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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
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er zum ersten Mal Connors Erläuterung gehört hatte, »wie der Neandertaler der Vetter des modernen Menschen ist?«
    Connor hatte ihm seine große schwarze Pranke auf die Schulter gelegt und feierlich erklärt: »Dieser Mann ist mein Freund. Er versteht die schottische Seele.«
    Connors Stimme war sein schottischer Akzent nur dann anzuhören, wenn er aufgeregt war und in aller Hektik irgendetwas improvisieren musste, also etwa fünfmal pro Woche. »Riesenkatastrophe!«, rollte er. »Die schließen morgen die Burg wegen der Pressekonferenz für die Ausstellung! Das macht unsere Geisterführung kaputt!«
    »Connor«, seufzte Peter, »ich sag dir seit drei Monaten, dass die Medienshow für die Ausstellung mit der Geisterführung zusammenfällt und wir deshalb nicht in die Burg können!«
    »Aye«, stöhnte Connor mit der für ihn typischen Offenheit, »aber ich hab’s erst jetzt kapiert.«
    Peter kannte den Schotten mittlerweile gut genug, um keine eigene Lösung des Problems anzubieten. Er sagte stattdessen: »Wir sind erledigt, oder?«
    »Erledigt? Ha! Wir spielen einfach im alten Burgstall oberhalb der alten Kaserne!«
    »Dann leg ich mich jetzt wieder hin?«
    »Äh … ja«, sagte Connor, kurzfristig aus dem Tritt gebracht, aber keinesfalls schuldbewusst. »Wollte nur, dass du Bescheid weißt.«
    »Danke«, sagte Peter.
    Er schlurfte in die Küche und versuchte, sich zu erinnern, wo er das zwei Tage zuvor gekaufte Päckchen Kaffee abgestellt hatte. Dann wartete er darauf, dass der Wasserkocher seine Arbeit verrichtete. Einschlafen würde er jetzt doch nicht mehr können. Er seufzte.
    Der Wasserkocher brauchte Ewigkeiten. Schließlich tat Peter das, was er hatte tun wollen, seit er das Gespräch mit Connor beendet hatte. Er stapfte zum Laptop auf dem Schreibpult und öffnete ihn. Nach ein paar Sekunden gab er einen Ton von sich, und die rote Nummer auf dem Mailsymbol sprang um einen Zähler vorwärts.
    Peter räusperte sich und klickte das Programm an.
    Flora hatte ihm eine Entschuldigung geschrieben. Sein Herz machte einen Sprung.
    Flora hatte ihm keine Entschuldigung geschrieben. Er starrte die neue Botschaft an. Der Absender war schlicht: [email protected].
    Das Telefon klingelte. Einen Moment war Peter hin- und hergerissen, dann eilte er ins Schlafzimmer, um das Gespräch anzunehmen. Es war definitiv noch zu früh am Tag für das neueste Hirngespinst, das sein Vater Daniel ihm nun wieder per E-Mail nahezubringen versuchte. Da war ihm sogar Connor lieber, der offenbar ein neues Problem entdeckt hatte.
    »Ist der Burgstall über Nacht abgetragen worden?«, knurrte er.
    »Warum fragst du das nicht eine Baufirma?«, knurrte der diensthabende Beamte in der Polizeiinspektion zurück. »Der Chef möchte dich und Flora in zehn Minuten in der Dienststelle sehen.«
    Peter räusperte sich. »Gehen auch zwölf?«
    »Es gehen auch acht«, sagte der Beamte. »Schwing die Hufe, Herr Hauptkommissar.«
6 .
    Kriminaloberrat Michael Maier war Peters und Floras Vorgesetzter. Er war vierschrötig gebaut, hatte ein kantiges Gesicht mit einem Kinn wie Kirk Douglas und treue Hundeaugen à la George Clooney, und auch ansonsten war er das Opfer einer Sache, die bis nach Hollywood reichte. Er nannte sie den John-Carpenter-Fluch. Seine Mitarbeiter pflegten Wetten abzuschließen, wie lange es dauerte, bis ein Mensch, dem der Hauptkommissar vorgestellt wurde, fragte: »Michael Maier? Wie Michael Myers, der Massenmörder aus Halloween ?« Je jünger die Leute waren, mit denen Maier zu tun bekam, desto seltener wurden diese Fragen. Auch eine Filmikone wie Halloween konnte in Vergessenheit geraten. Zumindest Peter hätte schwören mögen, dass sein Chef insgeheim enttäuscht war, immer seltener auf seinen filmischen Namensvetter angesprochen zu werden.
    Der Besprechungsraum der Kripo im dritten Stock der Polizeiinspektion war gut gefüllt. Peter, der Flora den Vortritt gelassen hatte, winkte einigen Kollegen zu, die wie er und Flora heute eigentlich dienstfrei hatten. Schulterzucken antwortete ihm: Niemand wusste, was so Dringendes vorlag. Michael Maier saß an einem Tisch an der Stirnseite des Raums. Auf dem übernächsten Platz neben ihm musterte ein schlanker, verwegen aussehender junger Mann mit stoppelkurzen Haaren und einem schwarzen Bartschatten mit müden Augen die Anwesenden; zwischen ihnen hockte ein Mann mit einer Lederjacke und schwarzem Haar, in dem die ersten grauen Strähnen zu sehen waren. Er hatte sich von den Anwesenden

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