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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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weiter. »Aber das hat deine Mutter gar nicht gestört. Es ging ihr nur darum, so schnell wie möglich ihren Zettel vollzukriegen.«
    Â»Du meinst, sie hat … sie hat geschummelt?«
    Er nickte so langsam und vorsichtig, als erwartete er, dass ich ihm eine klebte, weil er gerade was Schlechtes über meine Mutter gesagt hatte. Im Förderzentrum hatte ich dem Lawottny mal eine geklebt, als er sagte, Mama wäre so eine und dass jeder im Kiez das wüsste. Nur hatte er nicht so eine gesagt, sondern ein viel fieseres Wort. Es war noch schlimmer als ein A-Wort. Der Lawottny fiel rückwärts um von meiner Backpfeife und ich warf mich auf ihn und hocktemich auf seine Brust und klebte ihm noch eine hinterher und brüllte ihn an, ich würde Hackepeter aus ihm machen, wenn er das je wieder sagte. Seine Lippe blutete und ihm lief Rotze aus der Nase. Der Wehmeyer musste mich von ihm runterzerren und Mama musste ins Förderzentrum kommen zu einem Gespräch. Es war das einzige Mal in meinem Leben, dass ich jemanden gehauen habe. Ich bin nicht stolz darauf, aber ich würde es wieder tun.
    Nur nicht bei Oskar. Er würde niemals ohne Grund etwas Schlimmes über meine Mama behaupten. Vorsichtshalber fragte ich ihn trotzdem.
    Â»Bist du dir sicher?«
    Â»Ja. Aber ich wusste nicht, wie ich es dir sagen sollte. Oder ob ich es dir überhaupt sagen sollte.«
    Ich überlegte.
    Dann fiel mir etwas ein.
    Â»Hey, aber das hätte die Wandbeck doch gemerkt! Du weißt schon, die Bingotante. Sie vergleicht die Zahlen auf den Kärtchen mit den Zahlen, die sie aus der Trommel gezogen hat. Sie macht das sehr gründlich.«
    Ich guckte Oskar von der Seite an. Er sagte nichts mehr. Aber er dachte was. Und dann, als wäre sein Gedanke aus seinem Kopf rüber in meinen Kopf geflogen, dachte ich es auch. Es war, als könnte ich das Klacken von einem Schalter in meinem Schädel hören, als mir ein Licht aufging. Es war nur ein schwaches Licht mit einer kleinen Glühbirne drin und wenig Strom. Aber es war hell genug.
    Â»Du glaubst doch wohl nicht«, flüsterte ich, »die Wandbeck wüsste, dass Mama schummelt?«
    Keine Antwort.
    Â»Aber das ist doch bescheuert! Warum sollte sie jemandem dabei helfen, eine Plastikhandtasche zu gewinnen, mit der keiner was anfangen kann? Mama hat schon Dutzende von den Dingern gewonnen und alle bei eBay versteigert!«
    Â»Rico«, sagte Oskar leise, »ich hab die Handtasche gesehen. Ich hab sie sogar heimlich angefasst. Sie war aus echtem Leder. Von einem Krokodil oder einem Alligator, schätze ich.«
    Ich zuckte die Achseln. »Und?«
    Â»Verstehst du nicht? Solche Taschen sind sehr teuer. Wenn deine Mama sie wirklich bei eBay versteigert, muss sie damit ein Vermögen verdienen. Die Wandbeck verhilft ihr dazu. Die beiden machen da irgendwas Illegales.«
    Illegal kannte ich. Es bedeutet ungesetzlich. Es bedeutet kriminell. Ich hörte wieder was in meinem Kopf. Erst dachte ich, es wäre das Klacken vom Lichtschalter. Aber ich glaube, das war es nicht. Ich glaube, es war das Knacken von einem Sprung oder Riss, durch den Farbe aus mir rauszulaufen begann.

    Wir saßen lange auf der Bank. Wir redeten und redeten. Erst war ich nur wütend, dann wurde ich traurig. Dann spürte ich plötzlich Zweifel, aber auch einen kleinen Keim der Hoffnung.
    Anschließend sagte Oskar schlaue Sachen. Wegen denen kriegte ich erst eine große Liebe zu Mama und dann schlimme Ängste.
    Zuletzt fassten wir einen Entschluss.
    Dass das alles einigermaßen der Reihe nach ging, ohne dass die Bingotrommel in meinem Kopf explodierte, habe ich nur Oskar zu verdanken.
    Hier ist die Reihe:
    DIE WUT :
Mama hat womöglich schon wer weiß wie oft ihr Bingokärtchen gefälscht, obwohl ich jedes Mal dabei gewesen bin. Sie wusste ja, dass ich es nicht bemerke, weil ich nur ein blöder Spasti bin!
    DIE TRAURIGKEIT :
Mama vertraut mir nicht. Etwas nicht gesagt zu bekommen kann sich genauso anfühlen, wie belogen zu werden.
    Mama lässt den Bühl bestimmt deshalb nicht an sich ran, weil er Polizist ist. Er könnte ja dahinterkommen, dass sie womöglich eine Kriminelle ist.
    DIE ZWEIFEL :
Mama würde freiwillig niemals etwas tun, das uns womöglich voneinander trennt. Zum Beispiel, wenn sie ins Gefängnis müsste.
    Mama kann die Wandbeck nicht ausstehen. Sie hat mal gesagt, dass sie sich vor

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