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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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Klamotten in meinen Rucksack steckte.
    Na toll! Ich wusste noch, wie lange das mit der Sonnencreme beim letzten Mal gedauert hatte. Andererseits … Ich guckte an mir runter und versuchte, mir meine Füße ohne Zehen vorzustellen. Wenn sie alle gleichmäßig abfallen würden, ginge es ja noch. Aber wenn einer Zehenritzenkrebs kriegte, ein paar andere nicht und dann wieder einer, gäbe das für immer eine schreckliche Unordnung. Also gut …
    Wir waren gerade fertig mit Einschmieren, als Sven mich antippte und nach vorn zeigte. Woran er ihn erkannt hatte, weiß ich nicht. Vielleicht besaß er so eine Art Radarsinn wie Spiderman, als Ausgleich für seine Gehörlosigkeit. Der Hehler war am Wasser entlangspaziert, bis er bei der freien Nacktkörperkultur angekommen war. Jetzt stapfte er geradeaus den Strand rauf, groß und schlank, in hellem Hemd und khakifarbenen Shorts, mit kurzen dunklen Haaren. Bis auf ein schadenfrohes Grinsen im Gesicht, das garantiert dem eifersüchtigen Justin galt, sah er eigentlich ganz freundlich aus.
    Oskar schoss das erste Bild, KNIPS! Und noch eins, nachdem ich Porsche angeleint und den Rucksack aufgezogen hatte, und noch eins, während wir uns zielstrebig zwischen den herumsitzenden und liegenden Leuten durch, um Sonnenschirme herum und an Windfängen vorbei, Julia und ihren Typen näherten.
    KNIPS! … KNIPS!
    Als wir noch etwa so weit entfernt waren, wie ich ohne Anstrengung einen Stein werfen konnte, blieb Oskar stehen, mitten in diesem nackten Gewühl.
    Â»Was ist?«, sagte ich.
    Â»Hast du was zum Schreiben dabei?«
    Â»Wofür?«
    Â»Ansichtskarten.« Er hob schnell eine Hand. »Scherz!«
    Nach einer Mischung aus Gebärden und Deuten und Zeigen und Fingeralphabet war klar, was er wollte: Sven sollte sich so dicht wie möglich an Julia, Justin und den Hehler heranschleichen, ihre Lippen lesen und alles aufschreiben, was er mitkriegte. Das Dreiergrüppchen begrüßte sich gerade. Julia umarmte den Hehler ziemlich zurückhaltend, aber Justin gefiel das trotzdem nicht, weshalb er selber dem Hehler unauffällig ein bisschen die Hand zu zerquetschen versuchte, als der sie ihm gab.
    Sven lächelte mich begeistert an. Ich lächelte zurück. Man sah immer nur an seiner Gesichtsfarbe oder am Leuchten seiner Augen, ob gerade irgendwas in ihm vorging. Sonst war er fast wie unsichtbar, aber genau diese unsichtbare Art fand ich inzwischen total cool.
    Â»In meinem Rucksack sind Stifte und mein Matheheft«, sagte ich zu Oskar. Ich ging ein Stück in die Knie, damit er besser drankam. »Gib mir mal so lange den Fotoapparat.«
    Ich spürte und hörte die am Dschungelstrand gesammelten Steine klackern, als Oskar darin herumwühlte, aber mehr so nebenher, weil ich auf das Display vom Fotoapparat konzentriert war. Julia verzog verächtlich den Mund, als der Hehler, der sich jetzt ebenfalls auszog, gerade das Hemd über dem Kopf hatte. Justin guckte woandershin, mit voll dem roten Kopf. Das hatte er jetzt davon, dass seine Geldgier größer war als seine Eifersucht. Ich fragte mich, wie Julia sich mit so einem Blödmann einlassen konnte, und dann fiel mir ihr unglückliches Gesicht von vorhin ein. Wahrscheinlich fragte sie sich das längst schon selber. Wahrscheinlich war sie deshalb so traurig.
    Â»Bernstein!«, hörte ich Oskar hinter mir keuchen.
    Das überrumpelte mich völlig. Ich hatte keine Ahnung, was gerade passierte, aber Codewort war Codewort.
    Â»Lassen Sie uns durch!«, brüllte ich sofort los. »Lassen Sie uns bitte durch, ich bin behindert! Ich bin ein behindertes Kind!«
    Von Oskar kam gar nichts. Aber überall blickten nackte Leute auf, manche mit neugierigen, manche mit empörten Gesichtern, als hätte ich mich gerade über Spastis lustig gemacht. Sogar Julia und Justin und der Hehler schauten zu uns rüber, wenn auch Gott sei Dank nur kurz. Ich überlegte, ob ich ein paar Schritte rennen sollte, irgendwo durch, aber ich hatte keine Ahnung, wie man behindert rennt. Mir schoss Blut in den Kopf, so peinlich war das.
    Â»Hast du sie noch alle?«, zischte Oskar hinter mir, als die Nackten sich kopfschüttelnd wieder um ihren eigenen Kram kümmerten.
    Â»Was denn?«, zischte ich zurück. »Du hast doch das Codewort gerufen, nicht ich!«
    Â»Oh, Mann!« Er stapfte um mich herum und hielt mir den hübschen Stein unter die

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