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Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Rico, Oskar und der Diebstahlstein

Titel: Rico, Oskar und der Diebstahlstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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zunächst nur einem Schattenriss. Sie stieg aus den Wellen, wie die Venus auf diesem berühmten Gemälde aus dieser todschicken großen Klappmuschel steigt, wo auf der einen Seite schon eine Dienerin mit einem großen Handtuch wartet, was die Venus aber nicht braucht, weil sie von der anderen Seite her von zwei Engeln trocken gepustet wird, die sie zusätzlich auch noch freundlich mit Gänseblümchen bewerfen.
    VENUS
: Die wunderschöne Göttin der Liebe. Sie war noch nicht auf der Welt, da wollte ihr total beknackter Vater alle seine Kinder umbringen. Aber einer von den Söhnen machte ihn mit einer kleinen Sense für Anfänger platt – so eine ohne Stiel. Blut tropfte ins Meer, vermischte sich mit Wellenschaum, und BUMMS!, heraus kam die Venus. Plus die Idee für den elektrischen Föhn.
    Der einzige Unterschied zwischen der gemalten Venus und der im Wasser bestand in der Größe von ihren Brüsten. Die Muscheltante vom Gemälde hatte nette kleine. Die Frau vor uns hatte –
    Â»Mörderisch dicke Hupen!«, flüsterte Oskar.
    War auch kein Wunder. Als die Venus näher kam und uns der Glitzerschein des Wassers nicht mehr so sehr blendete, erkannte ich sie sofort. Mein Herz machte einen Stolpersprung. Erst vor Schreck und dann vor Freude.
    Wenn Maja hier war, war irgendwo in der Nähe auch ihr Willi.

    Sie hatten sich ein lauschiges Plätzchen am oberen Rand des FKK-Geländes gesucht, wo die Dünen sanft zum Strand abfielen. Man konnte dort liegen, aber auch bequem halb aufrecht sitzen, was Berts das Lesen in seinen Lernbüchern erleichterte. Außerdem kriegte er so gleich mit, wenn Maja einen Verkehrsunfall verursachte. Sie zog so viele Männerblicke auf sich, dass ich ständig befürchtete, es könnten zwei Windsurfer zusammenknallen oder ein paar Lenkdrachen abstürzen.
    Berts strahlte, als er uns erkannte, und begann zu winken. Ich hatte ihn noch nie ohne Klamotten gesehen, aber die Dieffe 93 war ja auch kein Nacktstrand für Kulturelle. Er sah voll sportlich aus, genau wie der Bühl, nur ohne Skorpion überm Herzen, aber dafür mit viel mehr Muskeln.
    Â»Fetter Zufall!«, rief er, während wir auf ihn zustapften. »Warum habt ihr vorgestern nicht gesagt, dass ihr auch an die Ostsee fahrt?«
    Â»Da wussten wir es noch nicht«, antwortete Oskar. »Wir sind mit Sven hier. Er ist gehörlos. Das ist Sven. Hallo geht so.«
    Er hob eine flache Hand und bewegte sie oberhalb vom Handgelenk hin und her wie ein Fähnchen. Berts und Maja machten es ihm nach, Sven gebärdete freundlich lächelnd zurück, und schwupps, schon kam keiner mehr auf die Idee, nach Mama, dem Bühl oder Lars zu fragen. Oskar hatte zwar nicht gelogen, sondern nur geschickt formuliert. Aber ich fühlte mich trotzdem nicht wohl. Ich mochte Berts, ich sollte ihn nicht beschummeln. Andererseits würde er mich, wenn ich ihm von Rubinen und Kalbsteinen erzählte, wahrscheinlich persönlich mit der Ducati zur nächsten Klapsmühle fahren.
    Â»Der Kiesling ist auch hier«, sagte ich, mehr aus Verlegenheit. »Ich bin schon Kutsche mit ihm gefahren!«
    Â»So?« Berts sah sich kurz suchend um. »Die Welt ist ein Dorf, was? Ist sonst noch wer hier, den man kennt?«
    Â»Nur der Neue vom Kiesling. Den kennt jeder, aus dem Fernsehen. Deshalb ist er inkognito.« Ich senkte verschwörerisch die Stimme. »Wenn er nicht inkognito wäre, wäre er zum Beispiel Ulf Brauscher. Der Sprecher von der Abendschau. Aber das ist echt nur ein Beispiel.«
    Â»Verstehe«, sagte Berts mit einem breiten Grinsen. »Und ich bin sicher, er weiß deine Diskretion sehr zu schätzen.«
    Â»Das glaube ich auch«, sagte ich zufrieden.
    DISKRETION
: Wenn man etwas so unauffällig wie möglich macht, weil es auffällig für andere total peinlich wäre. Oder wenn man etwas, das einem anvertraut wurde, vertrauensvoll für sich behält. Wenn man es trotzdem weitererzählt, ist man ein verräterisches Schandmaul, auf dessen Ehrenwort man keine fünf Cent geben kann.
    Es war schön, einfach mal locker plaudern zu können. Ich fühlte mich gleich viel sicherer. Mit Berts auf seinem hübschen gestreiften Badetuch war es, als wäre auch ein heimatliches Stückchen von der Dieffe dabei. Ich streckte die Beine aus, drückte mich neben Porsche und Sven in den Sand, und sofort rieselte es mir von hinten

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