Richard Castle
viel daraus machen, dass wir heute Morgen mit ansehen mussten, wie ein wichtiger Zeuge vor unseren Augen gestorben ist?“, fragte Nikki.
„Ganz genau“, erwiderte er. „Und falls es hilft, kann ich dir garantieren, dass ich dir auf keinen Fall mit solchen Sprüchen wie ‚Tyler hätte es so gewollt‘ kommen werde. Und diesen Fotos in der Schuhschachtel nach zu urteilen, war er niemand, der sich eine angenehme Zeit entgehen ließ.“
Heat stimmte dem geistigen freien Abend zu. Tatsächlich begrüßte sie ihn sogar – aber nur sofern Rook es zuließ, dass sie ihn an ihrem RAADE (romantischen Abend abseits der Ermittlung) zum Abendessen einlud. „Diese Abkürzen werden langsam sogar für mich verwirrend“, sagte er. „Aber wie du willst.“
Sie ging mit ihm ins Le Papillon Bleu, einer versteckten kleinen Perle von einem Restaurant in einer Seitenstraße in Le Marais, wo die Einheimischen bei Kerzenschein frische Muscheln aus dem Port du Belon aßen, während sie live gesungenem amerikanischem Jazz mit Akzent lauschten. Eine umwerfende junge französische Reinkarnation von Billie Holiday sang „I Can’t Give You Anything But Love“, und zwar mit einer Stimme, die einen fast die Version von Louis Armstrong vergessen ließ. Aber nur fast.
Sie bestellten Aperitifs, und nachdem Rook die Speisekarte studiert und verkündet hatte, dass dieses Restaurant ein echter Geheimtipp war, versicherte Nikki ihm ungefragt, dass sie zum ersten Mal hier war. „Du meinst dieses Restaurant wurde noch nie von einem deiner Freunde getestet und für gut befunden?“
„Im Gegenteil“, sagte sie. „Natürlich hatte ich alles über das Papillon Bleu gehört, aber vor zehn Jahren hatte ich als Studentin einfach nicht genug Geld, um in einem solchen Restaurant zu essen.“
Er nahm ihre Hand auf der blütenweißen Tischdecke in seine. „Also ist das hier eine besondere Gelegenheit.“
„Verlass dich drauf.“
Nach dem Abendessen spazierten sie Hand in Hand an den hübschen kleinen Läden von Le Marais vorbei. Die Interpretationen der Jazzsängerin von „Our Love Is Here to Stay“ und „Body and Soul“ schwirrten ihnen immer noch in den Köpfen herum, und schließlich erreichten sie den Place des Vosges, einen tadellos gepflegten Platz, der auf allen vier Seiten von historischen Ziegelgebäuden mit eleganten blauen Schieferdächern umgeben war. „Diese Gegend sieht aus wie der reiche Onkel des Gramercy Parks“, bemerkte sie, während sie dem Weg in die Gartenanlage folgten.
„Ja. Aber ohne die Angriffe aus dem Hinterhalt von teppichschwingenden Polizistinnen.“ Sobald die Worte seinen Mund verlassen hatten, hörten sie hinter sich einen Schuh auf dem Kies knirschen, und sie wirbelte ruckartig herum. Ein einzelner Mann mit einem verletzten Bein humpelte über den Bürgersteig vor dem Park und zog pfeifend an ihnen vorbei. „Du musst mal runterkommen“, sagte Rook. „Niemand wird uns stören. Nicht während unseres großen RADF.“
„RADF?“
„Hey, ich gebe auf. Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich einfach nur noch wahllos mit Großbuchstaben um mich werfe.“
Sie hatten den Park für sich allein, und sie führte ihn zu einer Bank unter den Bäumen, wo sie zusammen im Schatten saßen und sich aneinanderschmiegten. Der städtische Verkehr war kaum mehr als ein fernes Hintergrundrauschen. Er war zwar nur wenige Blocks entfernt, wurde aber von der einheitlichen Reihe aus stattlichen Gebäuden um den Platz sowie dem sanften Plätschern der Springbrunnen gedämpft. Wie so oft lehnten sie sich ohne ein Wort oder Signal gleichzeitig näher an den anderen heran und küssten sich. Der Wein, der warme Aprilabend, der nach nächtlichen Blüten duftete, und der Geschmack seiner Lippen, ließen Nikki ihre Sorgen für einen Moment vergessen, und sie drückte sich noch näher an ihn. Er legte seine Arme um sie, und ihr Kuss wurde intensiver, bis sie sich schließlich voneinander lösten. Beide atmeten angestrengt, als ob sie sich plötzlich daran erinnert hätten, dass sie auch Luft brauchten, um zu leben.
„Vielleicht sollten wir ins Hotel zurückgehen“, flüsterte er.
„Mm-hm. Aber ich will mich nicht bewegen. Ich will diesen Augenblick einfrieren.“ Sie küssten sich erneut, und er knöpfte den obersten Knopf ihrer Bluse auf. Sie ließ ihre Hand zu seinem Schoß wandern. Er stöhnte, und sie sagte: „Weißt du, ich denke nicht, dass mir mein New Yorker Berechtigungsnachweis dabei helfen würde, einem
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