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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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einem vergammelten Kopf drin fand, krallte Oskar sich erschreckt in meinen Arm. »Das sieht gruselig aus. Ist der gruselig?«
    Â»Keine Ahnung. Der Lawottny meinte, er wäre was für Babys.«
    Als der Film schließlich zu Ende war, waren wir völlig fertig mit den Nerven. Ich hatte mir die ganze Zeit die Ohren zugehalten und Oskar sich die Augen. Die schweigenden Lämmer hatte man überhaupt nicht gesehen und den toten Schmetterling nur ganz kurz. Wie der Lawottny sich gar nichts zugehalten und den Film trotzdem überlebt hatte, war mir ein Rätsel. Noch ein Rätsel war, warum Oskar den Fernseher erst ausmachte, als wir alles überstanden hatten.
    Â»Gute Frage«, sagte Oskar. »Ich denke, es hat etwas mit der Faszination des Grauens zu tun. Man muss einfach hingucken, so wie schaulustige Leute bei Autounfällen hingucken. Weil man sich dann freuen kann, dass man selber noch am Leben ist.«
    Â»Du hast doch gar nichts gesehen.«
    Â»Doch. Zwischen den Fingern durch.«
    Mir fiel der Lastwagenunfall auf dem Weg zum Flughafen ein. Es stimmte, da hatte ja auch jeder hingeguckt, auch wenn nur ein paar Apfelsinen überlebt hatten. Vielleicht waren die Schaulustigen froh gewesen, dass sie selber nicht in einer Saftpresse oder dergleichen gelandet waren.
    Â»Es war schrecklich, aber auch toll«, sagte Oskar und griff nach einem Müffelchen. »Dieser Hannibal Lecter war ein Genie!«
    Er langte ordentlich zu, was mir ausnahmsweise egal war. Erstens hatte ich ja schon eine Kleinigkeit gegessen, und zweitens war mir der Appetit vergangen. Dieser Hannibal Lecter fraß nämlich Leute, die er nicht leiden konnte, mal so nebenher zum Frühstück. Womöglich auch noch welche zu Mittag und zum Abendessen. Normalerweise machen Gruselfilme mir keine Angst, weil man ja weiß, dass es Monster in Wirklichkeit nicht gibt. Aber wenn ganz normal aussehende Leute das Monster sind, also so welche, die einem sonst beim Edeka freundlich über den Blattspinat hinweg zulächeln, ist das was anderes. Da kriegt man doch vor jedem Schiss, der einen anlächelt, weil der womöglich einen kleinen Jungen viel leckerer findet als den Blattspinat.
    Ich half Oskar dann doch noch ein bisschen bei den Müffelchen, bevor wir die leeren Teller und unsere Gläser in die Küche brachten und sie rasch abspülten. Als wir die Wohnung verlassen wollten und ich im Flur die Hand schon am Türgriff hatte, erklangen aus dem Treppenhaus Schritte. Sie kamen nach oben und waren schon fast bei uns im Dritten. Ich zog die Hand wieder zurück.
    Â»Das müssen die RBs sein«, flüsterte ich Oskar zu.
    Weiter oben war ja außer denen zurzeit niemand. Womöglich war es die ganze Familie, und ich hatte keine Lust, mir nach dem gefräßigen Hannibal Lecter auch noch den gefräßigen Thorben vorm Einschlafen anzugucken.
    Ich blinzelte durch den Türspion. Oskar reckte den Hals. Selber durch den Spion gucken konnte er nicht, dafür war er zu klein.
    Â»Und?«
    Er flüsterte automatisch, wie man es immer tut, wenn man jemanden heimlich beobachtet. Ich flüsterte zurück.
    Â»Weiß nicht. Ist total dunkel.«
    Â»Ist das Licht kaputt?«
    Â»Keine Ahnung. Vorhin ging es doch noch.«
    Oskar zog eine Klappe von der Bommelmütze hoch und presste sein Ohr an die Tür. Ich lauschte ebenfalls. Die Schritte von einer einzelnen Person bewegten sich draußen an der Tür vorbei und weiter nach oben. Im Vierten machten sie halt. Da waren die Wohnungen vom Bühl und von Fitzke. Ein Schlüssel klackerte und wurde langsam in einem Schloss umgedreht. Tür auf, Tür zu, fast unhörbar leise.
    Wir guckten beide zur Decke rauf. Von da oben, direkt über uns, kam nichts. »Der Bühl kann es also schon mal nicht sein«, sagte Oskar, was ich ziemlich schwach fand für einen Hochbegabten. Er wusste schließlich, dass der Bühl irgendwo im Indischen Ozean unterwegs war.
    Â»Also ist es Fitzke«, stellte ich fest.
    Â»Ehm … Fitzke ist tot.«
    Â»Ach, und warum –«
    â€“ ist er dann gerade nach Hause gekommen?, hätte ich beinahe gesagt. Was mit Sicherheit die tiefbegabteste Frage des Jahres gewesen wäre. Plötzlich hatte ich ein komisches Doppelgefühl. Die eine Hälfte war Peinlichkeit. Die andere war Angst.
    Â»Oh, Mann!«, flüsterte ich. »Los, zurück ins Wohnzimmer!«
    Wir spurteten los. Am

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