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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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einem geschnauften »’tschuldigung!«.
    Also echt!
    Ich schüttelte die Zahlen aus meinem Kopf und nahm den Würfel. »Welche Farbe hab ich noch mal?«
    Â»Siebenundvierzig«, sagte Oskar.
    Und während des weiteren Spiels fiel kein einziges Wort mehr.
    Und Lars gewann.



Nach der kalten Ungemütlichkeit bei Lars fühlte ich mich in Frau Dahlings Wohnzimmer wie im Inneren einer warmen Wolke aus Kuscheligkeit und Kümmern. Ich hatte schon heimlich befürchtet, es gäbe heute Abend nur Trauermüffelchen, mit grauer Leberwurst und blassem Käse und welkem Gemüse drauf, schließlich ist der Tod ja nicht gerade eine appetitanregende Sache. Aber Frau Dahling hatte alles so liebevoll und lecker zubereitet wie immer.
    Â»Soll keiner sagen, wir hätten Fitzke nicht in Würden verabschiedet«, sagte sie, als sie den Teller auf dem Tisch abstellte. »Ich hol euch rasch Sprudel aus der Küche, hm?«
    Oskar nickte bloß.
    Er hockte unglücklich auf dem Fernsehsofa, so weit hinten, dass seine Beine nicht mal über den Rand baumelten. Mit seiner peruanischen Bommelmütze sah er zwischen den vielen gemütlichen Plüschkissen aus wie ein vergessenes Stofftier. Er rührte keinen Bissen an, im Gegensatz zu mir. Ich musste vorneweg drei Müffelchen verputzen, um über den bescheuerten Nachmittag hinwegzukommen, drei weitere aus Mitgefühl für Oskar und die spartanischen Schluchtkinder, und mit der würdevollen Verabschiedung von Fitzke fing ich gerade erst an, als Frau Dahling aus der Küche zurückkam.
    Â»Dass ihr ihn finden musstet!« Sie goss uns kopfschüttelnd Sprudel ein. Das mit dem Finden sagte sie jetzt schon zum ungefähr hundertsten Mal seit letztem Montag. »Ein Toter im Treppenhaus – das ist doch nichts für Kinder! Kein Hunger, Oskar?«
    Oskar schüttelte bloß den Kopf.
    Â»Wenn Fitzke in seiner Wohnung gestorben wäre«, sagte ich kauend, »hätte ihn gar keiner gefunden. Oder erst, wenn sein Leichengift beim Kiesling durch die Zimmerdecke getropft wäre. Wissen Sie, wofür das W in seinem Namen stand?«
    Â»Wilhelm«, murmelte Frau Dahling und guckte automatisch rauf zu ihrer eigenen Decke. »Leichengift?«
    Ich nickte ernst. »Leichen lösen sich auf, wenn sie eine Weile vor sich hin gegammelt haben. In stinkige grüne Flüssigkeit. Stimmt doch, Oskar, oder?«
    Oskar zuckte bloß die Achseln.
    Das war ernst. Normalerweise hätte er jetzt einen Vortrag über Vergammeln und Verwesung gehalten, oder er hätte sich wenigstens gefreut, dass er mit dem Wilhelm in der Mitte Recht gehabt hatte. Aber nitschewo. Der Stress mit seinem bekloppten Vater hatte ihn völlig aus der Fassung gebracht. Irgendwas tief in ihm drin war so fürchterlich am Brodeln, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn kleine schwarze Bläschen auf seiner Haut zerplatzt wären. Als es an der Tür klingelte, zuckte er unmerklich zusammen.
    Â»Nanu?« Frau Dahling stellte die Flasche ab, strich mit beiden Händen über ihre gestreifte Kittelschürze und ging raus.
    Â»Keine Sorge, ist nicht dein Papa«, flüsterte ich in Oskars Richtung und rief Frau Dahling nach: »Das ist Herr van Scherten!«
    Als Frau Dahling mit ihm ins Wohnzimmer kam, warf sie mir einen bewundernden Blick zu, weil ich schon wieder eine tadellose Prophezeiung hingekriegt hatte. Wobei das eigentlich gar keine Prophezeiung gewesen war, sondern einfach nur gut geraten. Frau Dahling hatte, seit ich sie kannte, noch nie von jemandem Besuch bekommen außer von mir. Und Lars war viel zu bequem, um die eine Treppe raufzukommen, falls er irgendwas wollte. Der würde eher sein blaues Furzsofa abfackeln und darauf warten, dass wir hier oben die Rauchzeichen am Fenster vorbeiziehen sahen.
    Der van Scherten war immer noch voll aufgetakelt von der Beerdigung, mit grauem Anzug und Krawatte. Bloß trug er jetzt keine schwarze Krawatte mehr, sondern eine mit niedlichen kleinen Schmetterlingen drauf. Er liebt Schmetterlinge. An fast jeder Wand in seiner Wohnung hängen Sammelkästen, in denen welche aufgespießt sind, mit noch ein paar anderen Krabbelviechern als Zugabe.
    Â»Oh, es gibt Häppchen«, sagte er gut gelaunt.
    Â»Für unseren Fernsehabend«, sagte ich und fügte vorsichtshalber hinzu: »Zu dritt.«
    Â»Ach, siehste mal, hatte ich ganz vergessen, dass ihr drei … Ich darf

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