Rhosmari - Retterin der Feen
ihn an.
»Schön und gut«, bemerkte Malve trocken. »Aber wenn diese Kaiserin über alle anderen Feen herrscht, ist sie uns zahlenmäßig um ein Vielfaches überlegen. Dann können wir sie unmöglich besiegen.«
»Wenn ich auch dieser Meinung wäre, wäre ich mit meinen Leuten niemals hierhergekommen«, erwiderte Rob. »Die Eiche ist hervorragend als Festung geeignet und bietet Platz für doppelt so viele Feen, wie wir heute sind. Ich glaube, sobald sich die Nachricht von unserem Widerstand gegen die Kaiserin verbreitet, werden hier jede Menge Verbündete eintreffen.«
»Narren, die auf dem schnellsten Wege sterben wollen, meinst du wohl«, knurrte Malve. »Wer will schon Krieg führen, wenn er nicht unbedingt muss? Und wie sollen deine sogenannten Verbündeten oder auch nur du und deine Rebellen sich gegen die Kaiserin behaupten, wenn die euch jederzeit mit euren Namen rufen und euch befehlen kann, den Kopf ins Klo zu stecken?«
»Ich wüsste jemanden, dessen Kopf ich gerne mal ins Klo stecken würde«, murmelte Dorna und Timothy musste rasch ein Husten vortäuschen, um sein Lachen zu verbergen. Malve mochte die anderen Eichenfeen einschüchtern, gegen Dorna war sie machtlos.
»Die Kaiserin kann uns rufen, so viel sie will«, sagte Rob, »wir werden ihr nicht mehr antworten. Mithilfe des Namenssteins, den Linde und Timothy von den Grünen Inseln mitgebracht haben, kann jede Fee, die ihn in der Hand hält, sich einen neuen Namen zulegen – einen Namen, den die Kaiserin nicht kennt.«
Auf seinen Wink hielt Garan den Stein hoch, damit alle Eichenfeen ihn sehen konnten. Er sah aus wie ein ganz gewöhnlicher Kiesel. »Meine Leute und ich haben den Stein bereits berührt und können seine Kraft bezeugen. Und ich glaube fest, wenn die Feen der anderen Feenwelten davon erfahren, werden sie sich mit uns verbünden, um ebenfalls befreit zu werden.«
Malve musterte den Stein skeptisch, sagte aber nichts mehr. Die anderen Feen begannen aufgeregt zu tuscheln und es wurde immer lauter, bis Königin Baldriana mit erhobener Hand Schweigen gebot.
»Ich habe drei Feen mit der Verteidigung der Eiche beauftragt«, sagte sie. »Rob wird die Rebellen anführen, Garan die Kinder des Rhys, und Dorna wird die Eichenfeen befehligen.«
Auch auf diese Ankündigung folgte Gemurmel, doch klang es überwiegend zustimmend. »Meine drei Generäle«, fuhr die Königin fort, »werden sich ständig miteinander beraten und außerdem mit mir und meinem Rat und mit den Menschen im Haus. Dadurch soll der Schutz der Eichenwelt gewährleistet werden.«
Sie breitete die Hände in einer Bewegung aus, die alle Anwesenden umfasste. »Die Kaiserin kann jeden Moment angreifen. Wir müssen darauf vorbereitet sein, wenn wir überleben wollen, vor allem aber müssen wir untereinander einig sein. Ich bitte euch deshalb, Vorurteile und Ängste beiseitezuschieben und einander zu vertrauen. Denn wenn wir das nicht tun, kann uns nicht einmal der Namensstein davor bewahren, der Kaiserin in die Hände zu fallen.«
Die Feen schwiegen. Doch kaum hatte Königin Baldriana sie entlassen, stoben sie wie Federn auseinander, durch die ein Windstoß fährt, und verschwanden durch die Doppeltür im Gang dahinter.
Wenige Minuten später saß Timothy zwischen Linde und Pechnelke am Tisch im Arbeitszimmer der Königin. Er kam sich ein wenig fehl am Platz vor. Was für kluge Bemerkungen konnte er schon zu einem Kriegsrat der Feen beisteuern? Vor ein paar Wochen war er noch ein ganz normaler Teenager in einem Internat gewesen, der keine Ahnung hatte, dass Feen überhaupt existierten. Und als er seinen Cousin Paul besucht hatte, der in Kent auf dem Land wohnte, hatte er nur gewusst, dass die gewaltige Eiche am unteren Ende des Gartens innen hohl war. Nie hätte er vermutet, dass in ihr ein ganzes Volk von fünfzehn Zentimeter großen, geisterhaften Wesen lebte. Und als Linde aus seinem Rucksack geklettert war und ihn in das gefährlichste Abenteuer seines Lebens verwickelt hatte, hatte er nicht gewusst, wie er sie, das Eichenvolk oder auch nur sich selbst retten sollte. Sie konnten sich nur verstecken, bis sie Hilfe fanden, und hoffen, dass die Kaiserin sie vorher nicht erwischte.
Doch Klinge – er nannte sie in Gedanken zunehmend bei diesem Namen, obwohl sie für ihn bisher immer Peri gewesen war – erwartete, dass er ihr bei seiner Rückkehr ins Haus ausführlich über die Besprechung berichtete. Deshalb saß er jetzt auf ein Zehntel seiner normalen Größe geschrumpft
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