Richard Castle
ein verdammter Journalist.“
Ein Ballistiker ging an ihnen vorbei, um ein Loch an der Stelle zu markieren, wo sich Blei in das Bücherregal aus Eichenholz neben ihnen gebohrt hatte. Heat zog Rook zu dem Piano hinüber, um so viel Privatsphäre zu haben, wie in einem Raum voller Ermittler und Beweissammler möglich war. Er kam zwar mit, aber Rooks Arm fühlte sich steif an, und sie sagte: „Ich weiß, dass das ein großer Schock ist.“
„Groß? Nikki, ich bin ausnahmsweise mal sprachlos.“
„Das ist mir klar, aber …“
„Aber was?“ Sein Schmerz, seine Verwirrung, seine Befürchtungen und ja, auch seine Wut steckten zusammengepresst in diesem beiden kleinen Wörtern.
„Das ist nicht das, wonach es aussieht.“
„Das ist normalerweise mein Text.“ Aber er war nicht amüsiert. „Was ist es dann?“
„Kompliziert“, erwiderte sie.
„Mit komplizierten Dingen kann ich umgehen.“ Er wartete, aber sie sagte nichts. Nikki hatte beim besten Willen keine Ahnung, wo sie anfangen sollte und fürchtete sich davor, wohin es wahrscheinlich führen würde, sobald sie begonnen hatte. Stattdessen warf sie einen Blick auf den roten Fleck auf dem Teppich im Eingangsbereich, auf dem Dons Kopf gelandet und er ausgeblutet war – und sie sagte nichts. Rooks Geduld war am Ende. „Okay, hör zu. Du hast den Schlüssel zu meiner Wohnung, nicht wahr? Am besten lässt du dich jetzt von Raley und Ochoa dorthin bringen, damit du duschen und ein wenig schlafen kannst.
„Du kommst nicht mit?“
Er hatte keinen Polizistenschalter, also versteckte er sich hinter logistischen Gründen. „Ich werde noch ein wenig hierbleiben, um sicherzugehen, dass die Wohnung abgeschlossen wird, wenn alles erledigt ist.“
„Du kommst nicht mit?“, wiederholte sie.
„Ich rufe deinen Hausmeister an. Jerzy sollte in der Lage sein, das Loch in der Tür abzudecken.“
„Danke“, sagte sie, ließ jedoch einen Hauch Sarkasmus mitklingen. „Sehr beruhigend.“
„Was willst du, Nikki?“ Er wagte sich einen Schritt tiefer in die gefährlichen Gewässer und fügte hinzu: „Ich weiß nicht, was zum Teufel ich jetzt machen soll. Du gibst mir nichts, und ehrlich gesagt werde ich mit jeder Minute wütender.“
„Also geht es hier nur um dich? Nach der Nacht, die ich gerade hatte?“
„Nein“, sagte er, „das Einzige, dessen ich mir sicher sein kann, ist, dass es hier allein um dich geht.“
„Sehr wortgewandt, Rook. Schreib das schnell in dein niedliches kleines Moleskine-Notizbuch. Das kannst du später noch brauchen. Oder vielleicht kannst du eines Tages darauf zurückgreifen, wenn du dich Wort für Wort daran erinnern willst, was du zu mir gesagt hast, um das Fass zum Überlaufen zu bringen.“ Sie griff in ihre Sporttasche und zog den Schlüssel zu seinem Loft heraus. „Fang.“
Er schnappte den Schlüssel aus der Luft. Er bohrte sich in seine Handfläche, als er seine Faust darum schloss. „Du wirfst mich raus?“
„Es ist mein Schlamassel. Also bringe ich es auch wieder in Ordnung.“
Rook spürte die volle Bedeutung dieser Aussage. Und ihre umfassende Zurückweisung. Er betrachtete ihr Gesicht, sah aber nur eine kalte Maske. Also steckte er den Schlüssel ein und verließ ihre Wohnung.
Nikki wandte bewusst den Blick ab, als er hinausging. Sie achtete auch nicht auf Raley und Ochoa, die ihre Unterhaltung zweifellos von der anderen Seite des Raums aus beobachtet hatten, als ob es eine Szene aus einem Stummfilm wäre, die keine Untertitel benötigte. Sie gaben vor, sie nicht offen anzugaffen, obwohl sie es natürlich trotzdem taten.
Als sie sich auf den Lehnstuhl neben dem Klavier fallen ließ, erlebte Nikki die Nacht, die zehn Jahre zurücklag, noch einmal in allen Einzelheiten. Genau wie damals fühlte sie sich betäubt, leer und schrecklich allein, während sie das Team der Spurensicherung aus derselben Perspektive bei der Arbeit in derselben Wohnung beobachtete. Umgeben von zerbrochenem Glas und umgeworfenen Einrichtungsgegenständen fühlte sich Nikki so erschüttert wie nach einem Erdbeben, und der Boden unter ihren Füßen wirkte verdächtig und nicht vertrauenswürdig.
Die beiden Mordfallbretter gaben ihr ebenfalls keinen Halt, als sie vor Sonnenaufgang allein im Hauptraum des Reviers saß. Sie trank ihren zweiten Kaffee und betrachtete die beiden Tafeln mit den Einzelheiten der Ermittlungen von einem Stuhl in der Mitte des Raums aus. Nikki war seit fast drei Stunden dort. Nachdem die Kollegen von der Beweis-
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