Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
Vom Netzwerk:
verballerten Schuppen seine heiße Ware verstecken sollte. Da kann doch jeder rein, wenn er nur gegen ein paar Bretter tritt!«
    Â»Ebendeshalb vermutlich«, sagte Herr van Scherten. »Kennst du die berühmte Geschichte vom verlegten Brief, von Edgar Allan Poe?«
    Â»Nee.« Ich fand es auch ein bisschen viel verlangt, dass man die Geschichte von jemandem kennen soll, der wie ein Hintern heißt, nur weil der so dumm gewesen ist, einen Brief zu verlegen. Wenn er so vergesslich ist, sollte er seine Briefe einfach einrahmen und an die Wand hängen.
    Â»Lies sie mal irgendwann, ich kann dir das Buch leihen«, sagte Herr van Scherten. »Die offensichtlichsten Verstecke sind manchmal die besten, weil keiner auf die Idee kommt, dass sie überhaupt ein Versteck darstellen.«
    Er hatte den Satz kaum beendet, da blieb er unvermittelt stehen, musterte ein Stück der Holzwand, runzelte die Stirn und trat zu. Es krachte ordentlich, und Herr van Scherten kippte mit einem lauten Stöhnen nach hinten ins Gras. Ein paar kleine Viecher sprangen zu den Seiten davon, wahrscheinlich Heuschrecken. Das gefiel mir gar nicht. Vielleicht holten sie ein paar Tausend Kumpels und kamen wieder, weilein hilfloser Rentner mit gebrochenem Bein oder dergleichen der absolute Hit auf ihrer Speisekarte war.
    Â»War das Ihr Fuß?«, sagte ich besorgt. »Ist er futsch?«
    Â»Ich mag alt sein, aber ich bin noch nicht morsch«, ächzte Herr van Scherten und rappelte sich umständlich auf, mit knallroter Glatze. Er nickte in Richtung Wand. »Hat’s wenigstens was genützt?«
    Es hatte. Ein breites Brett war nach innen gebrochen. Ich wartete auf kein Kommando oder eine Erlaubnis, sondern ging sofort auf die Knie und quetschte mich durch die Lücke. Drinnen angekommen, stand ich wieder auf und klatschte mir die Hände sauber. Das Klatschen erklang immer noch, als ich die Hände wieder ruhig hielt – über mir fielen die ersten Regentropfen aufs Dach der Scheune.
    Â»Und?«, tönte Herrn van Schertens Stimme durch die Holzwand.
    Â»Moment.«
    Trotz einiger Ritzen zwischen den Wandbrettern, durch die hier und dort in schmalen Bahnen trübes Licht sickerte, war es so finster, dass ich anfangs nichts erkennen konnte. Die Luft roch seltsam schwer, süß und gleichzeitig streng, nach vor Ewigkeiten gelagertem Heu, vermutete ich, und vielleicht auch nach allen möglichen Viechern, die früher hier drin untergekommen waren, wenn draußen ein Gewitter tobte und sie vor Blitzen flüchten mussten.
    Als meine Augen sich endlich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, blickte ich mich um. Kreuz und quer standen jedeMenge Kartons in allen Größen herum, teils geöffnet, teils verschlossen, teils vereinzelt, teils gestapelt. In ein paar von ihnen schaute ich rein.
    Im vierten oder fünften Karton fand ich Handtaschen.

    Die Scheibenwischer funktionierten doch automatisch. Sie schlugen eifrig hin und her, während Herr van Scherten mit uns im Schneckentempo zurück nach Berlin zuckelte. Unter uns summte der nasse Asphalt, über uns klopfte wie tausend kleine Nägel der Regen aufs Dach, während ich aufzählte, was ich in der Scheune alles entdeckt hatte.
    Â»DVD-Player, Handys, Handtaschen, Armbanduhren, aller mögliche Schmuck. Außerdem diese kleinen Computer zum Rumtragen –«
    Â»Notebooks«, sagte Oskar.
    Â»â€“ und sogar ein Karton voll mit Pelzjacken.«
    Â»Keine Fernseher?«
    Â»Keine Fernseher.«
    Ich sah ihm beim Schreiben zu. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, eine Liste für die Polizei zu erstellen, aber wer sollte das lesen? Man durfte ja wohl annehmen, dass ein Hochbegabter von Natur aus eine vornehme Handschrift hat (odereinen angeborenen Sinn für Ordnung), aber Oskars Schrift war gedrängt und kritzelig und fast so schlimm wie die Ferkelklaue seines Vaters. Und dann fiel mir auf …
    Â»Hey! Du schreibst nicht mit der gleichen Hand wie ich!«
    Â»Ist das so?«, gab Oskar abwesend zurück. »Dann ist einer von uns beiden wohl Linkshänder. Wer mag das wohl sein?«
    Mann, Mann, Mann! Erst fraß er mir die Schokolade weg, und jetzt so was. Wenn er vorhatte, sich über mich lustig zu machen, würde ich ihn gar nichts mehr fragen. Ich konnte ja immer noch prima auf Herrn van Scherten ausweichen.
    Â»Was meinen Sie, was die Wandbecks in der Scheune gemacht haben?«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher