Richard Castle

Ermittlungsarbeit auf der Straße. Also präsentierte sie ihm eine Version der Rede, die sie sich vor ein paar Minuten selbst gehalten hatte. „… wenn wir diese Sache ordentlich behandeln wollen, müssen wir Geduld haben, unermüdlich daran arbeiten und verstehen, dass wir uns noch ganz am Anfang des Falls befinden.“
    „Ha! Bei diesem Fall hat sich schon seit zehn Jahren nichts mehr getan.“ Er stieß seine Ausgabe des
Ledgers
an, sodass sie über den leeren Schreibtisch auf sie zurutschte. „Diese Zeitung hat es ganz richtig formuliert. Diese Sache ist nicht nur kalt, sie ist tiefgefroren.“ Er stand auf und signalisierte damit, dass die Besprechung beendet war. „Warten wir eine Weile ab und sehen mal, was uns ein wenig Publicity bringt.“ Klar, dachte Nikki. Zum Beispiel seine fünfzehn Minuten Ruhm.
    Sharon Hinesburgs Telefon klingelte, als Heat an ihr vorbeiging. Sie hörte, wie die Polizistin sagte, dass sie sofort da sein werde, und sah dann, wie sie ins gläserne Büro des Captains eilte und die Tür hinter sich schloss. Nikki setzte sich an ihren Schreibtisch, um eine Akte zu lesen, aber sie konnte nicht widerstehen, sich mit ihrem Stuhl herumzudrehen, damit sie über den Rand der Akte in Irons’ Büro schauen konnte. Roach kamen zu ihr herüber.
    „Nur damit Sie es wissen“, sagte Ochoa, „die Suche nach von Nicole Bernardin eingereichten Stalker-Beschwerden hat nichts ergeben. Das Gleiche gilt für Schutzanordnungen. Nichts. Ihr Friseur hat montags geschlossen, aber er ist gerne bereit, sich mit mir zu treffen, also fahre ich jetzt gleich zu seiner Wohnung im West Village, um herauszufinden, ob er mir irgendetwas Brauchbares mitteilen kann.“
    „Gut, halten Sie mich auf dem Laufenden“, sagte sie. Doch die beiden Partner verweilten an ihrem Schreibtisch, also wartete sie.
    Raley räusperte sich. „Ich weiß, dass Sie nichts von Tratsch halten.“
    „Das stimmt.“
    „Aber von diesem hier sollten Sie erfahren“, sagte Ochoa. „Erzähl’s ihr, Partner.“
    „Sie schlafen miteinander“, sagte Raley in seinem leisesten Flüsterton. Er drehte sich nicht um, aber seine Augen zuckten zu Irons und Hinesburg. Heat ließ ihren Blick zu dem Paar in dem Büro wandern und sah, dass Irons Detective Hinesburg mit erhobenem Zeigefinger drohte, aber sie schienen beide zu denken, dass etwas sehr lustig war. „Als ich heute Morgen ins Büro kam, sah ich, wie Wally sie an der Ecke zur Amsterdam Avenue absetzte, um nicht zusammen mit ihr hier aufzutauchen.“
    Heat erinnerte sich, wie sie und Rook solche Spielchen abgezogen hatten, bevor sie offiziell ein Paar geworden waren, aber sie sagte: „Das hat nichts zu bedeuten.“
    „Sie haben sich geküsst, bevor sie ausgestiegen ist. Und zwar mit Zunge.“
    Plötzlich ergab die Tatsache einen Sinn, dass Sharon Hinesburg am Sonntag nicht zu erreichen gewesen war, genauso wie die heldenhafte Darstellung von Irons in besagtem Artikel infolge des Medienlecks. Diese Erkenntnis machte Heat einfach nur wütend. Wütend darüber, dass sie überhaupt mit Hinesburg arbeiten musste. Wütend darüber, dass Irons eine Grenze überschritten hatte, indem er sich auf eine Affäre mit einem Mitglied seiner Einheit einließ. Wütend darüber, dass daraus eine giftige Dynamik in ihrem Team entstanden war, die ihren Fall gefährdete. Doch vor allem war sie auf sich selbst wütend, weil sie es nicht hatte kommen sehen. Doch sie riss sich zusammen und sagte: „Sie beide wissen, was ich von Tratsch halte. Also ist diese Diskussion hiermit beendet.“ Und dann fügte sie hinzu: „Aber halten Sie mich auf dem Laufenden.“
    Als Roach verschwanden, kam Rook an ihren Schreibtisch. „Hast du ihm gesagt, dass es Hinesburg war?“ Sie nickte, und er fragte: „Meinst du, dass er sie sich mal ordentlich zur Brust nehmen wird?“
    „Oh, verlass dich drauf.“
    „Hör mal, Nikki, da wäre noch eine Sache wegen dieses Lecks.“ Und dann gestand er ihr seine Sorge, die an ihm nagte, seit sie den Artikel im Wagen gelesen hatte. „Ich vermute, dein Dad liest Zeitung und schaut Nachrichten, oder?“
    Sie nickte ernst, zog ihr Handy aus der Tasche und ließ den Blick durch den geschäftigen Hauptraum schweifen. „Ich bin mal kurz draußen“, sagte Nikki. „Ich muss einen privaten Anruf tätigen.“
    Zehn Minuten später kehrte Heat in den Hauptraum zurück, roch nach frischer Luft und fragte Rook, ob er einen Ausflug nach Scarsdale machen wolle. Er erwiderte nur ein knappes