Richard Castle

Für mich hat alles, was er sagte, absolut Sinn ergeben. Tatsächlich hatte ich sogar das Gefühl, dass in seiner Geschichte eine gewisse Rechtfertigung lag. Ich weiß nicht, ob dir das aufgefallen ist oder nicht.“
    „Ich hatte eine Ahnung. Also, von wem willst du dir das bestätigen lassen?“
    „Von einer alten Schläferquelle, die ich damals kennenlernte, als ich für meinen
First Press
-Artikel über Tschetschenien recherchierte. Sein Name ist Anatoly Kijé. Dieser Kerl ist unglaublich. Er könnte direkt aus
Dame, König, As, Spion
stammen. Ein richtiger altmodischer Spion für die SWR – so nennt sich der russische Auslandsgeheimdienst jetzt statt KGB. Jeder benennt sich heutzutage um. KGB, KFC …“
    „Rook.“
    „Tut mir leid. Jedenfalls wohnt mein Freund Anatoly hier in Paris, und wenn irgendjemand über Tyler, deine Mutter und alles, was sonst noch in diesem Netzwerk passierte, Bescheid weiß, dann er. Tatsächlich könnte er vielleicht sogar in der Lage sein, uns die Fragen zu beantworten, zu denen Tyler Wynn nicht mehr kam, da er die Unverfrorenheit besaß, vorher einfach zu sterben. Möge er in Frieden ruhen.“
    „Also gut. Gehen wir mal davon aus, dass dieser KGB-Typ …“
    „SWR-Typ.“
    „… irgendetwas weiß, warum sollte er es ausgerechnet dir verraten?“
    „Weil wir während unserer gemeinsamen Zeit hier in Paris ständig zusammen um die Häuser gezogen sind. Wir waren so.“ Er kreuzte zwei Finger und tippte dann auf das Anruffeld seines iPhones. „Bis zum heutigen Tag kann ich keinen Kater bekommen, ohne an ihn zu denken.“ Er hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen, als ob sie diejenige wäre, die die ganze Zeit redete.
    „Hallo, bin ich da bei Imports International?“ Er zwinkerte Nikki wissend zu. „Ja, hallo. Ich würde gerne mit ihrem Filialleiter sprechen, Mr. Anatoly Kijé. Ja, ich warte.“ Er schaute wieder zu Nikki und flüsterte: „Ich werde mit seinem Assistenten verbunden.“ Dann sagte er ins Telefon: „Hallo? Einen Moment, spricht da Mischka? … Nein? Oh, Sie müssen neu sein. Es ist schon eine Weile her. Mein Name ist Jameson Rook und ich bin ein alter Freund von Anatoly Kijé. Ich bin gerade zufällig in der Stadt und habe mich gefragt, ob er … Rook. Jameson Rook, das ist richtig. Ich warte …“
    Rook steckte so lange in der Warteschleife, dass Nikki genug Zeit hatte, ihr Baguette aufzuessen. Es dauerte sogar so lange, dass Rook irgendwann keine Lust mehr hatte, auf und ab zu laufen, und sich auf einen Stuhl in der Ecke setzte. Dann sprang er plötzlich wieder auf. „Hallo? Ja?“ Und dann runzelte er die Stirn. „Hat er? Tatsächlich? Sind Sie sicher? Das tut mir sehr leid. Ja, auf Wiederhören.“ Er legte auf und ließ sich schlaff zurück auf den Stuhl fallen.
    „Erzähl mir nicht, dass er auch erschossen wurde“, sagte Nikki.
    „Schlimmer. Er behauptet, noch nie von einem Jameson Rook gehört zu haben.“
    Da sie nun zumindest auf einen Teil des Rätsels um das Leben ihrer Mutter Antworten hatten und es in Paris keine neuen Hinweise gab, denen sie nachgehen konnten, buchten Heat und Rook am nächsten Morgen Plätze in einem Flieger nach Hause. Das Chaos und die Inkompetenz, mit denen sich ihr hervorragendes Team herumschlagen musste, war einer der Hauptgründe für Nikkis Drang, nach New York zurückzukehren. Captain Irons verkörperte die schlimmsten Aspekte des öffentlichen Dienstes. Er war schon immer ein Bürohengst mit einer Marke gewesen, aber nun, da er sein eigenes Kommando innehatte und Detective Heat ihm nicht mehr im Weg war, konnte er seine dilettantische Art ungehindert ausleben. Sicher, manchmal gingen Beweisstücke wie Handschuhe verloren. Und Medienlecks verursachten bei Mordermittlungen oft ein schreckliches Chaos. Und gelegentlich schlief sich auch die schlechteste Ermittlerin in ihrem Team auf eine Verantwortungsebene hoch, die ihre Kompetenz übertraf. Aber diese Dinge passierten selten alle gleichzeitig und brauten sich so auch nicht zu einem wahren Sturm aus Verpfuschungen zusammen. Selbst wenn ihr Zwangsurlaub bestehen blieb, fand Nikki, dass die räumliche Nähe zum Geschehen ihr zumindest die Chance geben würde, den Schaden begrenzt zu halten, bevor der Fall ihres Lebens in den Müll wanderte.
    Rook blieb seiner üblichen Einstellung treu, indem er vorschlug, dass sie versuchen sollten, wenigstens an ihrem letzten Abend in Paris mal nicht über die Arbeit nachzudenken. „Du meinst, wir sollten uns nicht allzu