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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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Liebe ist ein Gefühl, und Gefühle bringen ihn nun mal grundsätzlich durcheinander.« Oskar zupfte und zerrte so heftig an einer Bommel, dass er sie fast abriss. »Gefühle sollte man abschaffen. Können wir jetzt bitte fernsehen?«
    Ich wollte Ja sagen, weil ich wirklich gern ferngesehen hätte, und ich wollte Nein sagen, weil ich Oskar gern geholfen hätte. Aber ich wusste nicht, wie. Ich hatte ihn noch nie mit diesem schwarzen Gebrodel in sich drin erlebt. Normalerweise bekommt er, wenn er wütend wird, nur einen roten Kopf.
    Â»Ich krieg mich schon wieder ein«, sagte er, als hätte er meine Gedanken erraten. »Ich bin völlig von Adrenalin durchflutet, aber das sollte sich bald wieder geben.«
    Er ließ sich vom Sofa gleiten und begann, auf der Stelle zu hüpfen.
    Â»Was ist Adrenalin?«
    Â»Ein Stresshormon. Wird vom Körper in Krisensituationen ausgeschüttet, damit er besser für eine Flucht vorbereitet ist. Beschleunigter Herzschlag, die Blutgefäße erweitern sich, sogar die Pupillen, und alle Muskeln spannen sich an.« Jetzt bewegte er auch noch die Arme rauf und runter. »Kann man nix gegen machen, aber es baut sich schneller wieder ab, wenn man sich bewegt. Eigentlich ein natürlicher und sinnvoller Reflex. Ich sollte abhauen.«
    Dieses brodelnde Adrenalinzeugs, fand ich, klang verdächtig nach Bingotrommel. Und weil ich wusste, dass bei vollem Trommeleinsatz am besten Ablenkung hilft, griff ich nach den Fernbedienungen für den Fernseher und den DVD-Spieler.
    Â»Komm, wir gucken irgendwas. Hast du Lust auf Miss Marple?«
    Oskar zog eine Grimasse, aber immerhin hielt er endlich wieder still. »Die Filme kann ich inzwischen auswendig. Geht nicht auch mal was anderes?« Er zeigte auf den Fernseher. »Was hat denn Frau Dahling zuletzt geguckt?«
    Â»Keine Ahnung. Wart mal.«
    Ich drückte die Tasten auf den Fernbedienungen. Mit einem leisen Brummen lief der DVD-Spieler an, dann kam das Bild. Im Fernseher brannte ein Feuer. Hübsche orangegelbe Flammen auf ein paar aufgeschichteten Holzscheiten. Es brannte und brannte. Eine Minute lang, zwei Minuten lang. Und brannte und brannte.
    Â»Was issen das?«, sagte ich, als es einfach nicht aufhörte.
    Oskar ging zum DVD-Spieler. Er hob eine leere Hülle hoch. »Kaminfeuer«, las er vor und drehte sie um. »›Neun verschiedene Kamine knacken und knistern behaglich im Heimkino-Sound.‹«
    Â»Was ist behaglich?«
    Â»So was wie gemütlich, nur noch gemütlicher.«
    Ich fand das nicht behaglich. Ich fand es bescheuert und traurig noch dazu. Da saß die arme Frau Dahling abends allein hier rum und guckte Kaminfeuer im Fernsehen, aber so ein Fernsehfeuer macht nicht wirklich warm, also tat sie das bestimmt nicht, weil sie Heizkosten sparen wollte. Jetzt war ich erst recht froh, dass wir ihr Ausgang gegeben hatten.
    Oskar setzte sich neben mich und betrachtete die flackernden Flammen. Er saß ganz still. In seinen Augen glänzte der Feuerschein aus dem Fernseher. »Ich find’s eigentlich ganz cool«, sagte er nach ein paar Minuten.
    Â»Ich nicht. Darf ich auf Fernsehen umschalten?«
    Er zögerte, aber nur ganz kurz. »Klar.«
    Wir hatten sofort einen punktgenauen Treffer, mitten in einen Spielfilm rein. Eine junge Polizistin quetschte sich gerade im Dunkeln unter einer verklemmten Tür durch, um in so eine Art Lagerschuppen reinzukommen. Glück gehabt, dachte ich zufrieden. Bestimmt ein Krimi. Als die Polizistin sich an einem Nagel kratzte, machte Oskar leise: »Autsch!«
    In dem Moment wurde oben in der Ecke vom Fernseher mit einem kleinen Bling! der Titel eingeblendet, und mir blieb die Spucke weg. Wenn das mal keine Eins-a-Prophezeiung war! Vorhin hatte ich noch daran gedacht …
    Â»Das Schweigen der Lämmer«, las Oskar vor. »Kennst du den?«
    Â»Nee, aber der Lawottny aus dem Förderzentrum hat ihn mal gesehen. Er fand ihn toll. Ist mit Schmetterlingen.«
    Â»Und mit Lämmern?«
    Â»Glaub schon.«
    Â»Ein Tierfilm?«
    Â»Also … Es kommen auch ein paar Leute drin vor. Sieht man ja.«
    Oskar beugte sich gespannt nach vorn. Die junge Polizistin hatte inzwischen ihre Taschenlampe angeknipst. Bedrohliche Musik erklang, während sie sich in dem riesigen Schuppen umsah. Als sie in eine alte Kutsche einstieg, wurde mir ein bisschen mulmig. Als sie in der Kutsche ein Einmachglas mit

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