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Rhosmari - Retterin der Feen

Rhosmari - Retterin der Feen

Titel: Rhosmari - Retterin der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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ihrer ganzen Würde stand sie auf und entschuldigte sich. Den Namensstein behielt sie in der Hand. Sie kehrte in ihr Zimmer zurück, zog sich für die Reise an und steckte den Stein in die Rocktasche.
    Als sie die Tür wieder öffnete, wartete draußen Timothy. »Wenn du wieder einigermaßen bei Kräften bist, sollten wir nach unten gehen«, sagte er. »Garan will dich unbedingt sehen.«
    Garan. Mit einem Mal war es um Rhosmaris Beherrschung geschehen und der Mund wurde ihr trocken. Sie hatte die ganze Reise gemacht, um Garan zu finden – doch was sollte sie ihm jetzt sagen?
    Im Erdgeschoss von Waverley Hall wimmelte es von Feen. Die meisten kannte Rhosmari nicht. Sie reparierten zerbrochene Möbel, angekohlte Vorhänge und weitere Schäden, zu denen es im Verlauf der Kämpfe gekommen war, und die meisten blickten nicht einmal auf, als Rhosmari und Timothy die Treppe herunterkamen. Doch dann entdeckte sie Brochs langes Gesicht mit dem spöttischen Lächeln und meinte einen Moment lang auch, Llinos zu sehen …
    Als Nächstes kam Garan durch die Eingangshalle auf sie zugerannt. Er wirbelte sie einmal im Kreis herum und umarmte sie dann heftig.
    Rhosmari blickte ihm über die Schulter und sah Timothy in einem Gang verschwinden. Sie erstarrte.
    Zum Glück schien Garan darüber nicht gekränkt zu sein. Er hielt sie an den Armen von sich weg und musterte sie besorgt. »Es geht dir auch wirklich gut?«, fragte er.
    Wenn ihr schon an Timothy Veränderungen aufgefallen waren, galt das noch viel mehr für Garan. Er hatte sich die blonden Haare kurz geschnitten und ließ sich einen Bart wachsen. Eigentlich hätte er damit seinem Vater ähnlicher sehen müssen, aber das war seltsamerweise nicht der Fall. Er wirkte nur älter und mehr wie ein Anführer.
    »Jetzt ja«, sagte sie. Sie fasste in ihre Tasche und holte den Namensstein heraus.
    Als sie von den Grünen Inseln aufgebrochen war, hätte sie sich nicht vorstellen können, dass sie den Namensstein, der ihrem Volk so viel bedeutete, je weggeben könnte, obwohl sie ihn schon in Händen hielt. Doch war sie damals noch nicht der Kaiserin begegnet und hatte noch nicht erfahren, was es hieß, ihre Sklavin zu sein. Sie würde nie vergessen, wie schrecklich es sich anfühlte, wenn der wahre Name kein Geheimnis mehr war und man den Launen eines anderen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Genauso wenig konnte sie vergessen, was für eine überwältigende Erleichterung es gewesen war, den Stein zu berühren und befreit zu werden.
    Sie hielt ihn Garan auf der ausgestreckten Hand hin. »Ich habe diesen Stein gesucht«, sagte sie. »Doch jetzt will ich ihn nicht mehr. Die Kinder des Rhys brauchen ihn nicht, deine Leute dagegen schon.«
    »Auch wir sind noch Kinder des Rhys, wenngleich im Exil«, sagte Garan. »Aber dein Verzicht hilft uns sehr, Rhosmari.« Er machte zum Zeichen seines Dankes eine höfliche Verbeugung, die Rhosmari schmerzhaft an Lady Arianllys erinnerte, nahm den Stein und steckte ihn in einen Beutel an seinem Gürtel.
    Eine Fee mit schwarzen Haaren trat zu Garan und zeigte mit dem Daumen über die Schulter. »Der Gefangene ist aufgewacht«, sagte sie. »Er will mit Rhosmari sprechen.«
    Rhosmari folgte Garan und der untersetzten Fee zur Küche. Einige Feen machten ihnen Platz, als sie eintraten, dann standen sie Martin gegenüber. Man hatte ihm die Hände auf den Rücken gefesselt und auf seiner Wange leuchtete ein heftiger Bluterguss, doch er erwiderte Rhosmaris Blick mit derselben Überheblichkeit wie immer.
    »Gratuliere«, sagte er. »Du hast deine Rache gehabt. Möchtest du mich um der alten Zeiten willen noch einmal schlagen?«
    Garan sah Rhosmari erschrocken an, aber sie beachtete ihn nicht. »Was willst du, Martin?«
    »Du kennst die Antwort. Doch sieht es so aus, als stehe Freiheit zu meinen eigenen Bedingungen im Moment nicht zur Wahl. Also binde mir die Hände los und lass mich zur Kaiserin zurückkehren.«
    Rhosmari sah die schwarzhaarige Fee neben ihr ungläubig an. Die Fee zuckte nur die Schultern und sagte: »Wir haben ihm angeboten, den Stein zu berühren, aber er meinte, er sei nicht interessiert.«
    »Aber warum nicht?«, fragte Rhosmari Martin. »Nach allem, was die Kaiserin dir angetan hat – warum willst du ihr freiwillig weiter dienen?«
    Martin verzog den Mund zu einem ironischen Lächeln. »Ich habe den Namensstein schon einmal berührt«, sagte er. »Und was für eine Freiheit habe ich bekommen? Die Freiheit, in Panik wegzurennen, ohne

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