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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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Menschen an den Strand kamen, umso mehr trennten sich die Nackten von den Bekleideten. Wenn eine Möwe von oben draufguckte, sah sie einen schmalen Streifen in hauptsächlich Schweinchenrosa und zu beiden Seiten davon einen jeweils breiteren Streifen ohne Schweinerei in hübsch Bunt.
    Julia kam in Gelb mit Jeans, Justin in Weiß mit Jeans, und Bobo kam überhaupt nicht. Logisch, man geht ja auch nicht mit einer brennenden Fackel in einen Laden voller Feuerwerksartikel, selbst wenn sie schwerhörig ist. Die beiden hatten offenbar denselben Weg genommen wie wir. Oskar bemerkte sie als Erster, nickte nur knapp in ihre Richtung und schaute dann unauffällig in den Himmel, als wollte er überprüfen, ob es da oben zwischen den vielen grauweißen auch ein paar Nacktmöwen gab. Sven streichelte unauffällig den hechelnden Porsche, und ich versuchte unauffällig Julia im Auge zu behalten.
    Ich könnte jetzt noch nicht sagen, warum sie mir plötzlich leidtat, als sie und Justin nur wenige Meter entfernt an uns vorbei durch den Sand stapften. Es war irgendwas an ihrem Gang oder etwas in ihrem Gesicht, oder es war beides zusammen. Mit einer Hand umklammerte sie fest ihre Handtasche. Mir fiel ein, wie sie im Café gesagt hatte, dass sie den Rubin nur Justin zuliebe geklaut hatte. Aber sie hatte es nicht mit einem guten Gefühl getan, das sah man. Sie war ein schwieriges Kind gewesen, und jetzt war sie bestimmt keine einfache Frau, sonst hätte sie ja nicht geklaut. Aber vielleicht war sie kein wirklich schlechter Mensch. Nur ein sehr trauriger.
    Ziemlich genau in der Mitte des Strandabschnitts, am obersten Rand in den Dünen, ließen die beiden sich nieder. Da guckte viel pikendes Gras aus dem Sand, deshalb war die Stelle nicht beliebt und noch einigermaßen frei. Die übrigen Stellen rundum aber leider nicht. Ein bunter Windfang reihte sich an den nächsten, Sonnenschirme spannten sich über den hellen Sand, Erwachsene und Kinder lagen oder saßen herum, gingen zum Wasser, kamen vom Wasser … Sobald Julia und Justin sich ausgezogen und niedergelassen hatten, sah es aus, als wären zwei Schiffchen untergegangen hinter vielen anderen Schiffchen.
    Â»Zu viele Leute«, stellte Oskar fest, nachdem er mehrfach aufs Display vom Fotoapparat geschaut hatte. »Wir müssen näher ran, sonst kriegen wir die ganze Aktion nicht richtig ins Bild.«
    Er hatte Recht damit gehabt, dass in diesem Durcheinander wirklich niemand auf drei Jungen achtete, die ein paar Fotos knipsten.
    Aber sicher war sicher.
    Â»Was machst du denn da?«, stieß er entsetzt aus.
    Â»Na, Tarnung.« T-Shirt und Hose lagen ruck, zuck im Sand. Jetzt schlüpfte ich aus meiner noch fast komplett frischen Unterhose. »Wenn wir näher ranmüssen, fallen wir nackt zwischen lauter nackten Leuten viel weniger auf.«
    Â»Aber –«
    Â»Ist doch schlau, oder nicht?«
    Â»Schon, aber …«
    Â»Schämst du dich?«
    Â»Nein.«
    Es war etwas anderes als Scham. Es war, als hätte man einem Ritter befohlen, er solle ohne Rüstung aufs Schlachtfeld gehen, oder einem Igel, er solle sich sein Stachelkleid ausziehen, bevor er mit dem lustigen Bobo spielte. Aber schlau war es trotzdem.
    Oskar kaute auf seiner Unterlippe herum. Zuletzt holte er zwei Mal tief Luft und zerrte umständlich das T-Shirt über seinen Kopf. »Aber die Mütze bleibt auf«, murmelte er trotzig. »Sonst dreh ich durch!«
    Sven, der längst verstanden hatte, um was es ging, stand schon splitterfasernackt neben mir, mit passend bleicher Haut zu seinem hellen Blond, als Oskar immer noch umständlich an seiner Hose herumzupfte. Dass er die Bommelmütze aufbehalten wollte, war okay. Fast alle Leute hier trugen irgendeine Kopfbedeckung zum Schutz gegen Sonnenstich. Oskar passte mit seiner peruanischen Strickwolle prima ins Bild, auch wenn jemand, der genauer hinguckte, wahrscheinlich überlegte, ob dieser verlegene Bommelmützenjunge mit dem hochroten Kopf im letzten Winterurlaub von seinen Eltern hier vergessen worden war.
    Als er endlich nackt war, guckte ich sicherheitshalber an ihm runter. Womöglich war an ihm irgendwas zu viel oder zu wenig, und dann fielen wir doch auf. War aber nicht. Wenn man die auffällige Armbanduhr mal außer Acht ließ, die er auch nicht ablegte.
    Â»Wir müssen uns noch einreiben«, sagte er unglücklich, als ich gerade Svens und meine

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