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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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zeigte nach vorn. Auf der Grenze zwischen zwei Getreidefeldern, von struppigen Hecken und Büschen umgeben, erhob sich eine Art Kasten auf einem hölzernen Gestell. Eine Leiter führte rauf.
    Â»Wofür ist der?«, sagte ich.
    Â»Jäger«, sagte Herr van Scherten knapp.
    Er steuerte den Golf dicht an den Straßenrand. Wir stiegen aus, liefen an den Büschen entlang und ich kletterte den Hochstand rauf, hinter Herrn van Scherten. Ich fand, er war ganz schön sportlich für sein Alter. Als ich runterblickte, sah ich Oskar dort stehen, so klein, dass er von dem hohen goldgelben Getreide am Feldrand fast verschluckt wurde.
    Â»Was ist, kommst du?«, rief ich ihm zu.
    Er guckte zu uns rauf durch seine schwarze Sonnenbrille und schüttelte schnell den Kopf. Hätte ich mir eigentlich denken können. Er hat’s ja nicht so mit der Höhe.
    Ich zuckte die Achseln und kletterte weiter, Sprosse um knarzende Sprosse, bis ich mit der Nase beinahe gegen den Hintern vom van Scherten knallte. Das kleine Wohnkästchen auf dem Hochstand war leider abgeschlossen, so dass wir von der Leiter aus über die Landschaft gucken mussten. Ich dachte an Frau Dahling hinter ihrer Wursttheke und fragte mich, obsie wusste, dass von hier oben aus die Kühe erschossen wurden, die sie als Schnitzel verkaufte.
    In Richtung Berlin erstreckten sich die Maisfelder, ein graubrauner Teppich unter dem düsteren Gewitterhimmel. Weit hinten begrenzte ein großes Waldstück diese Pampa, dort stand eine einzelne große, fensterlose Scheune aus Holz mit windschiefem Dach. Wenn man genau hinsah, bemerkte man eine kurvige Linie, die sich von dort aus durch die Felder auf die Hauptstraße zuschlängelte. Wenn man noch genauer hinsah … Ich kniff die Augen zusammen.
    Â»Schauen Sie mal!«, rief ich Herrn van Scherten zu, »die Staubwolke, die da aufgewirbelt ist!«
    Der Boris und die Ellie mussten bei der Scheune gewesen sein. Und dann waren sie wieder weggefahren. Die feine Staubwolke wurde in Richtung Hauptstraße immer dichter.
    Â»Na dann«, sagte Herr van Scherten. »Volle Kraft zurück. Könnte sein, wir haben soeben das Lager für die heiße Ware entdeckt.«
    Fünf Minuten später, als wir nach erschütternd viel Feldweggerumpel unter dem Hintern bei der drohend aufragenden Scheune ankamen, wurde mir zum ersten Mal wirklich mulmig zumute. Angenommen, der Boris und die fürchterliche Ellie kämen aus irgendeinem Grund wieder zurück – in dieser Einöde hier draußen würde niemand mitkriegen, wie sie uns womöglich mit einer Knarre erledigten, weil wir ihnen hinterherspionierten, und danach würden sie unsere sterblichen Überreste im Mercedes nach Thüringen schaffen,um uns dort an ein Rudel Feldhamster zu verfüttern, damit keiner unsere Leichen fand.
    Â»Einer von euch zwei Helden sollte wirklich den Aufpasser spielen«, stimmte Herr van Scherten meinen Bedenken zu. »Wer übernimmt das?«
    Â»Ich«, meldete Oskar sich sofort freiwillig, was mich sehr freute. Trotz meiner Mulmigkeit wollte ich gerne persönlich in diese Scheune reinkommen. Es war so, als könnte ich Mama damit besser helfen, als wenn ich bloß Wache stand, und ich schätze, genau dasselbe dachte Oskar auch. Er ist eben ein wahrer Freund.
    Â»Gut«, sagte Herr van Scherten zu ihm. »Du kannst derweil im Wagen im Handschuhfach nachschauen, da ist Schokolade drin, zur Entschädigung fürs nicht so aufregende Herumstehen.«
    Â»Was?«, schnappte ich. »Aber die war doch eigentlich für –«
    Ich biss mir auf die Zunge. Oskar zeigte mir grinsend seine Riesenzähne. So viel zum Thema gesundes Bioessen, und so viel zum Thema wahre Freunde.
    Mann, Mann, Mann!
    Das Holz, aus dem die Scheunenwände zusammengezimmert waren, war alt und stellenweise wellig und rissig, als hätte es über viele Jahre hinweg zu viel Wetter abgekriegt. Fenster gab es keine, nur ein großes, zweiflügeliges Tor, mit einer dicken Kette gesichert und abgeschlossen. Rund um das windschiefe Gebäude standen Gräser und Halme so hoch,dass sie mir bis zur Gürtellinie ragten. Es fühlte sich schön an, mit den Händen darüberzustreichen, während Herr van Scherten und ich auf der Suche nach einer guten Stelle zum Einbrechen langsam die Scheune umkreisten.
    Â»Ich frage mich«, sagte ich, »warum der Boris ausgerechnet in so einem

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