlang. Sie hatte heftige Kopfschmerzen, zwang sich aber, nicht daran zu denken. Wo war die Grenze? Sie musste ganz nahe sein, aber …
    Da! Rhosmari konnte sie kaum sehen, aber umso besser spüren: Etwa fünfzig Schritte vor ihr zog sich eine schimmernde magische Wand quer durch den Tunnel. Keuchend und mit stechenden Seiten rannte sie weiter. Noch vierzig Schritte … dreißig … zwanzig …
    Eine Hitzewelle strich ihr über den Rücken. Die Luft um sie gerann und sie musste mitten im Laufen mit einem Ruck stehen bleiben. Sosehr sie auch strampelte und zappelte, das unsichtbare Netz wollte nicht reißen. Flucht war unmöglich – ihre Mutter kam immer näher …
    Und war da.
    »Du dummes Ding!«, schimpfte Lady Celyn. Ohne die üblichen Zöpfe und Schleifen umstanden ihre Haare ihr Gesicht wie eine Gewitterwolke. »Wie kannst du es wagen, dir eigenmächtig die Welt der Menschen anzusehen, wenn ich es dir doch ausdrücklich verboten habe?«
    Der Vorwurf traf Rhosmari so unerwartet, dass sie nach Luft schnappte. »Das wollte ich doch gar nicht.«
    »Nein? Warum bist du dann hier?«
    Rhosmari unterdrückte energisch ihre Angst und hob trotzig das Kinn. »Ich gehe ans Festland, um Garan zu suchen und den Stein zurückzuholen.«
    Lady Celyn sah sie verblüfft an, doch sie hatte sich schnell wieder gefasst und kniff die Augen zusammen. »Aha, du hast also so wenig Respekt vor den Ältesten und deinem Volk …«
    »Das stimmt nicht! Ich will doch nur helfen!«
    »Was du willst, interessiert mich nicht«, erwiderte ihre Mutter kalt. »Ob du überheblich bist oder nur naiv, läuft auf dasselbe hinaus. Aber jetzt ist Schluss damit und du kommst mit mir nach Hause.«
    Empörung stieg in Rhosmari auf. »Aber warum eine ganze Armee nach Garan ausschicken, wenn eine einzelne Fee vielleicht reicht? Warte nur ein paar Tage und gib mir die Chance …«
    »Genug!« Lady Celyn schlug mit der Hand durch die Luft. »Ich habe dir gesagt, dass du auf dem Festland nichts zu suchen hast. Verstehst du denn wirklich nicht, warum?«
    Rhosmari strampelte wieder, um sich von dem aus Zaubern geknüpften Netz zu befreien. Es hatte Lücken, die so groß waren, dass sie die Hand hindurchstecken konnte, aber was sollte ihr das nützen? Es sei denn …
    »Wie ich sehe, bist du unbelehrbar«, sagte ihre Mutter. »So sei es.« Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Unbarmherzig wie eine Göttin stand sie vor Rhosmari. »Du wirst jetzt als meine Gefangene mit mir kommen, und ich werde dich mit einem mächtigen Zauber an das Haus fesseln, bis du bei deinem wahren Namen schwörst, dass du nie mehr versuchen wirst, die Grünen Inseln zu verlassen.
    Rhosmari sah sie entsetzt an. »Das tust du nicht.«
    »Ich tue, was ich für notwendig halte, um dich vor dir selber zu schützen«, erwiderte Lady Celyn. »Dein Großvater – mein Vater – wurde auf dem Festland von den Menschen getötet, und ich werde nicht zulassen, dass meiner Tochter dasselbe Schicksal widerfährt. Unter keinen Umständen, hast du mich verstanden?«
    Rhosmari ließ sich in das Netz sinken und starrte ihre Mutter sprachlos an. Sie wusste, was es hieß, den Vater zu verlieren, und die Worte ihrer Mutter schmerzten sie zutiefst. Zu denken, dass die Menschen so grausam sein konnten und so viel Kummer verursachten …
    Doch was ihre Mutter jetzt tun wollte, war auch grausam.
    »Dann bist du genauso schlimm wie die Kaiserin«, sagte Rhosmari mit zitternder Stimme und richtete sich auf. »Du willst mich zwingen, dir zu gehorchen, statt zuzulassen, dass ich selber entscheide, was richtig ist. Und du bist zwar meine Mutter und ich liebe dich, aber ich lasse mich nicht zu deiner Sklavin machen.«
    Und mit diesen Worten löschte sie den Leuchtzauber. Im Tunnel wurde es stockdunkel.
    Zwar dauerte es nur einen Moment, bis Lady Celyn selbst ein Licht angezündet hatte, aber dieser Moment reichte Rhosmari. Sie wünschte sich ganz klein und schlüpfte durch das in Auflösung begriffene Zaubernetz der Mutter. Rasch ließ sie sich Flügel wachsen, erhob sich flatternd in die Luft und schoss wie ein Pfeil durch den Tunnel. Im selben Augenblick, in dem sie die Grenze zur Welt der Sterblichen überquerte, verstummte Lady Celyns wütender Schrei abrupt, als drücke ihr jemand den Hals zu.
    Doch noch wagte Rhosmari nicht anzuhalten. Die Macht der Mutter war zwar jenseits der Grenze schwächer, aber dasselbe galt für ihre eigene Zauberkraft. Unerbittlich zwang sie sich, schneller zu fliegen, obwohl

Weitere Kostenlose Bücher