Richard Castle
Sophia Loren. Ich glaube, Faye Dunaway war auch da, aber mich interessierte nur das attraktive amerikanische Mädchen, das in der Nähe der Bar am Klavier saß und Gershwin spielte, während alle anderen sie ignorierten und Gratischampagner schlürften. Wir verliebten uns ineinander, aber Cindy und ich reisten beide sehr viel herum. Doch dann wurde die Sache zwischen uns ernster, und ich fing an, meine Reisepläne so zu legen, dass ich dort sein konnte, wo sie gerade war.“
„Sie spielte auf Cocktailpartys?“, hakte Rook nach.
„Manchmal. Hauptsächlich verbrachte sie eine Woche hier oder einen Monat dort als private Musiklehrerin für reiche Familien in ihren schicken Ferienhäusern. Wie ich schon sagte, eine Verschwendung einer Gabe. Es wäre alles anders gewesen …“ Er verstummte, und die ernste Stille wurde vom Donnergrummeln und dem Trommeln des Regens an die Fensterscheibe betont.
„Wir sollten wohl lieber wieder zurückfahren“, sagte Nikki. Sie schickte sich an, aufzustehen, doch Rook hatte andere Pläne.
„Hatte sie vielleicht Lampenfieber?“
„Auf keinen Fall. Ich gebe Nicole die Schuld. Dem Partymädchen. Jedes Mal wenn ich das Gefühl hatte, sie endlich wieder davon überzeugt zu haben, ihre Karriere als Musikerin ernster zu nehmen, tauchte Nicole auf wie der kleine Teufel auf ihrer Schulter, und bevor ich mich versah, war Cindy auf dem Weg nach St. Tropez oder Monaco oder Chamonix und finanzierte ihr Leben, indem sie ihr Talent unter Wert verkaufte.“ Er wandte sich an seine Tochter. „Es wurde besser, als du zur Welt kamst. Wir nahmen uns die Wohnung am Gramercy Park, deine Mom widmete sich der Aufgabe, dich großzuziehen, und ich liebte das. Sie hat dich so sehr geliebt.“ Als er das sagte, schimmerte etwas von dem alten Jeffrey Heat in seinem Gesicht durch, und Rook erkannte um den Mund herum dieselben Züge, die er bei Nikki sah, wenn sie lächelte.
„Es war eine sehr glückliche Zeit“, sagte sie. „Für uns alle.“ Dann griff sie nach ihrem Autoschlüssel.
„Aber so etwas hält nie lange an, nicht wahr? Als du fünf wurdest, verfiel sie wieder in alte Gewohnheiten. Sie unterrichtete die Kinder reicher New Yorker, verreiste manchmal übers Wochenende mit den Familien und hatte seltsame Arbeitszeiten, bei denen sie teilweise sogar über Nacht wegblieb. Und sie sprach nie mit mir darüber. Sie sagte, sie brauche ihre Unabhängigkeit, und zog es einfach durch. Sie schloss mich aus.“ Er hielt inne, als würde er eine Entscheidung treffen, und fügte dann hinzu: „Ich habe dir das nie erzählt, aber ich wurde sogar paranoid und dachte, deine Mutter hätte eine Affäre.“
Nikki verlagerte den Schlüssel in ihre rechte Hand. „Okay, vielleicht ist das nicht der beste Zeitpunkt und der richtige Ort, um das zu erörtern.“
„Haben Sie der Polizei je von diesem Verdacht erzählt?“, fragte Rook, woraufhin Nikki ihm einen leichten Stoß mit dem Ellbogen versetzte. Er ignorierte es. „Ich denke, das würde sie sicher interessieren.“
„Ich habe es nicht erwähnt.“
„Weil Sie bereits geschieden waren?“ Dieses Mal war der Ellbogenstoß ein wenig heftiger.
„Weil ich bereits wusste, dass sie keine Affäre hatte.“ Er klappte den Mund zu und verzog das Gesicht. Dann fuhr er mit zitternder Unterlippe fort. „Das ist sehr unangenehm für mich, besonders nach allem, was passiert ist.“ Nikki rutschte auf dem Sofa ein Stück nach vorn und legte eine Hand auf sein Knie. „Jetzt schäme ich mich dafür – aber ich habe einen Privatdetektiv angeheuert, der ihr, äh, folgen sollte.“ Dann beruhigte er sich wieder ein wenig und fügte hinzu: „Er hat nichts gefunden, Gott sei Dank.“
Blitze schlugen mit einem gleichzeitig ertönenden Kanonenschlag in den Wald hinter dem Wohnkomplex ein, sodass sie ihren Lauf zum Wagen beschleunigten. Als sie einstiegen, warf Heat einen Blick auf ihr Handy und fand eine SMS von ihrem Nahkampftrainer Don vor. „Soll ich dich heute Abend vermöbeln? J/N.“
„Irgendwas Neues über den Fall?“, fragte Rook.
Sie schüttelte den Kopf, schrieb „N“ zurück und ließ den Wagen an. Er musste ihre Stimmung erkannt haben, denn Rook respektierte ihr Schweigen zur Abwechslung während der gesamten Fahrt zurück nach Manhattan.
Das Team arbeitete immer noch fleißig an dem Fall, aber ihre Ergebnisse waren nach wie vor nicht ausschlaggebend und brachten die Ermittlung nicht voran. Die französischen Konsulate in New York und Boston hatten
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