Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
Vom Netzwerk:
Jeans, wo sie an einer deutlichen Beule zu erkennen war. Sie hatte die Pistole vorschriftsgemäß nicht durchgeladen. Harald schien etwas dazu bemerken zu wollen, aber dann überlegte er es sich anders.
    »Wir gehen in Zweierpärchen«, sagte er stattdessen. »Flora mit mir und Robert mit Peter.«
    Sie nickten. Dass Harald auch für Peter die vertrauliche Anrede gewählt hatte, war in solchen Situationen normal. Die übliche Nervosität, die Peter fühlte, wenn sich die Ermittlungen in einem Fall zu einer möglichen Konfrontation verdichteten, spürte er heute doppelt stark. In der Mittagssonne mit schussbereiten Waffen auf ein scheinbar friedliches Haus zuzugehen, mitten in einer Wohnsiedlung, in der die Gerüche nach Mittagessen durch die Sommerhitze waberten, verschaffte ihm ein Gefühl der Unwirklichkeit. Ihm wurde bewusst, dass er weder in seiner Zeit als Polizeibeamter in Augsburg noch nach seiner Rückkehr nach Landshut in einer ähnlichen Situation gewesen war.
    Aus der Nähe besehen wirkte das Haus nicht friedlich, sondern düster. Seine exponierte Stellung ließ es auch ohne den grauen, verwitterten Putz, den ungepflegten Garten und die von den Fensterrahmen abblätternde Farbe ungastlich erscheinen. Die Baulücken zu seinen beiden Seiten erklärten sich durch das Gelände. Es fiel hier steil ab zum Tal dahinter, der Steilhang war von einem dichten Mischwald bewachsen, der in der Sonne wie ein dunkler Schatten wirkte.
    Ein schadhafter Maschendrahtzaun umgab den Garten. Harald brauchte nichts anzuordnen: Peter und Robert Kalp traten von der Straße und stapften durch das hohe Gras der Baulücke am Zaun entlang. Auch der Garten des Hauses in der Wolfgangsiedlung hatte vernachlässigt ausgesehen, aber es war die kurzfristige Vernachlässigung durch einen inkompetenten Urlaubsvertreter gewesen. Hier jedoch war die Vernachlässigung zum Prinzip geworden. Das Gras war hoch und blühte und war nur dort gemäht, wo man einen Pfad hindurch brauchte – zum Beispiel zum Kompost, der auseinandergebrochen war und einen unordentlichen Haufen bildete, aus dem die Bretter der geborstenen Verschalung herausragten. Auf dem Kompost lagen ein halber Laib verschimmeltes Brot und die Überreste eines total angebrannten Nudelgerichts. Wer hier lebte, hatte nicht begriffen, was mit Kompost gemeint war. Einige Gartengeräte lehnten an einer Stelle an der Hauswand, andere waren umgefallen. Eine Gießkanne stand unter einem Wasserhahn, der langsam vor sich hin tropfte. Sie war daruntergeschoben worden, um das Tropfwasser aufzufangen, aber sie war längst übergelaufen und sorgte für ein Rinnsal, das über die alten Betonplatten eines fast zugewucherten Wegs lief und nach ein paar Schritten in der Wärme verdunstete.
    Der Maschendrahtzaun reichte bis hart zur Hangkante und zog sich an ihr entlang um die Rückseite des Hauses herum. Sie zeigte nach Nordwesten. Ein kühler, muffiger Hauch wehte heran. Die Hauswand war moosig und mit Flechten durchsetzt, die wenigen kleinen Fenster waren blind.
    Harald und Flora waren vor dem Gartentürchen stehen geblieben, nachdem sie die andere Seite des Gartens von außen inspiziert hatten. Harald sah fragend zu Robert und Peter hinüber. Robert reckte den Daumen hoch, was bedeutete, dass er die Lage für gesichert hielt.
    Harald und Flora öffneten das Gartentor und traten vor die Haustür. Die Hausecke verwehrte die weitere Sicht auf sie. Peter ging einen Schritt zurück, damit er Flora im Auge behalten konnte. Sie drückte auf den Klingelknopf, während Harald seitlich stehen blieb, die Hand in der Jacke. Sie hörten die Klingel im Haus schellen. Peters Herz begann, immer schwerer zu hämmern.
    »Was sagt Ihr Bauch?«, murmelte Robert Kalp.
    »Dass ihm irgendwas hier nicht gefällt.«
    »Sagt meiner auch.«
    Die Klingel ertönte erneut, diesmal länger. Nichts rührte sich. Die Hausklingel war eine von der alten Sorte, die wie ein schriller altmodischer Wecker klang. Harald blickte zu ihnen herüber. »In Landshut sitzen sie alle um diese Zeit auf dem Klo«, rief er halblaut, aber selbst er schien seinen Witz nicht lustig zu finden. Peter sah, wie Flora probehalber die Türklinke drückte. Die Tür öffnete sich einen Spalt.
    »Ist hier die Welt noch in Ordnung?«, fragte Robert Kalp. Er hatte die ganze Zeit die geschlossenen Fenster überwacht und ließ auch jetzt kein Auge von ihnen. Seine rechte Hand lag auf der Pistolentasche.
    »Nicht mehr als anderswo«, sagte Peter. Dass die Haustür

Weitere Kostenlose Bücher