Rhosmari - Retterin der Feen
am Handgelenk.
Sengende Schmerzen durchfuhren sie. Der Zauber der Kaiserin brach und ihre eigene Zauberkraft erlosch. Die Knie gaben unter ihr nach, doch Timothy fing sie in seinen Armen auf. Dann streifte sie mit der Wange das Kreuz an seiner Brust und alles wurde schwarz.
ELF
Rhosmari wachte durch die Berührung von Fingern auf, die sich über ihre Finger schoben und ihr etwas Kaltes, Hartes in die Hand drückten. Sie schloss die Finger darum und spürte eine glatte, runde Form.
Der Namensstein.
Sie umklammerte ihn inbrünstig und wünschte, wie sie noch nie in ihrem Leben etwas gewünscht hatte, seine Magie möge sich entfalten. Licht erfüllte ihr Bewusstsein und verbannte die Dunkelheit und ihr wahrer Name, den die Kaiserin ihr weggenommen hatte, verschwand aus ihrem Gedächtnis, als hätte es ihn nie gegeben.
Trotzdem empfand sie keine Leere und kein Bedauern. Kaum war der alte Name verschwunden, hatte schon der neue seinen Platz eingenommen, doch fühlte er sich nicht wie ein Ersatz an. Ihr war, als sei er schon immer ihr eigentlicher Name gewesen, und sie konnte sich keinen passenderen oder schöneren vorstellen.
Sie gelobte sich, dass sie lieber jeder Gefahr trotzen, jede Folter ertragen und notfalls bis zum letzten Blutstropfen kämpfen würde, als zuzulassen, dass ein anderer noch einmal ihren geheimen Namen herausfand.
»Geht es besser?«, fragte eine Stimme und sie öffnete langsam die Augen.
Sie lag auf dem Sofa im Arbeitszimmer der Kaiserin. Nur dass es nicht mehr der Kaiserin gehörte. Sämtliche Vorhänge waren aufgezogen und der einst dämmrige Raum war taghell erleuchtet. Stäubchen tanzten im Sonnenlicht und leuchteten wie kleine Edelsteine auf und durch das offene Fenster wehte eine sanfte Brise und war das Gezwitscher eines Vogels zu hören.
Vor ihr stand Timothy und betrachtete sie.
Er war noch größer, als sie ihn in Erinnerung hatte, und seine Haut noch brauner und seine Augen grüner. Oben auf seiner Stirn klebte ein wenig Blut, offenbar hatte er sich dort geschnitten. Den Schürhaken hatte er sich wie ein Schwert in den Gürtel gesteckt.
»Das mit dem Eisen tut mir leid«, sagte er und hob die Hand mit den Ringen. »Aber in etwa einer Stunde müsstest du wieder zaubern können und ich dachte, ein solcher Schock ist dir sicher lieber, als die Kaiserin zu begleiten.«
»Ja.« Rhosmari setzte sich auf und zuckte zusammen. Handgelenk und Wange kribbelten immer noch an den Stellen, an denen das Eisen sie berührt hatte, und sämtliche Muskeln taten ihr weh. »Ist schon alles vorbei? Die Kaiserin und ihre Leute … sind weg?«
Timothy nickte. »Und sie kommen auch nicht mehr wieder. Dafür wird Sarah sorgen.«
Demnach ging es Sarah ebenfalls gut. Rhosmari sprach ein stummes Dankgebet. »Ich habe nicht erwartet, dass du kommst«, sagte sie anschließend zu Timothy. »Der Lebensmittelhändler sagte, er hätte Isadora abgegeben, aber dann …«
»Ich weiß und es tut mir auch leid. Aber wir brauchten Tage, bis wir herausgefunden hatten, wie wir den Abwehrzauber der Kaiserin durchdringen könnten, ohne Alarm auszulösen. Und dann mussten wir dafür sorgen, dass wir sie überraschten und sie fliehen musste, bevor sie ihre Leute zu Hilfe rufen konnte.« Er nahm einen Briefbeschwerer vom Schreibtisch und rollte ihn zwischen den Händen hin und her. »Ohne deinen Brief wäre aber alles noch viel schwieriger gewesen. Du drückst dich gern sehr präzise und detailliert aus, nicht wahr?«
»Ich bin Wissenschaftlerin«, sagte Rhosmari. »Wir werden dazu ausgebildet.«
»Und du kannst logisch denken«, sagte Timothy. »Ich mag das an einer Fee.« Er legte den Briefbeschwerer wieder hin, setzte sich mit einem Bein auf die Ecke des Tischs und sah Rhosmari mit einem neugierigen Lächeln an. »Wie bist du darauf gekommen, Paul und Peri zu schreiben? Und woher wusstest du, wo wir wohnen?«
»Linde hat es uns gesagt, als ihr bei uns wart.«
Timothy sah sie überrascht an. »Du warst damals auch anwesend? Ich habe dich nicht gesehen.«
»Ich saß hinter Broch und danach habe ich mich mit Garan unterhalten. Sicher hast du es vergessen.«
Timothy schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Wirklich, wenn ich dich gesehen hätte …« Er biss sich auf die Lippe. »Ich würde mich daran erinnern.«
Rhosmari hob die Hand an ihre offenen Haare. Bestimmt sah sie barfuß und in ihrem zerknitterten Nachthemd lächerlich aus, aber musste er sich auch noch über sie lustig machen? Unter Aufbietung
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