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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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achtundneunzig.«
    Â»Ganz schön teuer für eine einzige Flasche Sekt«, flüsterte ich Oskar beeindruckt zu.
    Â»Das war kein Sekt, sondern Champagner«, flüsterte er zurück. »Und dafür ist er ziemlich billig.«
    CHAMPAGNER : Sekt in teuer aus erpressten Weintrauben. Man kann Trauben auch trocknen, bis sie schrumpelig sind, dann landen sie als Rosinen im Studentenfutter, oder man weicht sie ein, dann kommen sie in den Käsekuchen. Es gibt also für die Traube kein Entkommen. Sie ist vermutlich das meistgejagte Obst der Welt.
    Als wir zu Hause ankamen und ich die Tür zur Wohnung aufschloss, fingen meine Beine an zu zittern und in meinem Kopf ging das Rattern und Bollern los. Plötzlich kam mir das Gespräch am Spielplatz vor, als hätte ich es bloß geträumt. Und vielleicht war es ja auch bloß so etwas wie einschlechter Traum. Was war, wenn Oskar sich getäuscht und gestern beim Bingo nicht richtig hingeschaut hatte? Wenn Mama wirklich nur billige Handtaschen im Internet versteigerte?
    Dann fiel mir Mamas Traurigkeit ein. Die gab es zwar erst seit ein paar Wochen und zum Bingo gingen wir schon seit Jahren. Aber konnte Mamas Ziemlichweitwegblick in letzter Zeit nicht trotzdem was mit der Sache zu tun haben?
    Ratter, ratter, boller, boller …
    Â»Ich muss mal aufs Klo«, sagte ich zu Oskar.
    Er nickte nur, nahm mir die Einkaufstasche ab und ging damit in die Küche zu Mama. Das Radio war an, Musik dudelte raus in den Flur, Geschirr klapperte in der Spüle.
    Ich verschwand ins Klo, schloss hinter mir ab und setzte mich auf den Rand der Badewanne. Es wurde auch höchste Zeit. Meine Beine waren wie Wackelpudding. Dann machte ich die Augen zu.
    Wenn es mir ganz schlecht geht, oder wenn ich Angst habe und nicht will, dass jemand das bemerkt, benutze ich schon seit Jahren den Kästchentrick. Den habe ich damals erfunden, als ich noch ins Bett machte. Das Kästchen steht in einem kleinen Regal in meinem Kopf. Es besteht aus dunklem Holz mit dem Bild von einer Schildkröte drauf. Ich kann es aus dem Regal nehmen und es aufklappen und eine Angstsache reintun, zum Beispiel Mamas Erpressung. Es funktioniert auch mit Mathe oder mit Straßen, die nicht geradeaus sind, und dergleichen, aber weil das Kästchen kleinist, passen höchstens zwei Sachen gleichzeitig rein. Den Deckel klappe ich dann wieder zu und stelle es zurück ins Regal. Die Schildkröte sorgt dafür, dass die Angstsache sich beruhigt, und in der Zeit kann ich nachdenken. Wenn ich später vorsichtig ins Kästchen gucke, ist die Angstsache meistens geschrumpft und hat sich in eine normale Bingokugel verwandelt, die dann raus in meinen Kopf darf, zu den anderen.
    Jetzt machte ich das Kästchen auf, steckte die Angst um Mama rein und ließ den Deckel gleich wieder zufallen. Ich streichelte der Schildkröte über ihren dicken Abwehrpanzer, weil sie ein echt guter Kumpel ist, dann blinzelte ich, machte die Augen auf und ging in die Küche.
    Â»â€¦Â enthält Eisen und bestimmte lebenswichtige Fettsäuren, die der Körper nicht selber herstellen kann«, hörte ich Oskar bis in den Flur trompeten. »Angeblich sind sie gut für die geistige Leistungsbereitschaft und fördern die Intelligenz. Daher der Name Studentenfutter.«
    Mama lächelte dünn in meine Richtung, als ich die Küche betrat. Oskar saß inkognito auf einem Stuhl, mit baumelnden Beinen, und guckte ihr beim Abspülen zu. Auf dem Stuhl daneben stand die Einkaufstasche.
    Â»Wir haben Fitzke getroffen«, verkündete ich Mama. »Bei Edeka.«
    Â»So … Hat er Schwachkopf zu dir gesagt?«
    Â»Er hat Doretti gesagt. Außerdem war er frisch gewaschen und rasiert. Er trug sogar einen Anzug.« Ich schnappte mir einGeschirrtuch und eine nasse Tasse und begann abzutrocknen. » Und er hat uns zu sich eingeladen!«
    Mama runzelte die Stirn. »Ist er krank?«
    Â»Auf jeden Fall«, sagte Oskar. »Der hat einen an der Waffel.«
    Seine Beine baumelten jetzt etwas schneller. Er sah aus, als wollte er es sich so richtig gemütlich machen in unserer Küche, aber so ging das nicht. Man kann nicht zusammen wohnen, aber nur einer oder zwei machen die Arbeit. Ich zeigte auf die Einkaufstasche.
    Â»Du könntest mal bitte etwas helfen. Wir haben nämlich Regeln, weißt du.«
    Seine Beine wurden langsamer, dann hielten sie still. »Was für

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