Richard Dübell
herrührte. Peter rief sich die Lage des Hauses in Erinnerung – das Oberlicht ging nach vorn hinaus, wo sich auch die Haustür befand. Der Raum war leer.
Er wandte sich ab und schaute nach oben zu den Kollegen. »Nichts«, sagte er.
Harald deutete auf die Feuerschutztür. Peter beugte sich so weit wie möglich nach vorn, um die Spuren auf dem Boden nicht zu zerstören. Er drückte die Klinke. Die Tür war verschlossen. Er klopfte dagegen. Das Geräusch sagte ihm, dass die Tür dick sein musste. Er vermutete, dass er dahinter den Ölbrenner und in einem angrenzenden Raum den Öltank finden würde. Die Treppe zum Keller lag im vorderen Drittel des Hauses, was bedeutete, dass die Räumlichkeiten hinter dieser Tür, die sich zur Rückseite des Hauses hin befinden mussten, deutlich weitläufiger sein mussten als der Lagerraum nach vorn hinaus.
»Hier ist die Polizei!«, rief er. »Ist jemand da drin?« Alles blieb stumm, aber es war fraglich, ob man eine Antwort durch die Tür überhaupt würde hören können.
»Und?«, rief Harald herunter.
Peter schüttelte den Kopf. Er drückte die Klinke erneut hinunter. Dann sah er den Haken, der in die Wand über der Tür eingeschlagen war. Ein Schlüssel hing daran. Es war ein einfacher Keilbart-Schlüssel; das Schloss in der Tür schien dazu zu passen. Peter hämmerte erneut gegen die Tür, mit dem gleichen Erfolg wie zuvor.
»Ich geh rein«, sagte er.
»Nimm eine Waffe mit!«, sagte Flora, stieg die ersten Kellerstufen in Peters Spuren hinunter und hielt ihm die geliehene Pistole hin.
»Brauch ich nicht«, murmelte Peter. Er trat auf Zehenspitzen in die verwischten Spuren vor der Tür, holte den Schlüssel vom Haken und steckte ihn ins Schloss. Es bewegte sich leicht – eines der wenigen Dinge hier im Haus, denen offenbar größere Sorgfalt zuteilwurde. Er drückte die Klinke nach unten, gab Flora ein Zeichen, stehen zu bleiben, riss die Tür dann mit einem Ruck auf und nutzte sie gleichzeitig als Deckung.
Nichts rührte sich.
Peter trat um die Tür herum, um nach einem Lichtschalter zu suchen. Der brutale Geruch von Blut traf ihn. Sein Magen verkrampfte sich. Noch bevor das Licht aufflammte, wusste er, was ihn erwartete, und er wusste auch, dass sie zu spät gekommen waren.
28 .
Ein unauffälliger dunkelblauer Passat rollte die steile Straße hinunter, bog nach links ab und holperte über das Bahngleis. Eric Heigl saß wie ein Haufen Unglück auf der Beifahrerseite und knetete die Hände im Schoß.
»Was hat denn so lange gedauert?«, fragte er schließlich.
Konstantin gab keine Antwort.
»Hat Natalie noch was gesagt? Hat sie sich gewehrt? Du hast ihr nichts getan, oder? Stani … bitte …«
Konstantin warf seinem Bruder einen Seitenblick zu. Das Problem war nicht Natalie gewesen, sondern die Tatsache, dass er den mit vier Personen besetzten 3 er- BMW hatte herankommen sehen, als er gerade aus der Haustür treten wollte. Warum die Polizisten glaubten, mit den Zivilfahrzeugen unauffällig zu sein, obwohl jedes von ihnen sich allein schon durch die zweite Antenne verriet, war ihm ein Rätsel. Er hatte die Haustür wieder bis auf einen Spalt geschlossen und beobachtet, wie der BMW in die nächste Seitenstraße abgebogen war. Es hatte ihm genügend Zeit gegeben, das Haus zu verlassen und in die entgegengesetzte Richtung zu laufen, bis er sich im leerstehenden Carport des schräg gegenüberliegenden Anwesens verstecken konnte.
Sie waren zu viert gewesen – Harald Sander, dann der Polizist, der mit bei der Geschichte in Bogenhausen gewesen war und in dem Konstantin Haralds Stellvertreter vermutete, dessen Namen er nicht kannte, sowie zwei weitere Beamte, die entweder ebenfalls zur SOKO gehörten oder hiesige Polizisten waren: eine Frau und ein Mann. Wie hatten sie so schnell hierhergefunden? War es falsch gewesen, sich den Scherz mit Natalie und ihrem Stecher zu erlauben? Hätte er abwarten sollen, bis der Fick beendet war, um sie erst dann abzufangen, wenn sie nach Hause ging, und ihr die Nachricht an Eric mitzuteilen? Wütend erkannte er, dass das die bessere Lösung gewesen wäre. Er erkannte jetzt, dass er im Vollgefühl seines Triumphs über Harald Sander zu vorschnell gewesen war – und in dem Zorn, der in ihm hochgestiegen war, als er Natalies Treiben beobachtet hatte. Damit hatte er die Polizei aufmerksam gemacht! Er hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass die Beamten sich über den Fall amüsieren und ihn auf die lange Bank schieben würden, anstatt
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