Richard Castle
vor, mich an harte Fakten zu halten, anstatt mich mit dem bloßen Schatten einer Ahnung zu beschäftigen.“
„Willst du, dass ich dir den Kaffee über die Klamotten kippe?“
„Es war Sharon Hinesburg.“
Heat überlegte immer noch, wie sie mit dieser Information umgehen sollte, als Captain Irons sie für eine Aktualisierung in sein gläsernes Büro rief. Obwohl sie wusste, dass er eine kurze Aufmerksamkeitsspanne hatte, weshalb sie ihren Bericht vereinfachte und ihm nur grob die wichtigsten Entwicklungen mitteilte, schaffte er es, vom Thema abzukommen, und zwar schon ganz am Anfang. „Seit ich Sie gestern aus Boston angerufen habe, um Ihnen zu berichten, was Rook und ich bezüglich unserer Unbekannten und ihrer Verbindung zu meiner Mutter in Erfahrung bringen konnten, haben wir uns darauf konzentriert, alles über Nicole Bernardin herauszufinden.“
„Haben Sie dort irgendwelche Meeresfrüchte gegessen?“
„Verzeihung, Captain?“
Irons lehnte sich auf seinem Lederstuhl zurück, und sein Gewicht ließ die Federn ächzen. „Mann, ich liebe die gute Bostoner Fischsuppe. Ein Besuch bei Legal Seafood’s ist auf jeder Reise dorthin obligatorisch.“
„Ja, sie sind recht bekannt“, sagte sie, aber nur damit er ihr weiterhin zuhörte, während sie mit ihrem Bericht über die Ermittlungen an einem Doppelmord fortfuhr. „Da wir das Opfer nun als Nicole Bernardin identifiziert haben, müssen wir unsere Ermittlungen in ein paar neue Richtungen ausweiten. Aus ihrer Wohnung liegen uns nur begrenzte forensische Beweise vor, aber wir können andere Aspekte ihres Lebens verfolgen, indem wir uns auf ihre Bankgeschäfte, ihr Unternehmen und ihr Privatleben konzentrieren. Bisher hat noch keine dieser Richtungen etwas ergeben, aber …“
„Hat Rook während Ihres Ausflugs etwas geschrieben?“
„Sir?“
„Hat er irgendwelche neuen Zeitschriftenartikel in der Mache?“ Irons richtete sich auf seinem Stuhl auf, woraufhin das strapazierte Metall scharf protestierte. „Er erwähnte letztens, dass er vielleicht eine Fortsetzung seines ersten Artikels über dieses Revier schreiben will, und ich habe mich gefragt, ob er bereits daran arbeitet oder nicht.“ Vielleicht hatte Irons gar keine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Womöglich war seine Aufmerksamkeit nur auf andere Dinge gerichtet. „Haben Sie gesehen, dass ich heute Morgen in der Zeitung erwähnt wurde?“
„Ja, das habe ich. Tatsächlich, Sir …“
„Das sollten Sie Rook zeigen. Machen Sie ihm klar, dass andere Reporter ebenfalls an der Sache dran sind.“
Ihr entging nicht, dass sich Irons offenbar nur die Erwähnung seines Namens in diesem Artikel gemerkt hatte. „Rook kennt den Artikel nicht nur bereits, sondern weiß auch, dass er auf durchgesickerten Informationen beruht, Sir. Die Quelle war jemand aus unserem Team.“
„Jemand von uns hat das an den
Ledger
ausgeplaudert?“ Irons legte den Kopf schief und lugte über ihre Schulter durch die große Glasscheibe, durch die man in den Hauptraum sehen konnte. „Wissen Sie, wer es war?“
Bei jedem anderen hätte Heat Ahnungslosigkeit vorgetäuscht. „Detective Hinesburg“, sagte sie.
„Sharon? Sind Sie sicher?“
„Ja, Sir.“
„Hm. Tja, sie mussten es ja irgendwoher haben.“ Er nahm einen Schluck aus seinem Kaffeebecher, schien sich keine weiteren Gedanken um das Leck zu machen und bestätigte diesen Eindruck, nachdem er den Kaffee laut heruntergeschluckt hatte. „Ist vermutlich besser, dass es jetzt öffentlich ist.“
„Das sehe ich anders, Captain.“ Heat gefiel der amüsierte Gesichtsausdruck nicht, den sie daraufhin bei Irons sah, aber sie ließ nicht locker. „Dieser Fall befindet sich in einer Phase, in der wir derartige Informationen nicht öffentlich machen wollen. Wir können uns nicht mit dem Zirkus herumschlagen, der auf so eine Meldung folgt. Nicht bevor wir Gelegenheit hatten, all unseren Spuren nachzugehen.“
„Ach ja? Und wie geht es damit voran, Detective?“ Sein Lächeln machte die Witzelei ihrer Meinung nach sogar noch schlimmer. Es war nicht nur abweisend, sondern deutete auch auf eine unbeirrbare Geisteshaltung hin.
„Wie ich Ihnen gerade sagte, geht es bisher langsam voran. Aber um realistisch zu sein …“, begann sie und hielt dann inne, um ihrer Aussage Gewicht zu geben, da sie wusste, dass ihr Vorgesetzter einen Hintergrund in der Verwaltung hatte. Seine Polizeierfahrung beruhte auf ruhigen Büros in zweistelligen Stockwerken statt auf
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